EU-Recht

Bis zum 31. Dezember 1999 war die EG-Gruppenfreistellungsverordnung für Franchise-Vereinbarungen vom 30. November 1988 in Kraft. Der Erlass dieser stellte die Geburt des europäischen Franchise-Rechts dar.

 

Die EG-Gruppenfreistellungsverordnung wurde eingeführt, weil Artikel 81 des EG-Vertrages vorschrieb, dass Franchise-Vereinbarungen nicht geeignet sein dürfen, den Handel zwischen Mitgliedstaaten spürbar zu beeinträchtigen.

 

Eine Beeinträchtigung dieses zwischenstaatlichen Handelns liegt vor, wenn sich anhand der Gesamtheit der objektiven, rechtlichen oder tatsächlichen Umstände mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorhersehen lässt, dass sie unmittelbar oder mittelbar tatsächlich der Möglichkeit nach den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten in einer Weise beeinflussen kann, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes entgegenstehen.

 

Die EG-Kommission legte in der Gruppenfreistellungsverordnung für Franchise-Vereinbarungen fest, welche Regelungen in Franchise-Verträgen nicht als gegen Artikel 81 des EG-Vertrages verstoßend angesehen wurden.

 

Standen Franchise-Verträge mit diesen Festlegungen in Einklang, bedurften sie keiner besonderen Anmeldung bei der Kommission und somit auch keiner Freistellung im Einzelfall. Dies war jedoch erforderlich, wenn Franchise-Verträge Regelungen enthielten, die nach der Verordnung nicht freigestellt waren.

 

Wenn sich die Vereinbarungen im Einzelfall als unangemessen wettbewerbsbeschränkend erwiesen hatte die Kommission allerdings die Möglichkeit, den Vorteil der Anwendung der Gruppenfreistellungsverordnung für Franchise-Verträge zu entziehen.

 

Seit dem 1. Januar 2000 ist die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vertriebsvereinbarungen vom 22. Dezember 1999 in Kraft und löst damit die „alte“ EG-Gruppenfreistellungsverordnung ab. Die neue Verordnung läuft bis zum 31. Mai 2010, die für Franchise-Verträge und damit die Vortragsgestaltung insgesamt wichtigen Regelungen traten zum 1. Juni 2000 in Kraft.

 

Das Franchising erhält seit der neuen Verordnung keine Sonderbehandlung mehr, sondern wird in die Gruppenfreistellungsverordnung für alle Arten von vertikalen Vertriebsbindungen integriert.

 

Dabei enthält die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vertriebsbindungen in einigen Bereichen grundsätzliche Änderungen gegenüber der früheren EG-Gruppenfreistellungsverordnung für Franchise-Vereinbarungen.

 

Dadurch ist es notwendig geworden, dass bestehende Franchise-Verträge und Master-Franchise-Verträge abgeändert werden mussten. Des Weiteren mussten Vertragsmuster für zukünftige Verträge überarbeitet werden.

 

So ist in der neuen Verordnung keine Definition des Franchise-Begriffs mehr enthalten, identisch mit der alten ist allerdings die Definition des Know-how-Bergriffs.

 

Es wird nach wie vor als geheim und nicht allgemein zugängliches Know-how umschrieben, anhand dessen das Franchise-System zu identifizieren ist und das den Kerngedanken des Systems betont. Dabei wird die Bedeutung des Know-hows und somit der Transfer vom Franchise-Geber auf den Franchise-Nehmer noch mehr betont.

 

Auch bei der Handhabung des Gebietsschutzes gab es Änderungen. Dieser ist grundsätzlich möglich, der Franchise-Nehmer kann aber nicht mehr daran gehindert werden, außerhalb des ihm zugewiesenen Vertragsgebietes aktives Marketing zu betreiben.

 

Außerdem kann ein Franchise-Nehmer nicht daran gehindert werden, Produkte des Systems nach Vertragsende abzusetzen und ein vertragliches Wettbewerbsverbot kann nur noch für einen Zeitraum von fünf Jahren vereinbart werden (Ausnahme: wenn eine Untermietung mit dem Franchise-Geber abgeschlossen wurde).

 

Des Weiteren findet die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vertriebsbindungen keine Anwendung auf Franchise-Verträge, die folgendes bezwecken:

 

  • Festpreise und Mindestpreise.
  • Höchstpreise und empfohlene Preise, die auf Grund von Druck durch eine der Parteien in Wirklichkeit auf Fest- oder Mindestpreise hinauslaufen.
  • Beschränkung des aktiven Weiterverkaufs in Gebiete oder in Kundenkreise, die der Lieferant ausschließlich einem anderen Käufer zugewiesen hat, sofern diese Beschränkungen den unmittelbaren Käufer des Lieferanten auferlegt werden.
  • Beschränkungen des Weiterverkaufs an nicht zugelassene Händler.
  • Beschränkung des Weiterverkaufs von Waren oder Dienstleistungen, die zum Zwecke der Einfügung in andere Erzeugnisse geliefert werden.
  • Beschränkungen des aktiven oder passiven Weiterverkaufs an Verbraucher (mit Ausnahmeregelung bei einem mobilen Verkaufsstand).
  • Beschränkungen von Querlieferungen zwischen Wiederverkäufern innerhalb eines selektiven Vertriebssystems.
  • Beschränkung des Verkaufs von Ersatzteilen an unabhängige Reparatur- oder Dienstleistungsunternehmen, die zwischen dem Lieferanten der Ersatzteile und einem Käufer vereinbart werden, welche dieser zum Zwecke des Einbaus oder des Weiterverkaufs erwirbt.
  • Unmittelbare oder mittelbare Wettbewerbsverbote, welche für eine bestimmte Dauer oder für einen Zeitraum von mehr als 5 Jahren vereinbart werden (Ausnahme: die Waren oder Dienstleistungen auf die sich die vertikale Vereinbarung bezieht werden vom Käufer in Räumlichkeiten weiterverkauft, die im Eigentum des Lieferanten oder von diesem gemietet oder gepachtet worden sind).
  • Unmittelbare oder mittelbare Verpflichtungen, die Käufer veranlassen, Ware oder Dienstleistungen nach Beendigung der Vereinbarung nicht herzustellen bzw. zu erbringen, zu beziehen oder zu vertreiben, es sei denn, dass die Verpflichtungen:

a) sich auf Waren oder Dienstleistungen beziehen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen

b) sowie unerlässlich sind, um ein dem Käufer vom Lieferanten übertragenes Know how zu schützen

c) und spätestens ein Jahr nach Beendigung der Vereinbarung auslaufen, unbeschadet der Möglichkeit, Nutzung und Offenlegung von nicht allgemein bekanntem Know-how zeitlich unbegrenzten Beschränkungen zu unterwerfen.

  • Unmittelbare oder mittelbare Verpflichtungen der Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems, bestimmte Marken konkurrierender Lieferanten zu führen oder nicht zu führen.

 

Darüber hinaus gilt nach wie vor das Verbot jeglicher Preisbindung und die EU-Gruppenfreistellungsverordnung gilt nur dann, wenn die in der Verordnung genannten Marktschwellenwerte nicht überschritten werden.

 

Die EU-Gruppenfreistellungsvereinbarung für vertikale Vertriebsbindungen sollte dabei als Guideline bei der Gestaltung von Franchise-Verträgen sowie bei deren rechtlicher Überprüfung herangezogen werden.

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