<< Themensammlung Personal

Employer Branding

So bekommen Startups die richtigen Beschäftigten

Der demografische Wandel und die Digitalisierung sind bedeutende Treiber der Veränderung in der Arbeitswelt – mit der Corona-Pandemie ist ein weiterer dazu gekommen. Noch vor einigen Jahren mussten sich die Beschäftigten in den meisten Branchen bei den Unternehmen bewerben – aufgrund der immer kleineren Schulabgangskohorten sowie der großen Jahrgänge der Babyboomer, die aus der Arbeitswelt altersbedingt ausscheiden, sind es heute oft die Unternehmen und Organisationen, die sich bei gut ausgebildeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bewerben und im sogenannten ‘War for Talents’ um die Gunst zukünftiger Talente buhlen. Die deutliche Abschmelzung der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte hat damit für eine Machtverschiebung auf dem Arbeitsmarkt geführt.

Quelle: iStock / Getty Images Plus

Auch die fortschreitende Digitalisierung, die sowohl Stellenwegfälle als auch die Neuentstehung anderer Jobprofile bewirkt, verschärft die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die neu geschaffenen Stellen zeichnen sich in den meisten Fällen durch ein höheres Qualifikationsniveau aus – die Beschäftigten benötigen dafür umfassende Kompetenzen im Umgang mit den sich verändernden Technologien. Im gesamten IT-Bereich können bereits seit längerem viele Stellen nicht mehr in einem vertretbaren Zeitraum besetzt werden. Hier wird sich der Kampf um die Talente in Zukunft weiter verschärfen.

Für etablierte Unternehmen und Startups heißt das, dass es immer herausfordernder wird, die Right Potentials zu finden. Aber auch das Halten der vorhandenen Beschäftigten gestaltet sich auf einem Markt, auf dem die guten Leute sich die Jobs aussuchen können, schwieriger. Wenn das Binden der Mitarbeiterinnen an das Unternehmen nicht gelingt, erhöht sich die Fluktuation und damit der Wissensabfluss, es gibt mehr Fehltage und daraus folgend eine geringere Produktivität. Aus diesem Grund kann man sagen, dass das Finden und das Binden von Talenten für immer mehr Organisationen zu einer wichtigen Business-Challenge wird.

Um als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, setzen viele Unternehmen das strategische Konzept des Employer Branding ein. Mit einer starken, authentischen Arbeitgebermarke schaffen sie es, die richtigen Beschäftigten zu gewinnen und die guten Leute im Unternehmen zu halten. Mit einer starken Arbeitgebermarke kann auch eine hohe Identifikation der Mitarbeiter gelingen und damit die Fluktuation gesenkt werden.

In der Literatur gibt es verschiedene Definitionen zum Employer Branding – nach Stotz und Wedel-Klein ist Employer Branding ein Teil des strategischen Human Capital Management (HCM). Dabei wird das Besondere eines Arbeitgebers erarbeitet, operativ umgesetzt und dann nach innen und außen kommuniziert. Dieser Arbeit liegt ein strategischer Managementprozess zugrunde, der den Aufbau und die Pflege der Arbeitgebermarke beinhaltet.

Die Deutsche Gesellschaft für Personalführung hat folgende Ziele für ein erfolgreiches Employer Branding identifiziert, die sowohl für etablierte Unternehmen als auch für Startups gelten:

  • Die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgeber wird bei den vorhandenen Beschäftigten erhöht
  • Die Rekrutierungsqualität wird stetig verbessert
  • Die Motivation und die Leistungsbereitschaft der Beschäftigten werden erhöht
  • Die Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen wird gesteigert

Besonders für Startups ist es wichtig, potentielle Talente für sich zu interessieren – sie sind qua Definition auf Wachstum ausgerichtet und damit besonders abhängig von ihrem Rekrutierungserfolg. Obwohl die Startup-Welt für viele Talente eine attraktive Arbeitsumgebung darstellt, wird der Bereich Rekrutierung bei aktuellen Studien als eine große Herausforderung für die jungen Unternehmen bewertet. Dies ist weder in der Wachstumsphase mit einer hohen Arbeitsbelastung für alle Beschäftigten, noch später in der Arbeitsphase für den Erfolg des Unternehmens eine gute Nachricht. Die weitere Entwicklung von Startups hängt ganz direkt an einer sowohl in Umfang als auch in Qualität genügenden Personalausstattung und nachhaltigen Beschäftigungspolitik ab, denn das aufgebaute Wissen sollte möglichst im Unternehmen bleiben.

Bei Startups, die es nicht geschafft haben, wird in aktuellen Studien der Faktor „Team“ als einer der drei wichtigsten Gründe für das Scheitern angegeben. Seine Zusammensetzung und Qualität und damit die ausreichende Verfügbarkeit von Beschäftigten sowie deren Suche wird zur großen Herausforderung von kleinen Unternehmen bzw. Startups. Deshalb rangieren Personalplanung und Personalrekrutierung auf der Liste der Herausforderungen für sie ganz oben.

Aus diesem Grund ist es besonders verwunderlich, dass das Employer Branding in der Praxis von jungen Unternehmen und Gründenden unterschätzt oder vernachlässigt wird. Gleichzeitig halten sechs von zehn Startups die Talentsuche für schwierig. Wie im Vorfeld angesprochen, ist vor allem im IT- und Tech-Bereich das Recruiting von Mitarbeitenden und das Halten der qualifizierten Beschäftigten erfolgskritisch. Für Entwicklung und Wachstum benötigen Startups gerade hier ausreichend Arbeitskräfte, aber genau hier stehen sie in harter Konkurrenz mit etablierten Unternehmen. Große Konzerne gehen, wie Metro-Kampagne 2018 in Deutschland zeigte, ganz gezielt bei Startups auf die Suche nach spannenden Talenten und werben sie ab.

Erkenntnisse aus der Literatur verbunden mit Ergebnissen aus eigenen Studien lassen 10 Punkte erkennen, mit denen Startups zukünftig das Thema Employer Branding strategisch angehen und professionell managen können:

  1. Erfolgreiches Employer Branding startet immer zuerst innen mit der Einbindung der vorhandenen Beschäftigten und geht dann nach außen
  2. Erfolgreiches Employer Branding wird immer von der Geschäftsführung getragen und holt die HR und die Unternehmenskommunikation an einen Tisch
  3. Erfolgreiches Employer Branding arbeitet strategisch mit den Phasen Analyse, Strategie, Umsetzung und Evaluation – gerade die Überprüfung am Ende der Phasen sorgt dafür, dass Aspekte, die noch nicht so gut laufen, verbessert werden können
  4. Erfolgreiches Employer Branding arbeitet mit ausgewiesenen Expertinnen und Experten zusammen, vermeidet so Betriebsblindheit und nutzt deren praktische Erfahrung
  5. Erfolgreiches Employer Branding vermittelt Werte und erzählt Geschichten, um vorhandene Beschäftigte und zukünftige Talente emotional dort abzuholen, wo sie stehen und für das Unternehmen zu begeistern
  6. Erfolgreiches Employer Branding koordiniert alle Inhalte zeitlich und formal – auch mit anderen Inhalten der Unternehmenskommunikation, um ein einheitliches Bild nach innen und außen zu transportieren
  7. Erfolgreiches Employer Branding denkt mittel- und langfristig, schafft Vertrauen bei allen Zielgruppen und kommuniziert authentisch
  8. Erfolgreiches Employer Branding von Startups nutzt das typische visuelle Startup-Vokabular und zeigt Menschen, Teams und eine gute Zusammenarbeit. Besonders wichtig sind Basismerkmale wie gutes Arbeitsklima, Austausch und eine spannende Tätigkeit
  9. Erfolgreiches Employer Branding von Startups setzt auf Begeisterungsmerkmale wie flache Hierarchien, flexible Arbeitsorte und schnelle Entscheidungen zum Arbeiten z. B. während der Corona-Pandemie
  10. Erfolgreiches Employer Branding von Startups vermeidet Leistungsmerkmale wie Gehälter, Work-Life-Balance und Weiterbildungsmöglichkeiten

Autor: Astrid Nelke

Astrid Nelke ist Autorin und Unternehmensberaterin mit den Schwerpunkten Employer Branding, interne Kommunikation und Innovationskommunikation. Sie studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaft und war sechs Jahre lang Professorin für Unternehmenskommunikation und Innovationsmanagement an der FOM Hochschule für Ökonomie & Management in Berlin. Als Geschäftsführerin der auf Employer Branding spezialisierten Unternehmensberatung [know:bodies] kombiniert die Autorin ausgewiesene praktische Erfahrungen mit aktuellen Ergebnissen aus eigenen wissenschaftlichen Studien.


Website des Autors

Sie wollen ein Angebot oder die gratis Teststellung für die Unterweisung?

88 E-Learnings zu den Herausforderungen der aktuellen Arbeitswelt