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Hilfe, der Kunde kommt!

Geschäftsräume: Gestaltung der Begegnung im Raum

Egal, welches Geschäft, welche Dienstleistung Sie gerade auf die Beine stellen: Sie und Ihre Mitarbeiter werden auf die eine oder andere Art persönlich mit Kunden, Käufern, Auftraggebern oder Patienten zu tun haben. Die Begegnung findet vielleicht am Telefon, vor Ort beim Kunden oder auf Messen, in vielen Fällen aber in Ihren eigenen Geschäftsräumen statt. In dieser Situation können Sie durch die Gestaltung des Umfeldes den Kundenkontakt positiv beeinflussen.

Das Wie und Wo des Tête-à-têtes

Im Rahmen Ihres Businessplans und der Erstellung einer Firmenidentität sind Sie sich darüber klar geworden, welche Ausrichtung Ihre Geschäftsidee hat und wer zu Ihrer Zielgruppe gehört. Sicher haben Sie auch schon Überlegungen angestellt, wie Ihre Geschäftsräume aussehen sollen. Im Rahmen dieser Planungen ist es sinnvoll, sich intensiv mit den Situationen des Kundenkontaktes auseinanderzusetzen. Welche >Empfangs-, Gesprächs- oder Beratungssituationen wird es geben? Auf welche Art möchte ich meinen Kunden entgegentreten? Bin ich gleichberechtigter Geschäftspartner, dienender Informant oder möchte ich Sachverstand und Autorität vermitteln? Kann der Kunde sich frei bewegen oder soll er gelenkt werden und im Blickfeld eines Beobachters bleiben?

Analysieren Sie die voraussichtlichen Begegnungen unter dem Aspekt Ihrer Firmenphilosophie: Die Ergebnisse Ihrer Überlegungen sollten sich als Konsequenz in der Gestaltung und Anordnung des Mobiliars widerspiegeln! Mit der Positionierung des Mobiliars im Raum kann man die Wege des Besuchers vorgeben und eine bestimmte Atmosphäre schaffen – dies scheint selbstverständlich. Aber welche Regeln sind hier zu beachten?

Verkaufsgeschäft – Variante Marktplatz

Der Kunde soll sich frei bewegen und ungehindert umschauen. Nur bei Bedarf und zum Bezahlen wendet er sich an das Personal. Hier soll die Gestaltung unterstützen, dass der gesamte Laden der Warenpräsentation dient und vom Kunden auch möglichst vollständig abgeschritten wird. Maßnahmen:

  • Intuitiv bevorzugen die meisten Menschen das Linksherum-Gehen (wie beim Wettlauf in einem Stadion). Das bedeutet, dass sie sich nach Betreten eines Geschäftes meist zunächst nach rechts orientieren, sofern es keinen anderen offensichtlichen Anlaufpunkt gibt, und dann einen Bogen nach links beschreiben. Unterstützen Sie diesen Fluss, wenn Sie einen Raum gestalten, der zum Flanieren und Schauen einladen soll.
  • Leiten Sie die Kunden durch Möbelposition und evt. Bodenbelag tatsächlich durch den gesamten Laden, ggf. in Schlängellinien; vermeiden Sie tote Ecken.
  • Ein leicht wirkender Tresen, der sich parallel zum Weg, entfernt vom Eingang an den Kundenfluss anpasst, nimmt sich zurück und zeigt: Schauen Sie sich um, wählen Sie aus. Wenn Sie Hilfe benötigen, können Sie sich gern melden. Beachten Sie: Hintere Bereiche im Anschluss an den Tresen, insbesondere wenn der Platz vor diesem verengt ist, werden oft nicht mehr oder nur zögerlich begangen!
  • Sie können den Tresen auch ganz bewusst als Grenze zum Hinterland/ Technik/ Lager bzw. zwischen frei zugänglichen und vom Personal bedienten Waren anlegen.
  • Der Ort, an dem ein Ansprechpartner zu finden ist, also z.B. ein Tresen oder die Kasse, muss deutlich markiert sein! Dies kann u.a. durch Beleuchtung, kräftige Farben, Deckensegel, eine auffällige Form oder die exklusive Anbringung des Logos oder Firmennamens erreicht werden. Zonen, die für das Personal vorbehalten sind, sollten ebenfalls erkennbar abgegrenzt werden. Hier bieten sich Möglichkeiten durch einen Wechsel im Bodenbelag oder abgrenzende Wandscheiben.
  • Setzen Sie bei weitläufigen oder tiefen, schlauchförmigen Räumen und Nischen Blickfänge, die den Kunden stets weiter und auch in die hinteren Bereiche locken: große Farbflächen, helle Beleuchtung/Spots, Fotowände... Inszenieren Sie Sichtachsen! Unterstützend wirkt auch, die Höhe der Möbel von vorn nach hinten zu staffeln.
  • Achten Sie trotz allem darauf, dass das Personal den Laden vollständig überschauen kann und der Kunde sich nicht in einem Labyrinth von hohen Regalen verliert.

---NEUE-SEITE---Verkaufsgeschäft – Variante Exklusivität

Ihr Waren- bzw. Dienstleistungsangebot ist hochwertig und/ oder bedarf der Erläuterung und Handhabung durch beratendes Personal. Dies trifft z.B. auf Schmuckläden, Brillen- und Fotogeschäfte sowie den Elektrofachhandel zu. Sie wollen vermitteln, dass ein Verkaufsgespräch und das Betrachten der Ware unter Aufsicht üblich und erwünscht ist. Maßnahmen:

  • Der Tresen ist zentrales, gestalterisch hervorstechendes Möbelstück, relativ nah am Eingang und quer positioniert. Er wirkt als Barriere und signalisiert: Wenden Sie sich zuerst an das Personal, es wird Sie beraten und Ihnen weiterhelfen, freies Bewegen ist nicht erwünscht.
  • Die Sicht und der Weg zwischen Eingang und Tresen bleibt möglichst frei. Die Ware wird hauptsächlich an den Wänden entlang präsentiert. Der Innenraum des Ladens bleibt leer oder präsentiert nur wenige ausgewählte, ggf. durch Licht inszenierte Stücke in halbhohen Vitrinen oder auf Podesten.

Empfangs- und Beratungssituationen

In vielen Bereichen finden kürzere oder längere Beratungs- und Verkaufsgespräche statt. Spielen Sie die Möglichkeiten in Gedanken durch! Ist die Erläuterung im Stehen ausreichend oder wird das Gespräch im Sitzen geführt? Soll die Situation die Idee des Miteinander oder des Gegenüber ausdrücken? Hantieren Sie mit Ware oder Unterlagen? Wieviel Platz benötigen Sie dafür? Vereinbaren Sie Termine oder kann jederzeit ein neuer Kunde hinzustoßen? Was geschieht in dieser Situation?

  • Wenn Ihre Gespräche nicht exklusiv sind: Vermeiden Sie die Situation, dass der beratene Kunde abweisend mit dem Rücken zum Neukunden steht und das Personal verdeckt. Dies ist z.B. bei quer gestellten Tresen durch eine L-förmige Erweiterung möglich. Hier kann ein Kunde ggf. auch in Ruhe auswählen, wenn Sie auf einen zweiten Kunden eingehen.   
  • Ebenso problematisch ist es, wenn Sie aus einer sitzenden Beratungsposition neue Kunden begrüßen müssen. Wenn Sie kein zusätzliches Personal haben und diese Situation nicht vermeiden können, wählen Sie Barhocker und Tresen als Beratungstisch, so sind Sie mit dem Ankommenden auf Augenhöhe und können schnell reagieren. Es ist generell ungünstig, stehende Kunden im Sitzen zu empfangen. Auch hier sind erhöhte Sitzgelegenheiten sinnvoll, wenn man das stundenlange Stehen vermeiden möchte.
  • Denken Sie bei der Höhe eines Tresens daran, dass auch kleine, benachteiligte oder ältere Personen angemessen empfangen werden wollen. Vielleicht sehen Sie dafür einen zusätzlichen niedrigeren Teil des Tresens vor. Dies ist besonders in einer Arztpraxis sinnvoll.
  • Nur in wenigen Fällen wird es sinnvoll und angenehm sein, das Gespräch konfrontativ, mit einem großen Tisch als Barriere zu führen. Hier wird eine Distanz geschaffen, bei der sich der Kunde immer in untergeordneter Stellung befindet. Gemildert wird diese Konfrontation, wenn das Gespräch im Stehen und nur mit einem schmalen Verkaufstresen in der Mitte oder aber in einer bequemen Sitzgruppe mit niedrigem Tisch geführt wird. Bemühen Sie sich um ein Miteinander auf Augenhöhe! Angemessene, respektvolle Distanz und das Vermitteln von Kompetenz ist z.B. auch in einem Gespräch über Eck möglich. Runde oder ovale Formen ermöglichen flexibles Reagieren.
  • In manchen Bereichen scheinen diese Überlegungen nicht nötig zu sein. In einem Café oder Restaurant z.B. ist es allgemein üblich, das das Personal zum Tisch kommt und im Stehen die Wünsche aufnimmt. Aber bedenken Sie: Auch in einem Restaurant haben Gäste Fragen, möchten vorzeitig bezahlen oder nur kurz etwas nachfragen ohne sich zu setzen. Sehen Sie z.B. an der Kasse einen besonders hervorgehobenen Bereich vor, der nicht von Barhockern verstellt oder durch den Weg zur Toilette beengt wird. Besonders exklusiv wirkt Ihr Lokal, wenn es am Eingang einen Empfangsbereich gibt, der signalisiert: Hier werden Sie willkommen geheißen, platziert und beraten.

Begegnungen in Büroräumen

Die Gedanken aus den vorhergehenden Abschnitten spielen auch in Büroräumen eine Rolle. Hier finden Besprechungen nicht nur mit Kunden, sondern auch mit Kollegen oder Mitarbeitern statt. Gestalten Sie diese Situationen bewusst!

  • Ob am Empfang oder bereits im Büro: Der Hereinkommende sollte schnell erkennen, welcher Platz - zum Warten oder für das Gespräch - für ihn bereitgehalten wird. Ungünstig sind mehrere verschiedenartige Auswahlmöglichkeiten oder nicht einsehbare Wartebereiche. Wenigstens muss in diesen Fällen der Gast schnell auf den entsprechenden Platz hingewiesen werden, damit er nicht "dumm herumsteht". In Büroetagen mit mehreren Firmen ist ein gemeinsamer, stets besetzter Empfang wichtig!
  • In einem Büro dient der Tisch zum Arbeiten und ist häufig von Unterlagen bedeckt. Günstiger ist eine Erweiterung des Bürotisches oder besser ein separater Beratungstisch (der nicht als Ablage verwendet wird!). Es zeigt mehr Wertschätzung dem Gast gegenüber, wenn Sie sich erheben. Dazu zwingen Sie sich selbst, wenn Sie Ihren Bürostuhl nicht als Besprechungsstuhl verwenden und einfach "hinüberrollen".
  • Wenn möglich, ist ein separater Beratungsraum zu empfehlen. Das ist neutraler Boden, der stets aufgeräumt ist und keinen unbefugten Einblick in Unterlagen ermöglicht.
  • Vernachlässigt wird dies oft in Handwerksbetrieben. Immer wieder kommt es vor, dass Kunden in die Werkstatt kommen. Ein Akquisegespräch im Pausenraum der Belegschaft oder am Schreibtisch des Chefs neben den aktuellen Rechnungen macht keinen guten Eindruck. Überlegen Sie, ob und wie Sie eine neutrale Beratungs- und Präsentationsecke einrichten können.

Fazit
Die Raumaufteilung hat Auswirkungen auf den Kundenfluss und die Atmosphäre von Beratungs- und Empfangssituationen. Denken Sie vor der Renovierung und dem Möbelkauf darüber nach, versetzen Sie sich in Ihre Kunden hinein. Eine fachmännische Beratung und die vorherige Planung durch einen Innenarchitekten, der mit Ihnen bestimmte Situationen analysiert und die Gestaltung darauf ausrichtet, kann hilfreich sein.

Autor: Inga Schulze

Inga Schulze ist Mitgründerin des jungen Innenarchitekturbüros "raumdeuter" mit Sitz in Berlin-Kreuzberg. Die drei Diplom-Ingenieure Inga Schulze, Juliane Moldrzyk und Holger Beisitzer kombinieren hier ihre gestalterischen Fähigkeiten mit künstlerischen, organisatorisch-marketingtechnischen und theoretisch-wissenschaftlichen Interessen. Ihren Stil bezeichnen Sie als funktional-geradlinig mit einem gewissen Augenzwinkern.
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