Wie funktioniert Factoring?

Vor dem Vertragsabschluss gab es häufig einen Anstieg von Zahlungsausfällen

In Deutschland, aber auch im Rest von Europa, warten Unternehmen immer öfter vergeblich darauf, dass ihre Kunden ausstehende Rechnungen begleichen. Und selbst wenn gezahlt wird, wird die Zeitspanne zwischen Rechnungsstellung und Zahlungseingang immer größer.

Ein Factoring Unternhemen übernimmt die Außenstände des Auftraggebers indem es mit dem Factoring-Kunden einen Factoring-Vertrag abschließt. Darin verpflichtet sich der Factoring-Kunde seine Forderungen an das Factoring-Institut zu verkaufen und ihm zu übertragen. Im Gegenzug verpflichtet sich das Factoring-Institut dem Factoring-Kunden die Forderungen abzukaufen und zu begleichen. Der Vertrag regelt entweder die Übernahme aller Forderungen oder Forderungen an bestimmte Abnehmergruppen. Der Vertrag bezieht sich in der Regel auf Forderungen die nach Vertragsabschluss entstehen es können aber auch bereits bestehende Forderungen mit einbezogen werden.

Ein Factoring-Vertrag ist längerfristig angelegt, die Laufzeit liegt bei mindestens zwei Jahren. In der Praxis sind sogar Vertragslaufzeiten von vier bis fünf Jahren die Regel.

Bonitätsprüfung und Limitvergabe

Vor Abschluss des Factoring-Vertrages und während der gesamten Vertragslaufzeit prüft das Factoring-Institut in zeitlichen Abständen die Bonität der Debitoren. Dabei vergibt das Factoring-Institut anhand des Ergebnisses der Prüfung sog. Ankaufs- oder Abnehmerlimite, bis zu deren Höhe es das Ausfallrisiko eines Debitors trägt. Für Forderungen, die über die Höhe des vergebenen Limits hinausgehen, trägt der Factoring-Kunde das Risiko selbst.

Ankauf der Forderungen

Die Basis für den Ankauf der Forderungen seitens des Forderungs-Institutes ist die Rechnung des Kunden an den Debitor. Es prüft zunächst die Rechnungsdaten und die Rechnungshöhe. Die Abwicklung erfolgt in den meisten Fällen auf dem elektronischen Weg. Die benötigten Rechnungsdaten werden elektronisch an das Factoring-Institut übermittelt. Dies spart neben Kosten auch Zeit.

Wenn die Rechnungsbeträge im Rahmen der eingeräumten Limite des jeweiligen Debitors liegen, kauft das Factoring-Institut die Forderungen an. Wenn nicht, werden die Forderungen solange in eine Warteposition versetzt, bis ein Ankauf aufgrund eingegangener Zahlungen der jeweiligen Debitoren wieder möglich ist.

Auszahlung des Kaufpreises

Der Zeitpunkt der Auszahlung des Preises der angekauften Forderungen ist abhängig von den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Factoring-Institut und Factoring-Kunde. Meist wird eine sofortige Zahlung vereinbart. Das Factoring-Institut zahlt also, sobald die Rechnung eingegangen und geprüft ist. Lediglich bei Rechnungen für Debitoren, die noch keiner Bonitätsprüfung unterzogen wurden, dauert es länger, da erst eine Prüfung durchgeführt und ein Limit festgesetzt werden muss.

Der Kaufpreis wird entweder durch Gutschrift auf das Abrechnungskonto des Kunden oder durch Überweisung auf das Konto des Kunden bei dessen Hausbank ausbezahlt. Das Factoring-Institut behält bei der Auszahlung des Forderungspreises 10 bis 20 Prozent des Betrages ein, um damit evtl. Preisnachlässe aufgrund von Mängeln, Reklamationen, Skonti, Rückgaben etc. auszugleichen. Diesen Betrag nennt man Sicherheitseinbehalt.

Bei Begleichung der Forderung seitens des Debitors bzw. bei Fälligkeit der Forderung, wird der Sicherheitseinbehalt entweder verrechnet oder an den Factoring-Kunden ausbezahlt.


Für den Mittelstand sind Forderungsausfälle nur schwer zu verkraften und greifen die Substanz des Unternehmens an. Nicht selten geraten die Unternehmen durch die Zahlungsausfälle selbst in eine finanzielle Schieflage, denn ihnen fehlen oftmals die finanziellen Rücklagen, um den Ausfall von Forderungen einerseits kompensieren und andererseits den laufenden Betrieb finanzieren zu können. Am Ende droht ihnen dann unter Umständen sogar die Zahlungsunfähigkeit. Hinzu kommt der zunehmende organisatorische Aufwand, den das Eintreiben offener Rechnungen für ein Unternehmen mit sich bringt.

Eine weitere Folge der sinkenden Zahlungsmoral ist der zunehmende organisatorische und finanzielle Aufwand, den das Eintreiben offener Rechnungen für ein Unternehmen mit sich bringt.

Eine alternative Finanzierungsform, die Unternehmen hilft, sich gegen solche Ausfälle abzusichern, ist das so genannte Factoring. Es stammt ursprünglich aus den USA und kommt seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland zum Einsatz. Eine passende deutsche Übersetzung für den Begriff Factoring wurde bislang noch nicht gefunden.

Was ist Factoring? - Definition

Unter Factoring versteht man den fortlaufenden Ankauf von kurzfristigen Geldforderungen aus Waren- und Dienstleistungen. Dabei tritt ein Unternehmen (auch: Factoringkunde, Zedent, Anschlusskunde, Anschlussfirma) seine kurzfristigen Forderungen gegenüber seinen Abnehmern (auch: Schuldner, Kunde, Drittschuldner, Debitor) an ein anderes Unternehmen (auch: Factoring-Institut, Factor, Zessionar, Factoring-Gesellschaft oder Factoring-Unternehmen) ab, das dann wiederum die Forderungen beim Schuldner eintreibt. Beim Factoring handelt es sich  daher um ein Kaufgeschäft und nicht, wie oftmals angenommen, um ein Kreditgeschäft.

Factoring: Leistungen

Die Finanzierungsfunktion des Factorings steht bei den meisten Factoring-Kunden im Mittelpunkt des Interesses

Die Finanzierungsfunktion des Factorings besteht darin, dass dem Factoring-Kunden der Gegenwert der Forderung (abzüglich des Sicherheitsbehaltes) direkt nach Abtretung von Seiten des Factoring-Institutes zur Verfügung gestellt wird. Der Factoring-Kunde kann dann sofort über diese Mittel frei verfügen.

Die Finanzierungsfunktion bewirkt für den Factoring-Kunden einen sofortigen Liquiditätszufluss beim Verkauf der Forderungen. Der Factoring-Kunde muss somit nicht abwarten, bis der Debitor die ausstehenden Forderungen begleicht.
Die Liquidität des Unternehmens ist somit gesichert.
Die Finanzierungsfunktion des Factorings bringt für den Factoring-Kunden mehrere Vorteile mit sich: Zunächst bewirkt die Nutzung der Finanzierungsfunktion auf Seiten des Factoring-Kunden eine Verbesserung der Liquidität. Der Factoring-Kunde ist dadurch in der Lage, bei den eigenen Lieferanten Einkauf durch Skontierung Mittel einsparen zu können.

Wenn der Factoring-Kunde die Mittel zur Tilgung bestehender Schulden einsetzt, führt das außerdem zu einer Verbesserung der Eigenkapitalquote und daraus folgend zu einer verbesserten Bonität des Unternehmens. Dies wirkt sich wiederum positiv auf das Ergebnis eines Ratings aus. Außerdem kann er auch Zinszahlungen einsparen, falls das Unternehmen die Mittel zur Rückführung von Bankverbindlichkeiten verwendet.

Leistungsumfang bzw. mögliche Funktionen

Es existiert nicht nur eine Form des Factorings. Vielmehr umfasst Factoring drei Funktionen, die wiederum nicht alle zum Einsatz kommen müssen, sondern je nach Bedarf des Factoring-Kunden kombiniert werden können.

Factoring beinhaltet folgende drei Funktionen:

  • Finanzierungsfunktion
  • Delkrederefunktion
  • Dienstleistungsfunktion

Delkrederefunktion/ Versicherungsfunktion

Als Delkredere wird die Haftung des Factoring-Institutes für den teilweisen oder vollständigen Ausfall einer Forderung aufgrund der Zahlungsunfähigkeit eines Debitors bezeichnet.

Die Delkrederefunktion (auch Versicherungsfunktion) des Factorings bietet also dem Factoring-Kunden die Möglichkeit, das Risiko des Forderungsausfalls (aufgrund der Zahlungsunfähigkeit bzw. Insolvenz des Debitors) an das Factoring-Institut abzutreten. Ist der Debitor zahlungsunfähig, hat das Factoring-Institut keine Möglichkeit auf den Factoring-Kunden zurückzugreifen, um den Verlust auszugleichen. Der Factoring-Kunde ist somit gegen Zahlungsausfälle seitens seiner Debitoren abgesichert. Das politische Risiko sowie das Wechselkursrisiko können im Allgemeinen aber nicht vom Factoring-Institut übernommen werden.

Allerdings gilt es bei der Delkrederefunktion des Factorings mehrere Aspekte zu berücksichtigen. Das Factoring-Institut vergibt für jeden Debitor ein sog. Ankaufs- oder Abnehmerlimit, bis zu dessen Höhe es das Ausfallrisiko übernommen wird, Übersteigen die Forderungen gegenüber einem Debitor dieses Limit, trägt der Factoring-Kunde das Risiko selbst. Bei ungenügender Bonität eines Debitors kann das Factoring-Institut zudem den Ankauf der Forderungen ablehnen, dann liegt das Risiko für Forderungen aus Lieferungen an diesen Debitor weiterhin beim Factoring-Kunden selbst.

Dienstleistungsfunktion

Das Factoring kann auch eine Dienstleistungsfunktion, die aus mehreren Komponenten bestehen kann, umfassen.

Dies bedeutet zum einen, dass das Factoring-Institut bei Bedarf auch das Debitorenmanagement, das Mahnwesen oder das Inkasso für den Factoring-Kunden übernehmen kann. Dadurch kann das Unternehmen Kosten sparen bzw. frei gewordene Ressourcen können vom Factoring-Kunden anderweitig eingesetzt werden.

Zum anderen umfasst die Dienstleistungsfunktion auch die Überprüfung der Bonität des Debitors, die bei der Zusammenarbeit mit einem Factoring-Institut immer von diesem übernommen wird. Dieser Punkt stellt wohl die wichtigste Komponente der Funktion dar.

Art der Forderungsabtretung

Stilles Factoring/ Offenes Factoring
Beim stillen Factoring wird der Schuldner/ Debitor nicht über den Verkauf der Forderungen informiert. Beim offenen Factoring wird der Schuldner dagegen über das Einschalten eines Factoring-Institutes in Kenntnis gesetzt. Er hat dann die Möglichkeit die offenen Forderungen direkt an das Factoring-Institut zu zahlen. In Deutschland ist stilles Factoring nicht üblich.

Mögliche Formen des Factorings

Bei der Ausgestaltung des Factorings sind den Vertragsparteien kaum Grenzen gesetzt. Die Verträge zwischen Factoring-Kunden und Factoring-Institut können unterschiedlich ausgestaltet und an die Bedürfnisse des Factoring-Kunden angepasst werden. Beim Factoring müssen also nicht alle der drei möglichen Factoring-Funktionen enthalten sein, sondern diese können vielmehr verschieden kombiniert werden.

Die verschiedenen Ausgestaltungsmöglichkeiten des Factorings lassen sich nach der Art der Forderungsabtretung oder nach dem Leistungsumfang des Factorings unterscheiden.

Leistungsumfang des Factorings:

  • Echtes Factoring/ Unechtes Factoring: Übernimmt das Factoring-Institut das Ausfallrisiko (Delkredererisiko) so spricht man von echtem Factoring. Hier ist es dem Factoring-Institut nicht möglich auf den Factoring-Kunden zurückzugreifen, wenn der Debitor zahlungsunfähig ist. Bleibt dagegen das Ausfallrisiko beim Factoring-Kunden, so spricht man von unechtem Factoring. Hier hat das Factoring-Institut auch die Möglichkeit auf den Factoring-Kunden zurückzugreifen, falls der Debitor zahlungsunfähig ist. In Deutschland kommt fast ausschließlich echtes Factoring zum Einsatz.
  • Fälligkeits-Factoring: Bei dieser Form des Factorings nimmt der Factoringkunde die Risikoabsicherung sowie das Dienstleistungsangebot des Factoring-Institutes in Anspruch. Er verzichtet aber auf die Finanzierungsfunktion des Factorings.
  • Standard-Factoring - Full-Service-Factoring: Wenn alle drei möglichen Factoring-Funktionen (Finanzierungs-, Delkredere- und Dienstleistungsfunktion) im Angebot des Factoring-Institutes enthalten sind, spricht man von Standard-Factoring oder oftmals auch vom Full-Service-Factoring.
  • Bulk-Factoring - Inhouse-Factoring - Eigenservice-Factoring: Der Factoringkunde nutzt bei dieser Factoring-Form, die unter allen drei Bezeichnungen zu finden ist, den Delkredereschutz und das Finanzierungselement des Factorings, greift aber nicht auf weitere Dienstleistungen des Factoring-Institutes zurück. Das Debitorenmanagement ist weiterhin beim Factoring-Kunden angesiedelt. Diese Form des Factorings setzt ein hohes Maß an Vertrauen seitens des Factoring-Institutes in den Factoring-Kunden voraus.
  • Auswahl-Factoring: Bei dieser Factoring-Form, werden nur einzelne, ausgewählte Forderungen an ein Factoring-Institut abgetreten.
  • Import-/ Export-Factoring: Factoring kann sowohl für inländische Forderungen als auch für Forderungen gegenüber Schuldnern im Ausland eingesetzt werden. Wenn inländische Exporteure die Leistungen eines Factoring-Institutes für ihre grenzüberschreitenden Geschäfte beanspruchen, spricht man von Export-Factoring. Wenn ausländische Unternehmen nach Deutschland importieren und ein deutsches Factoring-Institut in Anspruch nehmen, spricht man von Import-Factoring

Ihre TOP 17 Fragen und Antworten zum Factoring

  • Für welche Branchen eignet sich Factoring?

    Factoring eignet sich grundsätzlich für Produktionsunternehmen, Großhändler sowie Dienstleister aus vielen Branchen, jedoch nicht für die Bereiche Bau und Spezialmaschinenbau.

    Jedoch gibt es auch bei den produzierenden Unternehmen eine Einschränkung: Factoring eignet sich vor allem für diejenigen Unternehmen, die fungible Verbrauchsgüter, in der Regel aus Serien- und Massenproduktionen, herstellen und vertreiben. Waren, bei denen auf individuelle Kundenwünsche eingegangen wird, eignen sich für das Factoring weniger.

    Factoring kann sowohl beim inländischen Geschäftsverkehr als auch bei Import-/ Export-Geschäften zum Einsatz kommen. Natürlich arbeiten Factoring-Institute besonders gern mit Unternehmen aus Branchen mit hoher Bonität zusammen.

  • Kann das Factoring-Institut bestimmte Forderungen auch zurückweisen?

    Eigentlich steht der Anbietungspflicht des Factoring-Kunden eine Ankaufspflicht des Factoring-Instituts gegenüber. Jedoch sind dabei solche Forderungen ausgeschlossen, bei denen die Bonität des Debitors nach banküblichen Prüfungskriterien als unseriös beurteilt wird.

    Je nach Art des Vertrages gibt es grundsätzlich zwei Varianten: In einem globalen Kaufvertrag mit Globalzession bedingt sich das Factoring-Institut ein Rückverkaufsrecht heraus. Bei Andienungs- bzw. Anbietungsverträgen lehnt das Factoring-Institut bereits den auf die unseriöse Forderung bezogenen Kaufvertrag ab. Ohne Forderungskaufvertrag kommt dann auch kein endgültiger Forderungsübergang zustande.

  • Können Firmenneugründungen Factoring in Anspruch nehmen?

    Um sich ein Bild über das subjektive Risiko machen zu können, warten die meisten Gesellschaften erst ein bis zwei Jahre, um beurteilen zu können, ob die Geschäftsjahre nach der Neugründung erfolgreich abgelaufen sind. Kann das Unternehmen aber einen qualifizierten Business-Plan vorlegen, und ist die Eigenkapitalquote deutlich erhöht, werden auch nach der Neugründung gerne Ausnahmen gemacht.

  • Wann wird der Preis der angekauften Forderungen ausgezahlt?

    Wann der Preis der angekauften Forderungen ausgezahlt wird, hängt von den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Factoring-Institut und Factoring-Kunde ab. In der Regel ist eine sofortige Zahlung festgelegt. Das heißt, das Factoring-Institut zahlt, sobald die Rechnung eingegangen und geprüft ist.

    Länger dauern kann es bei Rechnungen für Debitoren, die noch keiner Bonitätsprüfung unterzogen wurden. In diesem Fall muss erst eine Prüfung durchgeführt und ein Limit festgesetzt werden.

  • Was ist Factoring?

    Beim Factoring sind Unternehmer immer flüssig, weil sie ihre ausstehenden Gelder schnell und auf einen Schlag bekommen. Das Factoring bietet große Sicherheit vor Forderungsverlusten und bedeutet für die Unternehmen planbare Liquidität. Somit ist es ein wesentlicher Indikator für das Wachstum im Unternehmen. Beim Factoring verkauft eine Händler- bzw. Herstellerfirma die Forderungen aus Warenlieferungen an ein Finanzierungsinstitut (Factor) gegen Vergütung. Das Finanzierungsinstitut übernimmt das Mahnwesen und das Kreditrisiko. Für die Übernahme des Debitorenmanagements und des Kreditrisikos berechnen die Factoringgesellschaften ein Entgelt.

     

  • Was kostet Factoring?

    Der Arbeitsaufwand und das geschätzte Risiko für die Factoringinstitute sind ausschlaggebend für den Obolus, den das Factor seinen Kunden in Rechnung stellt. Zwischen 0,8 Prozent und 2,5 Prozent der Rechnungsbeträge können hier fällig werden. Dazu fallen für die Finanzierung der Außenstände noch die banküblichen Kontokorrentzinsen an. Das Factoringentgelt ist der Preis für die Kreditprüfung, das Debitorenmanagement und für die Übernahme des Ausfallrisikos. Als Gegenleistung gewinnt der Unternehmer finanziellen und zeitlichen Handlungsspielraum und stärkt seine Position gegenüber seiner Hausbank und seinen Lieferanten.

  • Was passiert, wenn die Rechnungsbeiträge den Rahmen der eingeräumten Limite des jeweiligen Debitors übersteigen?

    Im Falle von Forderungen, die das festgesetzte Limit des Debitors übersteigen, liegt das Risiko beim Factoring-Kunden selbst.

    Solche Forderungen werden nun solange in eine Warteposition verschoben bis die jeweiligen Debitoren Zahlungen getätigt haben, so dass ein Forderungsankauf von Seiten des Factoring-Instituts wieder möglich ist.

  • Welche Anforderungen muss ein Unternehmen erfüllen, damit es Factoring in Anspruch nehmen kann?

    Der Jahresumsatz des Unternehmens sollte in der Regel mindestens zwischen 1 und 1,5 Millionen Euro betragen. Allerdings gibt es auch Factoring-Anbieter für Unternehmen mit geringeren Jahresumsätzen.

    Außerdem sollten die Abnehmer des Unternehmens nur in Ausnahmefällen nicht gewerblich sein und es sollte sich überwiegend um einen gleich bleibenden Abnehmerstamm handeln. Als Zahlungsziel gilt für inländische Abnehmer eine Frist von maximal 90 Tagen, für ausländische Abnehmer von maximal 120 Tagen.

    Was die Rechnungsgröße betrifft, stellt der Betrag von 250 Euro etwa die Mindesthöhe dar. Entscheidend ist dabei, dass den Forderungen voll erbrachte Leistungen zugrunde liegen und keine Gegenleistungen bestehen.

  • Welche Formen von Factoring gibt es?

    Beim echten Factoring übernimmt das Factor voll das Delkredererisiko. Ohne dessen Übernahme durch das Factor wird es als unechtes Factoring bezeichnet. Unechtes Factoring kann man mit einer Art Darlehen vergleichen, bei dem die Forderungen zur Sicherung des Kredits abgetreten werden. In Deutschland wird überwiegend echtes Factoring in der Praxis durchgeführt.
    Bei der Variante des Fälligkeits-Factoring verzichtet der Kunde auf die Vorteile der totalen Risikoabsicherung, reguliert aber dafür den Verkaufspreis nicht sofort.

    Factoring im Eigenservice schränkt die Dienstleistungen der Institute stark ein. Das Mahnwesen und die Debitorenbuchhaltung verbleiben beim Kunden.
    Offenes Factoring informiert den Schuldner über die Abtretung der Forderungen im Gegensatz zum stillen Factoring, das den Debitor nicht über die Abtretung informiert.

    Beim Einzelfactoring bieten Finanzdienstleister dem Unternehmer die Möglichkeit, mit dem Verkauf von einzelnen Forderungen kurzfristig dessen Kapitalbedarf zu decken. Die Grundlage ist ein kostenfreier und unverbindlicher Kooperationsvertrag. Dabei fallen keine Fixkosten an, weil das Unternehmen selber entscheidet, welche Forderungen es verkaufen will. Die Liquidität des Unternehmens wird umgehend verbessert, weil der fällige Betrag sofort im Konto verbucht wird.

    Ein umgekehrtes Factoring ist das Reverse-Factoring. Hier kauft das Factor von seinen Kunden Forderungen und finanziert sie vor.
    Damit die Zahlungen direkt den Forderungsinhaber erreichen, informiert man beim halboffenen Factoring den Debitor nicht über die Forderungsabtretungen, sondern nennt ihm ein Konto, das dem Factor gehört.
    Bei Ausfällen von Mieten ist Mietfactoring eine spezielle Form des Factorings. Unter definierten Bedingungen kann der Vermieter ausbleibende oder rückständige Forderungen an die Factoringgesellschaften abtreten und erhält dafür den Kaufpreis der Forderungen.

  • Welche Funktionen kann Factoring übernehmen?

    Generell kann Factoring in seiner Grundform als echtes Factoring drei verschiedene Funktionen übernehmen. Der Factoring-Kunde muss jedoch nicht alle drei in Anspruch nehmen, sondern kann sie individuell nach seinen Bedürfnissen kombinieren.

    Für die meisten Unternehmen ist vor allem die Finanzierungs- oder Liquiditätsfunktion wichtig.

    Im Kern geht es darum, dass der Factoring-Kunde unmittelbar nach Abtretung seitens des Factoring-Instituts über den Gegenwert der Forderung (abzüglich des Sicherheitseinbehaltes) frei verfügen kann.

    Somit veranlasst die Finanzierungsfunktion für den Factoring-Kunden einen sofortigen Liquiditätszufluss beim Verkauf der Forderungen. Die Liquidität des Unternehmens ist insofern gewährleistet, als es nicht abwarten muss bis der Debitor die ausstehenden Forderungen begleicht.

    Für den Factoring-Kunden ist die Finanzierungsfunktion des Factorings in verschiedener Weise vorteilhaft:

    Indem der Factoring-Kunde die Finanzierungsfunktion in Anspruch nimmt, verbessert sich seine Liquidität. Dadurch kann er bei den eigenen Lieferanten beim Einkauf durch Skontierung Mittel einsparen.

    Setzt der Factoring-Kunde die Mittel zur Tilgung bestehender Schulden ein, verbessert sich seine Eigenkapitalquote und damit auch die Bonität des Unternehmens. Dadurch wird wiederum das Rating des Unternehmens positiv beeinflusst. Darüber hinaus hat das Unternehmen die Möglichkeit, Zinsen einzusparen, falls es die Mittel zur Rückführung von Bankverbindlichkeiten einsetzt.

    Eine weitere Funktion des Factorings stellt die Delkredere- bzw. Kreditversicherungsfunktion dar. Das bedeutet, dass das Factoring-Institut das Risiko der Bonität der übertragenen Forderungen übernimmt, nachdem es  die Kreditwürdigkeit der Schuldner überprüft hat. Somit ist der Factoring-Kunde gegen einen Forderungsausfall bei seinen Kauf-, Werk- oder Dienstverträgen durch das Factoring-Institut versichert.

    Jedoch muss der Factoring-Kunde hier einige Punkte beachten. Das Factoring-Institut setzt für jeden Debitor ein Ankaufs- oder Abnehmerlimit fest. Nur bis zu diesem Betrag übernimmt es dann das Ausfallrisiko. Liegen die Forderungen gegenüber einem Debitor über diesem Limit, trägt der Factoring-Kunde das Risiko selbst. Ist die Bonität eines Debitors nicht ausreichend, hat das Factoring-Institut die Möglichkeit, den Ankauf der Forderungen abzulehnen. In diesem Fall liegt das Risiko für Forderungen aus Lieferungen an diesen Debitor weiterhin beim Factoring-Kunden selbst.

    Darüber hinaus kann das Factoring-Institut eine Dienstleistungsfunktion übernehmen. Oft werden dafür auch die Bezeichnungen Service- oder Verwaltungsfunktion verwendet. Dabei übernimmt das Factoring-Institut für das Kundenunternehmen die Debitorenbuchhaltung von der Rechnungserstellung über das Mahnwesen bis hin zur Forderungsbetreibung. Durch die Auslagerung der vom Factoring-Institut übernommenen Aufgaben wird der Kunde entlastet und spart Personal- und Sachkosten ein.

    Außerdem ist in der Dienstleistungsfunktion die Überprüfung der Bonität des Debitors enthalten, was zugleich der wichtigste Aspekt dieser Funktion ist.

  • Welche Punkte werden in einem Factoring-Vertrag festgehalten?

    Die Verträge zwischen den beiden Parteien können ganz unterschiedlich ausgestaltet und dabei individuell an die Bedürfnisse des Factoring-Kunden angepasst werden. Der Vertrag muss keinesfalls sämtliche Factoring-Funktionen umfassen. Stattdessen können diese je nach Bedarf kombiniert werden.

    Grundsätzlich werden im Factoring-Vertrag zwei ganz wesentliche Aspekte festgehalten: Zum einen die Art der Forderungsabtretung und zum anderen der Leistungsumfang des Factorings.

    Bei der Forderungsabtretung besteht zwar generell die Wahl zwischen Stillen und Offenem Factoring, wobei in Deutschland nur die Variante des Offenen Factorings üblich ist.

    Bei der Ausgestaltung des Vertrages in Bezug auf den Leistungsumfang des Factorings sind nahezu keine Grenzen gesetzt.

    Mit dem Abschluss eines Factoring-Vertrages übernimmt das Factoring-Institut die Außenstände des Auftraggebers. Der Factoring-Kunde verpflichtet sich darin, seine Forderungen an das Factoring-Institut zu verkaufen und ihm zu übertragen. Im Gegenzug dafür verpflichtet sich das Factoring-Institut dazu, seinem Factoring-Kunden die Forderungen abzukaufen und zu begleichen. Dabei gibt es zwei Varianten: Entweder übernimmt das Factoring-Institut alle Forderungen oder nur die Forderungen an bestimmte Abnehmergruppen.

    Bei einem sogenannten Andienungs- oder Anbietungsvertrag geht es nur um solche Forderungen, die erst nach Vertragsabschluss entstehen. Bei einem sogenannten globalen Kaufvertrag mit Globalzession verpflichtet sich das Factoring-Institut alle gegenwärtigen und alle zukünftigen  Forderungen anzunehmen.

    Factoring-Verträge sind stets längerfristige Vereinbarungen, die Mindestlaufzeit beträgt in der Regel zwei Jahre. Tatsächlich sind sogar Vertragslaufzeiten von vier bis fünf Jahren durchaus üblich.

  • Welche Vorteile bietet das Factoring speziell in jungen Unternehmen und gibt es auch Nachteile?

    Unternehmen wollen nach ihrer Neugründung natürlich einen großen Kundenkreis für ihre Produkte gewinnen. Durch diese Aktivitäten steigt die Wahrscheinlichkeit, an ein Schwarzes Schaf in der Branche zu geraten. Factoring ist eine Art Versicherung, bei der die Unternehmer nicht grundsätzlich auf die Zahlungsfähigkeit ihrer Endkunden angewiesen sind. Um sein Veritätsrisiko bis zur Zahlung durch den Debitor abzusichern, behält das Factor aber einen Teil des Kaufpreises auf einem Sperrkonto ein. Das Factor zahlt dafür als Gegenleistung sofort den Forderungskaufpreis an den Factoring-Kunden. Die Factoringinstitute prüfen auch die Bonität ihrer Abnehmer.

  • Welche Vorteile bringt Factoring für die Unternehmen?

    Factoring bietet sich an, wenn die Banken nicht zur Zufriedenheit des Unternehmers handeln. Sie drohen mit Kreditkürzungen und verweigern die gewünschte Ausweitung. Factoring bietet hier ein weiteres Standbein mit einer zusätzlichen Liquidität. Wer Factoring nutzt,vergrößert seinen Finanzierungshorizont durch höhere Umsätze. Die Gewerbesteuern sinken und der Unternehmer spart sich die Kreditversicherung. Somit werden Skontovorteile genutzt und es wird mehr Spielraum für Wachstum geschaffen. Die Marktkenntnisse und das Spezialwissen vom Factor werden genutzt. Nach dem Ausfüllen des Analysebogens können die Möglichkeiten des Unternehmens professionell eingeschätzt werden. Die Factoring- Institute arbeiten für die Unternehmen sogar komplette Programme aus, um ihren Kunden die besten Voraussetzungen zum Factoring zu geben.

  • Wie sieht die Zukunft des Factoring aus?

    Weil die Bonität der Abnehmer auf dem Markt für die Unternehmer immer weniger überschaubar wird, werden viele Fabrikanten die sichere Seite wählen und ihre Produkte oder Dienstleistungen an Institute verkaufen, die ein großes Spezialwissen in der Branche vorweisen können. So sind sie sicher, dass ihre Forderungen umgehend beglichen werden. Zusätzlich können sie auch noch eine große Ersparnis im administrativen Bereich einfahren und durch diese zusätzliche Zahlungsfähigkeit immer weiter wachsen.

  • Wie wirkt sich Factoring auf das Rating eines Unternehmens aus?

    Factoring verbessert sowohl die Liquiditäts- als auch Rentabilitätslage des Unternehmens, das Factoring beansprucht, nachhaltig. Der Einsatz von Factoring zieht eine Bilanzverkürzung nach sich. Die Eigenkapitalquote verbessert sich durch den Abbau von Lieferantenverbindlichkeiten.
    Indem das Factoring-Institut das Ausfallrisiko übernimmt, verbessert sich die Bonität des Unternehmens insgesamt, so dass im Rating eine bessere Beurteilung erreicht wird.

  • Wie wirkt sich Factoring auf die Bilanz aus?

    Factoring verkürzt die Bilanz und erhöht die Quote des Eigenkapitals, weil zwischen 80 Prozent und 90 Prozent der Forderungen sofort auf das Konto des Unternehmers gut geschrieben werden. Begleicht der Kunde seine Rechnung, folgt der Restbetrag. Deshalb werden die Unternehmer, die mit Factoring agieren unabhängiger von den Banken, sparen sich die Kreditversicherung, nutzen ihre Skontovorteile und schaffen sich viel Spielraum für ihr Wachstum.

  • Woher kommt Factoring?

    Schon im alten Babylonien gab es die Vorläufer dieses Systems und eine Art von Factoring praktizierten auch schon die Fugger. Die moderne Form dieser Unternehmensfinanzierung hat aber ihren Ursprung in den Vereinigten Staaten.

  • Worum handelt es sich beim sogenannten Sicherheitseinbehalt?

    Der Preis der angekauften Forderungen wird entweder durch Gutschrift auf das Abrechnungskonto des Kunden oder durch Überweisung auf das Konto des Kunden bei dessen Hausbank ausbezahlt. Jedoch behält das Factoring-Institut bei der Auszahlung des Forderungspreises 10 bis 20 Prozent des Betrages ein. Somit kann es etwaige Preisnachlässe aufgrund von Mängeln, Reklamationen, Skonti, Rückgaben u. ä. kompensieren. Dieser Betrag ist dann der sogenannte Sicherheitseinbehalt.

    Begleicht der Debitor die Forderung bzw. ist die Forderung fällig, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder wird der Sicherheitseinbehalt verrechnet oder an den Factoring-Kunden ausbezahlt.

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