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Interview mit Ernst Pfister

Baden-württembergischer Wirtschaftsminister Ernst Pfister im Interview

Der Mittelstand hat in Deutschland große Traditionen. Erfolgreiche Wirschaftspolitik heißt deshalb nachhaltige Politik für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). P.T. fragte den baden-württembergischen Wirtschaftsminister Ernst Pfister nach Stand und Perspektiven.

P.T.: Wenn ein Bundesland sich Mittelstandsland nennen darf, dann Baden-Württemberg. Das zeigt auch der Erfolg der Preisträger des „Großen Preises des Mittelstandes“. Wodurch zeichnen sich Ihrer Ansicht nach erfolgreiche Unternehmerpersönlichkeiten besonders aus?

Pfister: Ich bin der Meinung, dass allen Unternehmern, auch den vielleicht weniger erfolgreichen, in Wirtschaft und Gesellschaft eine bedeutende Rolle zukommt. Denn mit ihrem Unternehmergeist und ihrer Risikobereitschaft sind sie die Quellen des Wohlstands unseres Landes. Die wirklich erfolgreichen Unternehmer zeichnen sich durch starke Charaktereigenschaften, wie Bodenständigkeit, Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und ein notwendiges Maß an Gelassenheit aus. Sie wissen um die Bedeutung ihrer Mitarbeiter und, das halte ich für ganz wichtig, sie vergessen nie, wer ihnen in schwierigen Situationen geholfen hat.

P.T.: Der Begriff des dynamisch selbstregulierten Ökotops ist heute Allgemeingut. Selbstregulatorische Prozesse finden sich auch bei regionalen und nationalen Wirtschaftskreisläufen. Je lebendiger diese „Regiotope“ funktionieren, um so eher verkraften arbeitsplatzintensive KMU sogar krisenhafte Entwicklungen der Weltmärkte. Wurden diese regionalen Kreisläufe in Deutschland vernachlässigt?

Pfister: Zumindest für Baden-Württemberg kann ich diese Frage verneinen. Es ist ja so, dass die Unternehmen den Wirtschaftsstandort Deutschland bzw. Baden-Württemberg in erster Linie am jeweiligen örtlichen Standort erfahren. Wir legen deshalb großen Wert darauf, dass die verantwortlichen regionalen Akteure gemeinsam ihre Standortsituation analysieren und zu einer einvernehmlichen Bewertung der Standortfaktoren gelangen. Dem Engagement der Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskammern, der Regionalverbände, der Kreise, Städte und Gemeinden sowie der Forschungsinstitute, der Bildungseinrichtungen und der Unternehmen selbst messe ich hier eine sehr hohe Bedeutung bei. Eines muss aber auch deutlich gemacht werden: Wir können in einer globalisierten Welt nicht zurückkehren zu autarken, regionalen Wirtschaftskreisläufen.

P.T.: Inzwischen wächst das öffentliche Bewusstsein, dass nur im Mittelstand netto neue Arbeitsplätze entstehen. Bewirkt dieser Mentalitätswechsel, dass in den Schulen eine neue Gründergeneration heranwächst?

Pfister: Der Mentalitätswechsel allein bewirkt nicht, dass eine neue Gründergeneration heranwächst. Vielmehr ist es aus meiner Sicht die verstärkte Beleuchtung des Themas berufliche Selbstständigkeit in den Schulen. Deshalb bildet das Thema „Schule und berufliche Selbstständigkeit“ einen Schwerpunkt der in meinem Haus angesiedelten Initiative für Existenzgründungen und Unternehmensnachfolge – ifex.

Durch zahlreiche Maßnahmen tragen wir erfolgreich zur Förderung des Unternehmergeistes an den Schulen bei. In Schüler-, Junioren- und Übungsfirmen erfahren die Schülerinnen und Schüler, was es heißt, Unternehmer zu sein.

P.T.: "Think small first" lautet seit längerem eine wirtschaftspolitische Forderung der EU. Was sind die Hauptbarrieren und -chancen für eine konsequent mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik in Deutschland?

Pfister: Die Chancen und Barrieren für eine konsequent mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik in unserem Land hängen immer von den handelnden Akteuren ab. Diese wiederum werden vom Volk bzw. von der Gesellschaft über Wahlen zum Handeln beauftragt. Eine mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik, unter der ich eine Politik für mehr Freiheit und Eigenverantwortung verstehe, wird es also nur geben, wenn die Gesellschaft diese auch will.

Allerdings gibt es in Deutschland nach wie vor zwei unterschiedliche Strömungen. Es gibt die eine, die angesichts des Wettbewerbsdrucks durch die Globalisierung mehr staatliches Eingreifen und Dirigismus fordert. Und es gibt eben die andere, die sich zu Freiheit und Verantwortung bekennt und die sich den neuen Herausforderungen offensiv stellt. Mein Eindruck ist, dass letztere in unserem Land die Minderheit darstellt.

© P.T. Verlag & Co. KG

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