Eine aktuelle Studie des Marktforschungsunternehmen CB Insight zeigt den Erfolg der rund 3000 Quadratkilometer-Region Nordkaliforniens: Trotz Krise flossen in den USA im dritten Quartal dieses Jahres 7,9 Milliarden Dollar in Start-ups, rund 2,5 Milliarden Dollar mehr als im Vorjahreszeitraum. Davon gingen 46 Prozent ins Silicon Valley, 400 Million Dollar alleine an Twitter. Doch die Menge, die dort an Risikokapital bereitgestellt wird, ist nicht der einzige Erfolgsfaktor des Valleys. Was also macht die Region so besonders und ermöglichte Gründern wie Steve Jobs und Mark Zuckerberg so erfolgreich zu werden?
Einzigartige Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
Der erfolgreiche Entwicklungsprozess des Vorzeigeclusters Silicon Valley beruht auf einer einzigartigen Kooperation zwischen den dort angesiedelten Universitäten (Stanford, Berkeley, San Jose State) und den Hightech-Unternehmen. Zum einen wird die Zusammenarbeit durch die Vielzahl von hochspezialisierten Absolventen begünstigt, zum anderen sind die dort ansässigen Professoren eng mit der Wirtschaft verknüpft. Viele von ihnen bekleiden leitende Postionen in Hightech-Betrieben und beteiligen sich an Start-up Unternehmen. Außerdem haben sich die Universitäten als solche die Förderung von Start-ups groß auf die Fahne geschrieben.
So ist z.B. an der Stanford University in der "School of Engineering" das Stanford Technology Ventures Program (STVP) untergebracht. Hier lernen Naturwissenschaftler und Ingenieure alles Wichtige über das unternehmerische Umfeld, das sie nach dem Studium erwartet. Das Programm besteht aus drei Teilen, der Entrepreneurships -Ausbildung und -Forschung sowie der Förderung des Entrepreneurship-Gedanken über die eigene Universität hinaus. Dies erklärt wohl auch, warum die Gründerszene in Amerika vor allem von Ingenieuren geprägt ist, im Gegensatz zu Deutschland, wo es eher die BWLer sind, die ein Unternehmen gründen. Zudem bietet die Stanford University mit dem Office of Technology Licensing (OTL) einen wertvollen und einzigartigen Dienst an: Rechts- und Managementberatung für neue Produkte und Ideen.
Gewinne werden wieder in neue Start-ups investiert
Das erfolgreiche Cluster aus Hightech-Unternehmen, Start-ups, Business Angels und Venture Capitalists, das sich um die Universitäten entwickelt hat, wirkt als ein riesiger Inkubator für junge Technologieunternehmen. Der Erfolg der neu entstandenen Unternehmen ist selbst wieder Triebfeder für den Risikokapitalmarkt, indem die Gewinne der Firmen wiederum in Start-ups investiert werden und diese außerdem mit Management-Know-how unterstützt werden. So bleibt das Finanzierungspotential dynamisch und weitestgehend unabhängig von den Banken. Ein weiterer Erfolgsfaktor liegt in der Struktur der Unternehmen im Silicon Valley. Neben dem vorherrschenden familiären Betriebsklima mit flachen Hierarchien setzen die Firmen Anreize und Incentives für ihre Mitarbeiter. Frühzeitig wurden Mitarbeiterbeteiligungsprogramme wie Stock Options eingesetzt, so dass nicht nur die Gründer, sondern auch die Angestellten vom Erfolg des Unternehmens profitieren konnten.
Erfolgsstories gibt es viele
Viele Absolventen der Universitäten im Silicon Valley gründen gleich nach ihrem Studium ihr erstes Start-up, so wie zum Beispiel der aus Deutschland stammende Konstantin Guericke: Nach dem Abitur folgte das Studium der Wirtschaftsinformatik an der Stanford University, an der er auch heute noch unter anderem tätig ist. Nach der Uni arbeitete er beratend für zahlreiche IT-Firmen und baute sich darüber ein großes Netzwerk auf. Dieses ermöglichte ihm die Gründung des sozialen Netzwerk LinkedIn , in dem er auch heute noch Berater ist. Andere warten erst gar nicht bis zu ihrem Abschluss, sondern legen noch während ihres Studiums los, wie die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin.
Die beiden lernten sich an der Stanford kennen und entwickelten die Suchmaschine des heutigen Weltkonzerns 1998 in einer Garage. Dank einem Startkapitel von umgerechnet 1,1 Millionen Dollar, ausgeteilt von Familie und Freunden sowie dem deutschen Informatiker und Unternehmer Andy Bechtolsheim, ging das Programm als Testversion auf den Markt. Bereits nach fünf Monaten zog Google mit acht Angestellten in ein Büro in Palo Alto. Das heutige Ergebnis darf bekannt sein. Eine ähnliche Geschichte führte auch bei Steve Jobs wie auch Mark Zuckerberg zum Erfolg.
Aber auch immer mehr europäische Entrepreneure zieht es ins Valley. Zum Beispiel den 21-jährigen Wiener Leo Widrich, der dort die passenden Investoren für sein Start-up "Buffer App" fand, dessen Dienst Twitter-Nutzern zu mehr Lesern verhelfen soll. Zudem bekam das junge Unternehmen durch die Teilnahme am Mentoring-Programm AngelPad, hinter dem Ex-Googler stehen, 120.000 US-Dollar für sechs Prozent der Firmenanteile.
Berlin, das nächste Silicon Valley?
Wenn man aktuellen Medienberichten Glauben schenkt, hat Berlin gute Chancen zur neuen Internethauptstadt Europas zu werden. Erste international erfolgreiche Start-ups gibt es bereits: So wurde das Start-up Soundcloud.com , das eine international genutzte und etablierte Musikplattform für Künstler betreibt, von zwei Schweden in Berlin gegründet. Die Alternativen waren London, Wien und Barcelona, doch man entschied sich aufgrund der hiesigen Masse an Künstlern für Berlin. Eine Übersicht über weitere erfolgreiche Berliner Start-ups und auch Inkubatoren gibt der Start-up Lotse Berlin . Es bleibt also abzuwarten, ob Berlin eine ähnliche Erfolgsgeschichte wie das Silicon Valley schreiben wird.
Neben den ganzen ökonomischen und strukturellen Vorsprüngen des Valleys gibt es noch einen wichtigen kulturellen Unterschied. Während Scheitern in der deutschen Start-up-Szene als erfolgloses Wirtschaften abgestempelt wird, sieht man im Silicon Valley gerade darin eine Stärke. So sagte Steve Blank in einem Videointerview : "Wissen Sie, wie wir einen gescheiterten Unternehmer im Silicon Valley nennen? Erfahren."