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Interim Management - Teil 3

Wie funktioniert Interim Management?

Auswahl eines Interim Managers - Ablauf des Einsatzes - Bedarfserkennung und Aufgabendefinition - Klar definierte Aufgabenstellung - Sicherstellung einer nachhaltigen Veränderung - Kommunikation und Transparenz - Haftungsfragen

Auswahl eines Interim Managers

Im Idealfall erkennt das Unternehmen selbst den Bedarf für Interim Management und kann die Aufgabenstellung ausreichend genau spezifizieren. In diesem Fall sucht das Unternehmen entweder selbst am Markt einen geeigneten Interim Manager und schließt mit ihm einen entsprechenden Dienstvertrag oder es wendet sich mit seinem Bedarf an eine Interim Management Gesellschaft.

Letztere verfügt über einen umfangreichen Pool von Interim Managern, die entsprechend den Anforderungen kurzfristig selektiert werden. Die führenden Unternehmen werben mit Pools von 1000 und mehr Kandidaten. Der eigentliche Kern von Interim Managern, der vorzugsweise zum Einsatz kommt, umfasst auch hier jedoch nur wenige zig Kandidaten.

Üblicherweise werden dem Unternehmen (Klienten) drei oder vier grundsätzlich geeignete Kandidaten („Shortlist“) präsentiert, aus denen dann – ähnlich wie beim Recruiting – der aus Sicht des Unternehmens am besten geeignete ausgewählt wird. Das Unternehmen schließt einen Vertrag mit der Interim Management Gesellschaft, die wiederum einen Vertrag mit dem ausgewählten Interim Manager abschließt. (Zwischen Interim Manager und Unternehmen besteht in diesem Fall keine vertragliche Beziehung.)

Wichtige Vertragsbestandteile sind jeweils: Aufgabenstellung des Interim Einsatzes, Dauer, Kompetenzen, Verantwortung und Status, Honorar, Tätigkeitskontrolle, Kündigung, Haftung, Wettbewerbsklausel, etc.

Manchmal kommt es vor, dass das Unternehmen dem Interim Manager  einen normalen Arbeitsvertrag anbietet. Nimmt dieser das Angebot an und arbeitet er für eine Interim Management Gesellschaft, so muss das Unternehmen (Klient) – ähnlich wie bei Personalberatungen – in der Regel ein Vermittlungshonorar bezahlen.

Ablauf des Einsatzes

Bei ungeplanten bzw. kurzfristig geplanten Einsätzen beginnt der Interim Manager nur wenige Tage oder höchstens einige Wochen, nachdem der Bedarf erkennbar wurde. Üblicherweise steht eine umfassende zügige Analyse der Aufgabenstellung am Anfang. Innerhalb kürzester Zeit muss der Interim Manager sich in seine Aufgaben einarbeiten. Er muss das Unternehmen, seine Kultur und Geschichte begreifen. Er muss seine Mitarbeiter und Kollegen und alle relevanten Sachverhalte kennen lernen. Von besonderer Wichtigkeit für den Erfolg seiner Arbeit sind die Aspekte und Entwicklungen, die für das Entstehen der augenblicklichen Situation ausschlaggebend waren, sowie die Beachtung der politischen "Tretminen": bestehende Seilschaften, "graue Eminenzen", bereits versuchte aber ergebnislos verlaufene Maßnahmen, bestehende Fronten, und so weiter.

Wie viel Zeit und Aufwand der Interim Manager in die Analyse zu stecken hat, hängt von der Aufgabenstellung und von der Vorarbeit des Unternehmens ab. Hat beispielsweise eine Unternehmensberatung bereits ein vollständiges Konzept erarbeitet, konzentriert sich die Analyse auf eine zügige Abprüfung der Umsetzbarkeit dieses Konzepts und dem Erfassen des Unternehmensumfelds.

Die Analyse muss zielorientierte Handlungsfähigkeit ermöglichen. Mit ihr müssen umsetzbare Maßnahmen für eine zügige Zielerreichung entwickelt werden können. Ist sie zu detailliert oder komplex kann dies kontraproduktiv sein, wie in der nebenstehenden Grafik dargestellt ist.

In jedem Fall darf der Interim Manager für die Analyse nicht zu viel Zeit verwenden (höchstens ein Viertel bis ein Drittel der geplanten gesamten Einsatzzeit), da der Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf der Umsetzung liegt.

In dieser kurzen Analyse- und Einarbeitungszeit entsteht ein Maßnahmenplan, um das vorgegebene Ziel in der festgesetzten Zeit zu erreichen. Auf der Umsetzung dieses Plans liegt der Schwerpunkt eines Interim Management Einsatzes. So unterschiedlich wie die Aufgabenstellungen sind natürlich auch die Umsetzungspläne. Sowohl im Internet als auch in der Literatur werden zahlreiche Fallbeispiele beschrieben. Ein besonders ausführliches findet sich bei Dahlems [1].

Bedarfserkennung und Aufgabendefinition

Oben wurde gesagt, dass das Unternehmen im Idealfall selbst den Bedarf für Interim Management erkennt und spezifiziert. In der Praxis sieht das natürlich häufig anders aus.

Häufig unterstützen die Interim Management Gesellschaft, oder auch der ausgewählte Interim Manager selbst, das Unternehmen beim Formulieren der Aufgaben.

Manchmal wird der Bedarf für ein Interim Management erst im Rahmen einer Beratung mit anders gelagertem Hintergrund erkennbar. Z. B. identifiziert eine Unternehmensberatung eine wichtige Schwachstelle um Unternehmen, die sofortiges kompetentes Handeln erfordert, was das Unternehmen mit eigenen Ressourcen aber nicht leisten kann. Oder ein Personalberater erkennt im Rahmen eines Suchauftrags für eine neue Führungskraft, dass die zu besetzende Funktion eine mehrmonatige Vakanz nicht zulässt.

Oder externes Interim Management stellt nur eine der in Frage kommenden Lösungsmöglichkeiten dar. Ein kontaktierter Interim Manager oder eine Interim Management Gesellschaft müssen dann beim Unternehmen noch entsprechende grundlegende Überzeugungsarbeit zu leisten.

Klar definierte Aufgabenstellung

Damit Interim Management aber Sinn macht, ist die wohl wichtigste Anforderung, dass sich die Aufgabe eindeutig definieren lässt bezüglich der erwarteten messbaren Ergebnisse und der zur Verfügung stehenden Zeit. Anders ausgedrückt muss sich eine Aufgabe als Projekt definieren lassen, damit Interim Management als Lösung in Betracht kommt.

Sicherstellung einer nachhaltigen Veränderung

###BILD_2### Und, wenn es um Veränderungen geht, ist noch etwas anderes wichtig, nämlich die Nachhaltigkeit der durchgeführten Veränderungen. Was hilft es, wenn kurz nach Beendigung eines Interim Management Einsatzes alles wieder so wird wie vorher? Die in der nebenstehenden Tabelle dargestellten Beispiele sollen diese Thematik verdeutlichen.

Ein Krisenmanagement-Einsatz umfasst üblicherweise Aufgaben aus beiden Kategorien. So ist im Rahmen einer Sanierung beispielsweise ein Unternehmensteil zu veräußern (unumkehrbar) und gleichzeitig ist die Liquidität zu sichern. Eine ausgehandelte höhere Kreditlinie löst vielleicht das Problem. Sie ist aber nicht nachhaltig, denn sie dürfte an den plangemäßen Fortgang der Sanierung geknüpft sein. Erst die nachhaltige Veränderung der Unternehmenssituation verleiht auch der höheren Kreditlinie Nachhaltigkeit.

Kommunikation und Transparenz

Gute Kommunikation und volle Transparenz sind das A und O des Erfolges. Dies gilt in Bezug auf alle Dimensionen des Interim Einsatzes.

Die Mitarbeiter des Bereichs oder Unternehmens sind über den geplanten Interim Management Einsatz in angemessener Weise zu informieren. Möglicherweise ist hierbei den Hintergründen, warum entschieden wurde, einen Externen mit der Aufgabe zu betrauen, besondere Beachtung zu schenken.

Der Auftraggeber (Vorstand, Geschäftsführer, Aufsichtsrat, etc.) sollte den Interim Manager möglichst umfassend und objektiv über alle für die Aufgabenstellung relevanten Aspekte informieren. Diese Verpflichtung setzt sich während des gesamten Einsatzzeitraums fort. Der Interim Manager muss über alle für ihn wichtigen Erkenntnisse und Veränderungen frühzeitig informiert sein.

Umgekehrt informiert der Interim Manager seinen Auftraggeber in festgelegten Intervallen über den Fortgang des Projekts. Das kann z.B. ein Telefonat jeden Freitag Nachmittag sein, eine offizielle Präsentation vor einem Gremium im Abstand von mehreren Wochen, o. ä.. Idealerweise wird die diesbezügliche regelmäßige Kommunikation bereits vor Einsatzbeginn festgelegt.

Auftraggeber in diesem Sinne sind auch "dotted-line"-Manager, in deren Zuständigkeit die Interim Management Aufgabe fällt. Geht es z.B. um eine Aufgabe im Finanz- und Rechnungswesen, ist z. B. auch der "Group Financial Officer" regelmäßig zu informieren.

Darüber hinaus ist die jederzeitige rückhaltlose Unterstützung durch den Auftraggeber im Unternehmen absolute Voraussetzung für den Erfolg des Interim Managers. Dies gilt auch und sogar umso mehr, wenn in Einzelfragen die Meinungen auseinander gehen.

Im Rahmen einer 3600-Kommunikation sind auch die Managementkollegen der anderen Bereiche oder Funktionen angemessen mit einzubeziehen.

Häufig findet der Interim Manager ein schwieriges Kommunikationsumfeld vor. Vielleicht hat der Vorgänger das Unternehmen kurzfristig verlassen (müssen) oder das Unternehmen bzw. der Bereich befindet sich in einer ernsthaften Krise oder die Entscheidung, einen Externen zu beauftragen, ist im Unternehmen nicht unumstritten.

Ist der Vertragspartner des Unternehmens die Interim Management Gesellschaft, kommuniziert der Interim Manager selbstverständlich regelmäßig mit seinem vertraglichen Auftraggeber.

Je nach Konstellation und Aufgabenstellung kommen weitere Kommunikationsbeziehungen hinzu, wie z. B. Banken, Medien, usw..

Haftungsfragen

In der Regel haftet die Interim Management Gesellschaft für den Fall, dass der Interim Manager seine Aufgabe nicht vertragsgemäß beendet: aus Krankheitsgründen, weil er aufgibt oder weil eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. In diesem Fall ist die Interim Management Gesellschaft verpflichtet, für schnellen qualifizierten Ersatz zu sorgen.

Die Wahrscheinlichkeit, wegen Fehler des Interim Managers zu haften, ist für die Interim Management Gesellschaft relativ gering. Allerdings kann es im Schadensfall, z.B. bei einem Konkurs, um hohe Summen gehen. Interim Management Gesellschaften können sich einer eventuellen Haftung nicht vollständig entziehen. Deswegen sichern sie sich ab – genauso wie die Interim Manager – über eine Vermögensschaden-Haftpflicht- sowie eine Vermögensschaden-Rechtsschutz-Versicherung.

Weitere rechtliche Details der (verschuldensabhängigen) Haftung sollen hier nicht weiter erörtert werden. Dem interessierten Leser wird der Hinweis auf die §§ 278, 823 und 831 BGB mit den zugehörigen Erläuterungen und Kommentaren weiterhelfen.

Auch Aspekte der verschuldensunabhängigen Haftung (z.B. Produkthaftpflicht) können eine wichtige Rolle spielen. Da diese Thematik aber nicht Interim-spezifisch ist, soll hier nicht näher darauf eingegangen werden.


[1] DAHLEMS, ROLF: Hallo Headhunter! So nutzen Sie Personalberater für Ihre Karriere; Verlag Moderne Industrie 2001

Autor: Ludger Grevenkamp

Diplom-Wirtschaftsingenieur, Marketing- und Vertriebskarriere bei Hewlett-Packard, mehrfach erfolgreiche Neuausrichtung von Unternehmen in Industrie und Handel im In- und Ausland, zahlreiche Beratungs- und Interim-Management-Projekte, heute Geschäftsführender Gesellschafter der ELGRECO Professional Services GmbH, Dassendorf bei Hamburg. 
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