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Im Gespräch mit Roland Mietke

Sobanco - Ein Blick hinter die Kulissen deutscher Mikrokredite

Im mittelfränkischen Nürnberg hat sich gerade ein neues Mikrofinanzinstitut namens "Sobanco" gegründet. Wie so eine spezielle Gründung abläuft, welche Herausforderungen auf die Betreiber warten und wie sich Gründer hier mit Mikrokrediten versorgen können, erzählt uns heute Roland Mietke, Co-Founder von Sobanco.

Roland Mietke, sobanco Roland Mietke, sobanco

Es ist schon fast 18:00 Uhr als Roland Mietke zurückruft. Ein Gespräch mit einem potentiellen Kreditnehmer, der Kapital für ein Online-Portal benötigt, nahm den Nachmittag des 43-jährigen gelernten Grafikers in Anspruch. Doch nun auf der Heimfahrt in seinem Auto hat er Zeit, ein wenig über Sobanco zu plaudern, einem "Mikrofinanzinstitut", wie es offiziell heißt, dass er kürzlich mit einigen Kollegen gegründet hat. "Tim Geisler kam mit der Idee zu mir und sagte: 'Roland, ich muss Dir von meiner Idee erzählen, denn so einen wie dich kann ich gut dabei brauchen!". Tim Geisler hat Erfahrung in der Finanzbranche, er hat Fonds verwaltet und Bankerfahrung - doch anders als bei vielen anderen seiner Kollegen, hat die Finanzkrise Eindruck bei ihm hinterlassen. So setzte er sich mit alternativen ökologischen Anlageformen auseinander und kam schließlich auf das Thema Mikrokredite . Gut, dass sein Vater sowie zwei Mitgründer, Roland und Karsten zur Verfügung standen und gemeinsam mit ihm "Sobanco" ins Leben riefen.

Exkurs Mikrokredite

Mikrokredite hielt man vor nicht allzu langer Zeit noch für ein Thema für Dritte-Welt-Länder. Das Konzept ist einfach: Gib einem armen Menschen Geld, damit er sich eine Existenzgrundlage aufbauen kann und Du wirst nicht nur die Welt ein wenig besser machen, sondern sogar noch Zinsen einstreichen und Geld verdienen! Bekannte Mikrokredit-Plattformen wie etwa kiva.org sorgen dafür, dass Internet-User private Mini-Darlehen an potentielle Unternehmer der Dritten Welt geben - doch die Dritte Welt ist längst in Europa angekommen. Der Spagat zwischen hohen Gewinnen auf der einen Seite und Armut und Perspektivlosigkeit auf der anderen ist längst kein Phänomen mehr, dass auf Afrika und Asien beschränkt ist. Die EU-Kommission erkannte dieses Defizit vor nicht allzu langer Zeit und beschloss, einen EU-weiten Fonds von 100 Millionen Euro aufzulegen, der allein dem Zwecke dienen sollte, Kapital für Mikrofinanzierungen zur Verfügung zu stellen. Verwaltet wird dieses Geld auf nationaler Ebene, die GLS (Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken) ist hierbei für Deutschland zuständig und akkreditiert nun Kreditvermittler für diese Darlehen, die potentielle Kreditnehmer sondieren und die Kredite vermitteln. Das sind die so genannten Mikrofinanzinstitute und genau das ist das Geschäftskonzept von Sobanco.

Ein Mikrofinanzinstitut entsteht

"Ein Mikrofinanzinstitut zu eröffnen, ist gar nicht einmal so schwierig", erzählt Roland Mietke, "man muss sich bei der GLS förmlich bewerben, muss ausreichend Kapital und Kompetenz nachweisen und zeigen, dass man hinter der Sache steht. Nach einigen Prüfungen der Unterlagen und der Gründer selbst durchläuft man einige Schulungen beim DMI, dem Deutschen Mikrofinanz-Institut." All dies brachten die drei Hauptgründer, Roland, Tim und Karsten hinter sich. Die nächste große Herausforderung wartete allerdings schon auf die Mannschaft: "Damit man Kreditvolumen von der GLS abschöpfen kann, um damit zu wirtschaften, muss man Sicherheiten hinterlegen. Diese dienen dazu, nicht zurückgezahlte Kredite finanziell aufzufangen. Das Volumen beträgt 20 Prozent des Kreditvolumens - willst Du 100.000 Euro verleihen, musst Du 20.000 Euro Sicherheiten hinterlegen. Wir haben augenblicklich 80.000 Euro an Sicherheiten, wollen die Summe aber mittelfristig auf 200.000 Euro aufstocken. Das ergibt ein Kreditvolumen von 1 Million Euro".
Als Geschäftsform wählten die Gründer schließlich die Aktiengesellschaft: "So können wir schnell neues Kapital akquirieren und unser Konzept auch überregional ausbauen. Außerdem macht sich eine AG ganz gut in Verhandlungsgesprächen mit Banken und Financiers."

So wirtschaftet ein Mikrofinanzinstitut

"Für Sobanco, wie für jedes andere Mikrofinanzinstitut gibt es zwei Einnahmequellen", führt Roland weiter aus, "einerseits erhält man von der GLS pro vermitteltem Kredit eine Pauschale von 800 Euro im nächsten Jahr sind es leider nur noch 650 Euro. Diese werden aber erst am Ende des Jahres an die Institute ausgezahlt. Die zweite Einnahmequelle ist eine Provision von 10 Prozent des vergebenen Kredits, allerdings erhält man die erst, wenn der Kredit vollständig und ohne Verzögerungen zurückgezahlt wurde. Wer in dieses Geschäft einsteigen möchte, der muss dementsprechend ein gesundes Maß an Idealismus mitbringen, denn kurzfristige Gewinne lassen sich so nicht erwirtschaften."

Das Tagesgeschäft

Letzten Monat ist Sobanco offiziell gestartet. Der Name setzte sich übrigens aus den Anfangssilben der Worte "Social", "Bank" und "Community" zusammen und möchte so den sozialen Aspekt der Mikrokredite unterstreichen. Der erste Kreditvertrag ist bereits offiziell abgewickelt und 5 weitere sind in der Pipeline. Die Hauptarbeit der Gründer besteht nun darin, die Angebote von Sobanco in die Öffentlichkeit zu bringen, potentielle Kreditnehmer zu interviewen, was einen Aufwand von etwa 5-10 Stunden pro Vermittlung erfordert und deren Daten an die GLS zu übermitteln. Das Hauptgeschäft heißt laut Roland Mietke allerdings "Vertrauen". "Die Menschen müssen sich quasi vor ihrem Berater komplett ausziehen, wenn sie einen Kredit wollen, hier bleibt nichts unter dem Teppich: Scheidungen, Insolvenzen, persönliche Probleme, Krankheiten - all das teilt man von nun ab mit seinem Kreditvermittler. Wir habe schnell gemerkt, dass der persönliche Kontakt und das gegenseitige Vertrauen unbedingte Anforderungen an uns selbst sein müssen. Ohne das kommt keine Kreditvergabe aus." Auch um diese Vertrauensbasis zu schaffen, bieten die drei Gründer ihren Kreditinteressenten stets das "Du" an. "Wenn ich mich mit jemandem über einen Kredit unterhalte, möchte ich dass wir auf einer Stufe stehen, dann bin ich nicht der Herr Mietke, sondern der Roland" und schnell spürt man, dass es Roland Mietke auch lebt, was er sagt. Er engagiert sich in der Nürnberger Kulturszene und unterhält zahlreiche Kontakte zu Künstlern und Freiberuflern in der Umgebung, sein Arbeitsplatz ist im neuen Nürnberger Coworking Space , seine Kunden sind Gleichgesinnte.

Die Konditionen

Menschen, die Mikrokredite beantragen tun dies meist aus dem Grund, weil eine reguläre Bank ihnen Kredite verweigern würde. Viele Gründer können ein Lied davon singen, denn auf eine bloße Idee ist für Banken keine Geschäftsgrundlage.
Der Kreditrahmen beträgt beim ersten Kredit 1.000 bis 10.000 Euro. Wurde der Kredit wie vereinbart zurückgezahlt, so kann ein weiterer Kredit von nun 15.000 Euro aufgenommen werden. Das Maximum pro Kredit kann sich so auf 25.000 Euro steigern. Auf diese Weise werden auch nachhaltige Finanzierungen möglich, immer vorausgesetzt, dass sich das Konzept trägt und Gewinne einfährt, um die die Darlehen rückzufinanzieren.

Roland Mietke selbst findet übrigens überhaupt nichts dabei vom Grafiker zum Banker zu werden: "Ich habe schon viele Projekte angepackt, die nichts mit meinem Beruf zu tun haben. Die Bereitschaft, sich schnell und gut in neue Materie einzuarbeiten und die Dinge, die ich anpacke durchzuziehen, machen meine Arbeitsweise aus - nicht meine Qualifikation auf dem Papier." Zur Zeit warten die drei Gründer noch auf den Eintrag ins Handelsregister: "Der Richter, der für 'S' zuständig ist, weilt gerade im Urlaub und sein Kollege ist überfordert, aber jeden Tag kann es soweit sein, dann sind wir offiziell eine AG."

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