Der Tarifvertrag

Wer ein Unternehmen gründet muss sich zunächst um einige Dinge kümmern. Dazu gehören unter anderem zahlreiche rechtliche Aspekte zu denen auch der Tarifvertrag zählt. Was man unter einem Tarifvertrag zu verstehen hat, welche Arten von Tarifverträgen vorliegen und durch welche Merkmale der Geltungsbereich eines Tarifvertrages gekennzeichnet ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Was ist ein Tarifvertrag?

Business Handshake zur Besiegelung des Abschluss eines Tarifvertrags Quelle: Fotolia.de © puhhha

Ein Tarifvertrag wird von den sog. Tarifvertragsparteien - bestehend aus den Vertretern der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite - in schriftlicher Form geschlossen.

Einen Tarifvertrag dürfen nur tariffähige Vertreter schließen. Auf der Arbeitgeberseite sind das einzelne Arbeitgeber oder Arbeitgeberverbände. Auf der Arbeitnehmerseite gelten ausschließlich Gewerkschaften als tariffähig und auch nur dann, wenn sie in der Lage sind, auf die Gegenpartei Druck auszuüben und selbst auf Dauer angelegt ist. 

Die Tarifautonomie ermöglicht es den Tarifparteien Einkommens- und Arbeitsbedingungen ohne staatliche oder andere Eingriffe zu regeln. Die gesetzlichen Regelungen und Rahmenbedingungen für den Tarifvertrag finden sich im Tarifvertragsgesetz.

Ein Tarifvertrag enthält neben Rechten und Pflichten der Vertragsparteien (schuldrechtlicher Teil des Tarifvertrags), auch Rechtsnormen (normativer Teil des Tarifvertrags) bzgl. Inhalt, Abschluss und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, sowie der Ermittlung des Anspruchs an ein Arbeitszeugnis und Regelungen betrieblicher und betriebsverfassungsrechtlicher Fragen.


Abweichungen von den Vereinbarungen eines Tarifvertrages sind für einzelne Unternehmen nur dann erlaubt, wenn dies durch Regelungen im Tarifvertrag ermöglicht wird. Dies geschieht durch sog. Öffnungsklauseln. Eine Öffnungsklausel ist eine Bestimmung in einem Tarifvertrag, die abweichende Regelungen durch z.B. eine Betriebsvereinbarung ermöglicht.

Geltungsbereich eines Tarifvertrages (Tarifbereich)

Der Geltungsbereich eines Tarifvertrags kennzeichnet sich durch drei Merkmale: den räumlichen, den fachlichen und den persönlichen Geltungsbereich.

Ein Tarifvertrag ist unter folgenden Bedingungen auf ein Arbeitsverhältnis anwendbar: Der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer tätig ist, muss sowohl in den fachlichen (z. B. ein Betrieb der Metallbranche) als auch in den räumlichen Bereich (beispielsweise in den Tarifbezirk Nordwürttemberg/ Nordbaden) des Tarifvertrags fallen. Beide Vertragsparteien, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer, müssen Mitglieder eines tarifschließenden Verbandes sein.

Sind diese Bedingungen erfüllt, dann gilt der Tarifvertrag unmittelbar und zwingend für den Arbeitnehmer. Auch nichtgewerkschaftliche Arbeitnehmer unterliegen häufig aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugsklauseln den Regelungen eines Tarifvertrags.

Verschiedene Arten von Tarifverträgen

Man kann zwischen verschiedenen Arten von Tarifverträgen unterscheiden:

  • Manteltarifvertrag (MTV)
  • Rahmentarifvertrag (RTV)
  • Lohn- , Gehalts- und Entgelttarifverträge
  • Flächentarifvertrag (FTV)
  • Spartentarifvertrag
  • Haus-/ Firmen-/ Werkstarifverträge
  • Ergänzungstarifvertrag 

Manteltarifvertrag

Im Manteltarifvertrag, kurz MTV, werden grundsätzliche Regelungen bezüglich der sonstigen Arbeitsbedingungen, nicht aber zu Lohnfragen festgehalten. Dazu gehören Regelungen über:

  • Arbeitszeit/ Pausen
  • Arbeitsbewertungsverfahren
  • Erholungs-/ Sonderurlaub
  • Zuschläge für Mehr-, Nacht- und Schichtarbeit
  • Bestimmungen zum Rationalisierungsschutz
  • Einstellungs- und Kündigungsbestimmungen 

Die Laufzeit von Manteltarifverträgen ist oftmals unbefristet. Lediglich die Inhalte werden bei Bedarf entsprechend angepasst. Es kommt vor, dass Manteltarifverträge auch als Rahmentarifverträge bezeichnet werden.

Rahmentarifvertrag (RTV)

Ein Rahmentarifvertrag, kurz RTV, wird oftmals auch als Lohn- und Gehaltsrahmentarifvertrag bezeichnet. Ein Rahmentarifvertrag umfasst Regelungen bezüglich

  • der Ausgestaltung und Festlegung von Lohn- und Gehaltsgruppen
  • der Gruppenmerkmale
  • der Ausgestaltung der Leistungsentlohnung

Die Laufzeit eines Rahmentarifvertrags erstreckt sich meist über mehrere Jahre.

Lohn-, Gehalts- und Entgelttarifverträge

Im Lohn-, Gehalts- und Entgelttarifverträgen wird die Höhe der tariflichen Vergütung geregelt. Diese werden Lohn-, Gehalts- oder Entgelttabellen dargestellt. Diese bilden die Vergütungsgruppen inklusive der Vergütung der jeweiligen Gruppe ab. Dabei kommt die unterste Entgeltgruppe einem Mindestlohn gleich.

Die Laufzeit eines Lohn- und Gehaltstarifvertrags ist kürzer als die eines Manteltarifvertrags oder eines Rahmentarifvertrags und beträgt in der Regel ein Jahr.

Flächentarifvertrag (FTV)

Ein Flächentarifvertrag, kurz FTV, gilt für eine bestimmte Branche bzw. einen bestimmten Wirtschaftszweig sowie für einen bestimmten regionalen Bereich. Ein Flächentarifvertrag kann sowohl bei einer als auch bei mehreren Branchen Anwendung finden. 

Die bekanntesten Flächentarifverträge sind die der IG Metall und der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Der IG Metall-Tarifvertrag bezieht sich auf alle Unternehmen der Metall- und Elektrobranche Metall und erhebt regionale Gültigkeit. So fällt DaimlerChrysler bspw. unter den IG Metall-Tarifvertrag für Nordwürttemberg/Nordbaden.

Spartentarifvertrag

Spartentarifverträge sind Tarifverträge, die in einer Sparte eines Tarifgebietes Anwendung finden. So wird der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) bzw. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TvöD) in Spartentarifverträgen für einzelne Bereiche konkretisiert. Es existieren Spartentarifverträge für die Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehrs, für Beschäftigte von Krankenhäusern oder des Ordnungsdienstes, die sich zwar am BAT bzw. TVöD anlehnen, in einzelnen Punkten jedoch unterschiedlich ausgestaltet sein können.

Haus-/ Firmen-/ Werkstarifverträge

Haus-, Firmen oder Werkstarifverträge werden auf der Arbeitgeberseite nur von einem einzelnen Arbeitgeber und nicht vom Arbeitgeberverband geschlossen und gelten daher nur für ein einzelnes Unternehmen. Die Laufzeit eines solchen Vertrages wird im Vertrag geregelt. Ein Beispiel hierfür ist die Volkswagen AG. Sie unterliegt eigentlich dem Flächentarifvertrag der IG Metall. Volkswagen ist aber schon vor Jahren aus dem Flächenabkommen ausgestiegen und hat in separater Verhandlung mit der IG Metall einen viel beachteten Haustarifvertrag abgeschlossen. In Deutschland haben etwa acht Prozent der Unternehmen einen Haustarifvertrag.

Ergänzungstarifvertrag

Zusätzlich zum Flächentarifvertrag besteht für Unternehmen die Möglichkeit Ergänzungstarifverträge abzuschließen, in denen unternehmensspezifische Regelungen enthalten sind. So ist eine betriebsindividuellere Lösung möglich, ohne gleich in die Verhandlungen über einen Haustarifvertrag einsteigen zu müssen.

Austritt eines Arbeitgebers

Tritt ein Arbeitgeber aus dem Arbeitgeberverband aus, so hat für ihn der vorhandene Tarifvertrag weiterhin bindenden Charakter. Dies gilt so lange, bis eine andere Abmachung, z. B. ein neuer Tarifvertrag, in Kraft tritt.

Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE)

Auf Antrag einer Tarifpartei kann der Bundesminister für Arbeit mit der Zustimmung des Tarifausschusses einen Branchentarifvertrag für allgemein verbindlich erklären. Der Tarifausschuss besteht aus jeweils drei Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite.

Mit der Erklärung zur Allgemeinverbindlichkeit gilt ein Tarifvertrag auch für die Arbeitnehmer und Arbeitgeber einer Branche, bei denen der Tarifvertrag bisher nicht zur Anwendung kam, da der Arbeitgeber entweder nicht im Arbeitgeberverband, oder der Arbeitnehmer nicht in einer Gewerkschaft organisiert ist. So geschehen in der Baubranche.

Friedenspflicht

Mit dem Tarifvertrag ist die Pflicht verbunden, während der Zeit der Gültigkeit des Vertrages auf Arbeitskampfmaßnahmen zu verzichten. Diese Pflicht gilt aber nur für Inhalte des Tarifvertrages, nicht aber für andere Forderungen. In diesem Zusammenhang gibt es auch immer wieder rechtspolitische Diskussionen, inwiefern ein Warnstreik, der oftmals noch in die Friedenspflicht fällt, zulässig ist.

Schiedsverfahren und Schlichtung

Streitigkeiten über die Auslegung von Tarifverträgen, werden oftmals durch eine tarifliche Schieds- und Schlichtungsstelle beigelegt. Die Rahmenbedingungen dieser Stelle, wie Zusammensetzung und Zuständigkeit, werden entweder in den Einzeltarifverträgen oder in eigenen Schiedstarifverträgen geklärt.

Die Schlichtung dient der Beilegung von Streitigkeiten bei den Tarifverhandlungen, sie ist ein tariflich geregeltes Instrument und kann beim Scheitern der Verhandlungen von beiden Verhandlungsseiten angerufen werden. Sie setzt sich aus der gleichen Zahl von Vertretern der Verhandlungsparteien sowie einem oder zwei unparteiischen Vorsitzenden zusammen. Es besteht aber kein Zwang zur Schlichtung.

Wissenswert: Tarifverträge, Tariföffnungsklausel, Tarifvorrang

In den meisten Tarifverträgen ist die Altersvorsorge durch Entgeltumwandlung geregelt. Der Tarifvertrag enthält dann eine Öffnungsklausel, das heißt der Arbeitnehmer kann Teile seines tarifvertraglichen Lohns oder Gehalts in eine Betriebsrente investieren.

In den meisten Fällen muss sich der Arbeitgeber zusätzlich an der Finanzierung beteiligen.

Beschäftigte haben allerdings nur dann Anspruch auf eine Entgeltumwandlung aus laufendem Lohn oder Gehalt, wenn diese Möglichkeit der betrieblichen Altersversorgung in einem verbindlichen Tarifvertrag genannt ist. Andernfalls greift der so genannte Tarifvorrang. Diesem ist das Recht auf Entgeltumwandlung untergeordnet. Diese Einschränkungen gelten nur für Umwandlungen aus dem laufenden Entgelt. Für Sonderzahlungen und Urlaubs- oder Weihnachtsgeld gilt, dass sie in jedem Fall in eine Betriebsrente investiert werden dürfen. Die betriebliche Altersversorgung bildet dem Arbeitnehmer in der Praxis somit ein breites Feld an Möglichkeiten.

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