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Interview mit Christoph Räthke

"Das "Valley" ist ja nicht nur der mythische Ursprungsort der Internetbranche, sondern nach wie vor das Start-up-freundlichste Ökosystem der Welt"

Mit 14 Standorten ist das Founder Institute (FI) der größte pre-seed Incubator der Welt. Christoph Räthke leitet den Standort Berlin, bei dem in der letzten Woche neun Start-ups graduiert haben. Im Interview mit förderland erzählt er, wie den Teilnehmern die Dynamik des "Silicon Valley" näher gebracht wird, wer sich alles beim Founder Institute einschreiben darf und was das Founder Institute sonst noch alles zu bieten hat.

Christoph Räthke, Leiter des Founder Institutes Berlin Christoph Räthke, Leiter des Founder Institutes Berlin

förderland: Hallo Herr Räthke, stellen Sie sich doch bitte kurz unseren Lesern vor …

Christoph Räthke: Ich bin seit 1996 in der Berliner Internet-Branche, seit 2002 mit einem Schwerpunkt "Mobile Internet". Diese Spezialisierung ergab sich daraus, daß ich in jenen Anfangsjahren der Mobile Industry für T-Mobile International gearbeitet habe und so viele Protagonisten der Branche noch von ihren ersten Schritten kenne. Daher auch der Umstand, dass ich 2008 den Mobile Monday Berlin mitgegründet habe und seither die vierteljährlichen Berliner Events dieser weltweit größten professionellen Mobile-Community organisiere und präsentiere. Weil ich aber parallel dazu schon 2000 meinen ersten Start-up-Versuch unternahm und seitdem dem Digitalen Unternehmertum sehr verbunden bin, war das Angebot, ab Herbst 2010 das Berliner Founder Institute mit aufzubauen und zu leiten, Liebe auf den ersten Blick.

Sie leiten das Founder Institute in Berlin. Was genau ist Ihr Angebot an Gründungsinteressierte?

Räthke: Wir begleiten und coachen Founder sehr verbindlich und strukturiert auf den letzten Schritten vor der Gründung. Mit Hilfe von erfahrenen – und manchmal sogar berühmten – IT-Unternehmern aus Deutschland und USA, die als Mentoren in wöchentlichen Sessions die essentiellen Themen der Start-up-Gründung und –Führung vermitteln, tun wir alles, um Gründer bestmöglich vorzubereiten. Dabei ist zum einen Kollaboration zwischen den teilnehmenden Gründern sehr wichtig. Zum anderen hat das FI einen enormen Fundus von hochkarätigen Video-Vorträgen, weil jeder "Mentor Talk" direkt aufgezeichnet und zusammen mit den Präsentationen auf der FI-Plattform exklusiv veröffentlicht wird. Gründer müssen pro Woche etwa 15 Stunden in das Programm investieren, weil es zu jeder Session verpflichtende Aufgaben und Arbeitsgruppen-Meetings gibt, die sich aber konkret auf die Unternehmensideen beziehen. Das heißt, dass man das Semester auch parallel zu Studium oder Job machen kann – am Ende muß man aber gründen. Und schließlich kreieren wir ein wachsendes globales Gründernetzwerk; momentan gibt es 14 Institute, neun davon in den USA, sodaß auch der Draht ins Silicon Valley sehr solide ist.

"Globalizing Silicon Valley" – dieser Claim springt einem als Besucher Ihrer Website gleich ins Auge. Warum dieses Ziel? Wie wollen Sie es erreichen? Und: Sind Sie auf einem guten Weg?

Räthke: Das "Valley" ist ja nicht nur der mythische Ursprungsort der Internetbranche, sondern nach wie vor das Start-up-freundlichste Ökosystem der Welt. Dort funktioniert einiges dynamischer als anderswo. Diese Dynamik ist aber keine Zauberei, sondern oft Handwerk und Know-how, und das FI will dieses Handwerk allen Gründungsinteressierten nahebringen. Sehr viel des "Valley"-Erfolges ergibt sich aus der Erfahrungsweitergabe von erfolgreichen Unternehmern, aus Zusammenarbeit von Foundern und Business Angels, aus fokussiertem Innovationsmanagement sowie Förderung talentierter Persönlichkeiten – und das alles können wir auch in Berlin! Das FI gießt die Verinnerlichung dieser Prozesse und Erfahrungen in ein strukturiertes Curriculum, das auch so eine Art "Checklist" für eine erfolgreiche Gründung ist: Habe ich das Thema Intellectual Property/Patente für mich sauber geklärt? Weiß ich genau, welche Unternehmensform für mich die richtige ist und warum? Überzeugt mein Elevator Pitch?

Und ja, nach einem Semester kann ich sagen, dass wir auf dem Weg sind, etwas ganz Erstaunliches aufzubauen. Zu den Mentoren des Semesters gehörten Start-up-Unternehmer, die man ansonsten nur auf großen Konferenzen von Ferne sieht, u.a. Gründer von StudiVZ, myvideo, Gameduell und zanox. Oft waren wir gemeinsam geradezu gefesselt von der Intensität und Offenheit, mit der der Austausch zwischen diesen Haudegen der Branche und den Gründern stattfand.

Welche Start-ups sind denn schon aus dem Founder Institute Berlin hervorgegangen?

Räthke: Am 4.2. haben wir neun start-ups graduiert. Einige davon sind schon live, zum Beispiel Ondango, ein Shopsystem, das innerhalb von Facebook funktioniert. Ein anderes, mysweetsbox, bekam schon vor Weihnachten viel Aufmerksamkeit, weil sie Care-Pakete voller nostalgischer Süßigkeiten versenden – die gute alte Schleckmuschel und das Brausepulver! Drei der Ideen haben einen spezifischen Mobile-Fokus, darunter ein Augmented Reality-Dienst für Museen und Galerien. Im Valley, wo das FI schon seit Frühjahr 2009 operiert, und anderen Standorten ist die Liste natürlich noch länger. So ist z.B. ein Sieger des "LeWeb"-Start-up Awards Teilnehmer im Pariser FI.

Im April beginnt das nächste Semester? Wie schafft man es, einen der limitierten Plätze zu ergattern? Worauf legen Sie bei Ihren "Studenten" Wert?

Räthke: Wir beginnen das neue Semester mit einem richtigen Paukenschlag: Am Wochenende des 25.3. machen wir in Berlin einen pan-europäischen Founder Workshop, in dem drei Sessions gehalten werden. Auf diesem Workshop – und das erfahren Sie von förderland jetzt exklusiv! – werden ein paar veritable Weltstars der Start-up-Szene als Mentoren einfliegen. So gut wie sicher sind die Gründer von Evernote und mint.com dabei sowie der Gamification-Guru Gabe Zicherman. Bewerben kann sich jeder auf www.founderinstitute.com/apply/berlin . Was folgt, ist ein Online-Test und in Einzelfällen individuelle Interviews. Wichtig für uns sind erst einmal nicht Idee und Business Plan eines Founders, sondern seine Persönlichkeit. Wenn die stimmt und ein Founder bereit ist, konzentriert und leidenschaftlich mitzuziehen, kann das FI-Semester für ihn – oder sie – eine der wichtigsten Erfahrungen seines Gründerlebens werden.

Worauf dürfen sich die "Auserwählten" freuen?

Räthke: Außer dem erwähnten Workshop beziehen wir auch dieses Semester wieder eine ganze Menge großartiger Mentoren ein. Wir werden die Sessions an einem spektakulären Ort abhalten – im Himmel über Berlin, im 20. Stock des Telefunken-Turms am Ernst Reuter-Platz. Wir wollen noch enger kollaborieren mit anderen globalen FI Locations und haben auch das Curriculum angepasst – so werden wir jetzt auch eine Session über "Fördermittel" abhalten. Und ich persönlich kann es gar nicht erwarten, mit dem, was ich selber als Leiter im ersten Semester gelernt habe, das neue Semester noch besser zu machen.

Wie sehen Sie die deutsche Gründerszene im internationalen Vergleich?

Räthke: Weit vorne. Hier stimmt schon sehr, sehr viel – Ausbildung, Infrastruktur, Ethos… und namentlich in Berlin kommt noch Kreativität, Flexibilität und Internationalität dazu. Ein weiteres Faszinosum ist, dass genau jetzt viele aus der "Generation Internet Bubble" zu Business Angels werden und mehr als bereit sind, junge Gründer von ihrer Erfahrung profitieren zu lassen. Problematisch, das weiß jeder, ist die Abwesenheit eines größeren Risikokapital-Marktes, aber dafür leisten in diesem Bereich Angels und Inkubatoren sehr gute Arbeit. Und: Mehr und mehr entdecken Großunternehmen den Start-up-Bereich als Quelle von Innovation und Talent.

Vielen Dank für das Interview!

Räthke: Gerne und jederzeit wieder!

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