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Interview mit Christian Büning, Lernplakate.de

Lernen mit Format

In Münster gibt es ein Wohnhaus in dem sich 18 junge Leute miteinander eine Etage teilen. Das könnte ein bisschen eng werden, denken Sie? - Falsch gedacht, denn die jungen Leute, allesamt aus den kreativen Berufen, leben nicht dort, sondern arbeiten da. Einmal im Jahr, meist im November, wenn alle Buchmessen vorbei sind, dann ist Tag der offenen Tür in der Hafenstraße 64 und alle Illustratoren, Designer, Künstler und was es dort nicht alles gibt, stellen ihre Arbeiten aus. Nicht lange und man sieht einen flachsblonden, großen Burschen unter den Ausstellern. Der hat in den sparsamen Räumlichkeiten sogar einen kleinen Verlag untergebracht, den er mehr aus Verlegenheit, denn aus Ambition gegründet hat. Doch wenn man einmal dabei ist, dann macht es auch Spaß. Erfahren Sie mehr über Christian Büning, seinen Verlag für Lernplakate und wie es überhaupt so weit kommen konnte.

Christian Büning vor seinem Lernplakat zum Periodensystem. Christian Büning vor seinem Lernplakat zum Periodensystem.

förderland: Guten Tag Christian. Neben Deiner Arbeit als Informations-Designer hast Du dich entschlossen, einen kleinen Verlag für Lernplakate zu gründen. Erzähl uns doch bitte wie Du auf die Idee kamst!
 
Christian Büning: Die Lernplakate sind eigentlich eine Verlegenheitslösung, aber das weiß keiner. Die Shopbetreiber im Van-Gogh-Museum in Amsterdam wollten einen Entwurf aus meinem Studium anbieten, aber nicht selber herstellen. Also ließ ich eine Auflage drucken. Leider hat sich in der Zwischenzeit die Familie van Gogh entschieden, das Plakat doch nicht zu verkaufen. Ich wollte die schönen Plakate aber nicht einstampfen und hab sie kurzerhand selber im Internet angeboten. Das lief erstaunlich gut – und ich hatte einen Verlag. Einmal auf die Idee gekommen, fand ich schnell neue Motive. Auf der Frankfurter Buchmesse wurden an einem Stand Periodensysteme als Plakat verschenkt, die so lieblos gestaltet waren, dass ich selbst eins entworfen habe. Das Lernplakate-Periodensystem gibt es jetzt seit 2006 und hängt sogar in der TU Darmstadt im Hörsaal.
 
Rein technisch: Was ist das Besondere dabei, einen Verlag zu gründen – im Gegensatz zu einem konventionellen Unternehmen? Gibt es spezielle Anforderungen an den Gründer?
 
Büning: Ein Verlag  ist eigentlich ein Gewerbe wie jedes andere auch. Als einzigen Unterschied würde ich die Nähe zum Buchmarkt nennen. Die ISBN zu beantragen war aufregend. Danach hat es sich richtig nach Verlag angefühlt. Ich weiß nicht, ob Verlagsgründer anders sind als andere Gründer, da ich noch nicht so viele Unternehmen gegründet habe. Gründer von Verlagen sind wohl sehr eng mit ihrem Unternehmen verbunden im Vergleich etwa zu Immobilienmaklern oder Kartonherstellern. Das erhöht die Leidensfähigkeit aber auch den Spaß daran. Für mich ist der Verlag noch was anderes. Hier kann ich Marketing und Unternehmensidentität nicht nur als Designer planen, sondern in Echtzeit anwenden.

Wie kommt es üblicherweise zu einem Deiner Plakate? Kommen Leute mit einem speziellen Interesse auf Dich zu oder initiierst Du die Projekte meist selbst?
 
Büning: Bei sechs Plakaten von Routine zu sprechen wäre etwas voreilig. Zwei der Plakate sind Entwürfe aus dem Studium, die ich zu schade für die Schublade fand. Die anderen sind von mir ausgedacht und mit Leuten entwickelt worden, die was vom Inhalt verstehen. Für den Quintzirkel habe ich z.B. Ulrich Schultheiss an meiner Seite gehabt, der an der Uni Münster Musiktheorie lehrt. Erstaunlicherweise haben fast alle, die von dem Verlag hören oder Lernplakate sehen, sofort eine gute Idee, was man noch mal als Lernplakat machen könnte. Die Verlagsidee scheint also nicht ganz weltfremd zu sein. Mich interessieren vor allem naturwissenschaftliche Themen oder Soziologie.
 
Betreibst Du auch ein wenig Marketing für Deinen Verlag? Wie erfahren die Käufer von Deinem Angebot?
 
Büning: Das Van-Gogh-Plakat habe ich  in Foren angekündigt. Mittlerweile machen das manche Käufer sogar aus freien Stücken, was mir natürlich viel lieber ist. Dazu schalte ich jeden Monat Anzeigen über Google-Adwords. Hin und wieder gibt es Besprechungen in Zeitschriften. Bei der Bestellung fragen wir auch danach, wie die Kunden von den Lernplakaten erfahren haben. Die meisten stoßen zufällig auf die Seite und kaufen dann beim zweiten Besuch.
 
Weißt du eigentlich wer Deine Kunden sind? Aus welchen Gründen kaufen sie die Lernplakate?
 
Büning: Genau weiß ich das nicht, habe aber im letzten November ein Schlüsselerlebnis gehabt. Wir hatten einen sehr teuren Verkaufsstand in einer Mensa gebucht, in der viele Chemiestudenten essen gehen. Die Studenten haben sich sehr für das Periodensystem interessiert, aber wir haben in sechs Stunden kein einziges verkauft. Danach haben wir lange überlegt, woran das liegen  könnte und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Lernplakate für Leute sind, die ihr Metier als Kür sehen, nicht als Pflicht. Jemand, der das PSE lernen muss, wird keinen Wert auf die Form legen. Jemand, der Chemie liebt und gerne betreibt, wird nicht irgendein PSE an der Wand haben wollen, sondern eines, das auch den Inhalt wertschätzt. Die Lernplakate werden von Leuten gekauft, die ihr Metier sehr gut kennen und eine echte Leidenschaft für den Inhalt haben.
 
Kannst du uns schon erzählen, was Du Dir für die Zukunft überlegt hast? Könntest du Dir vorstellen das Sortiment zu erweitern? Vielleicht auch ein Angebot speziell für Schulen zu entwickeln?

 
Büning: Gerade habe ich einen Punkt erreicht, wo ich eine Entscheidung treffen muss. Die Lernplakate sind gewachsen  und brauchen immer mehr Zuwendung. Bisher habe ich viel alleine gemacht. Seit einem Jahr ist eine Teilzeitangestellte dabei, die sich um die Bestellungen und das Marketing kümmert. Ich würde die Lernplakate gerne weiter ausbauen und schaue mich deshalb gerade nach jemandem um, der mitmachen möchte.
 
Wofür würdest Du Dir gerne selbst ein Lernplakat machen, so dass Du es jeden Tag beim Arbeiten immer wieder vor der Nase hast?
 
Büning: Von Googles Such-Algorithmus natürlich (Scherz). Direkt danach kommt Evolution. Ich tüftele seit einiger Zeit an einer guten Darstellung für evolutive Vorgänge. Das Thema ist schön komplex und ich würde mir ein Bein abfreuen, wenn ich da eine schöne Darstellung hinbekomme. Dauert aber wohl noch etwas.
 
Was können Deine Lernplakate, was Wikipedia nicht kann?
 
Büning: Wikipedia zeigt einzelne Fakten. Ein Lernplakat zeigt ein Bild aus Fakten. Wo Wikipedia in die Tiefe geht, zeigt ein Lernplakat den größeren Zusammenhang.

Vielen Dank für das Interview, Christian.

Büning: Aber gerne!

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