<< Themensammlung Mittelstand

Insolvenz

Gläubigervergleiche zur Abwendung einer Insolvenz

Geht einem Unternehmer das Geld aus, befindet er sich also in einer Liquiditätskrise, sieht er sich mit Inkassomassnahmen, Lieferstopps, Vorauskasseforderungen sowie Insolvenzgefahr konfrontiert. Das ist unabhängig von der Krisenursache, sei es der Wegfall von Kunden, Probleme mit dem eigenen Produkt, ein hoher Forderungsausfall oder auch eine wirtschaftliche Rezession.

Kapital-Ersatz: Fehlt Kapital, können die aufgelaufenen überfälligen Verbindlichkeiten nur aus den zukünftigen Umsätzen getilgt werden. Als Alternative bleibt nur die Verwertung des Unternehmensvermögens durch eine Insolvenz, ein äusserst verlustreiches Verfahren für alle Beteiligten.

Die Gläubiger: Um eine langfristige Tilgung aus zukünftigen Erlösen zu ermög-lichen, müssen die Gläubiger zustimmen. Dabei ergibt sich aber ein entscheidendes Hindernis, weil die Gläubiger ‚im Recht’ sind und glauben, sie müssten nur genug Druck ausüben, um zu ihrem Geld zu kommen. In diesem Irrglauben wer-den sie von sämtlichen ‚Inkasso-Experten’ bestärkt. Tatsächlich ist das Gegenteil richtig, Inkassomassnahmen treiben den Schuldner nur in die Insolvenz und führen dort zu einer Anfechtung der mit grossem Druck erzwungenen Zahlungen.

Bei vielen Unternehmen führt deshalb die Liquiditätskrise entweder direkt in die Insollenz oder zu einem langen Siechtum.
 

Das Vergleichs-Controlling


Soll die Krise schnell, nachhaltig und ohne neues Kapital überwunden werden, bleibt als einzige Möglichkeit die Einigung mit den Gläubigern über Rangrücktritte, langfristige Stundungen oder Forderungsverzichte. Solche Gläubigervergleiche sind als Sanierungsmassnahmen hocheffizient, beseitigen die typischen Risiken bei Zahlungsproblemen, nützen Schuldnern und Gläubigern und vermeiden Insolvenzen.

Warum werden sie dann so selten erfolgreich eingesetzt?

Die Entlastung: Durch Stundungsvereinbarungen mit Laufzeiten von 1 Jahr und mehr oder durch Forderungsverzichte bis zu 70 Prozent wird der Schuldner sofort und entscheidend entlastet. Damit wird die mühsame Inkassophase beendet, Lieferbarrieren werden aufgehoben, das Verhältnis zu den Gläubigern entspannt sich und das operative Geschäft kann sich erholen.

Insolvenzvermeidung: Die Tilgung der Altverbindlichkeiten tritt damit vorübergehend hinter die Finanzierung des laufenden Geschäftes zurück, das damit langfristig die vollständige oder zumindest teilweise Tilgung der Altschulden ermöglicht. Eine Insolvenz wird auf diese Weise zuverlässig vermieden und das damit verbundene Risiko eines Totalverlustes für alle Betroffenen – Schuldner wie Gläubiger – beseitigt. 

Transparenz: Gläubiger werden einem Vergleich aber nur dann zustimmen, wenn ihnen die Notwendigkeit überzeugend nachgewiesen wird. Dazu müssen die Daten und Kennzahlen des Unternehmens durch einen externen Controller bestätigt werden und die Konsequenzen eines Vergleiches denen einer Insolvenz gegenübergestellt werden.

Das Vergleichs-Controlling: Damit ein Controller diese Vermittlungsfunktion überzeugend ausfüllen kann, muss er sich den Gläubigern gegenüber zur Objektivität und zur Unabhängigkeit verpflichten. Dann kann er aus den bei ihm hinterlegten Zahlen des Schuldners und eigenen Analysen Bestätigungen und Testate zur Unternehmenssituation erstellen, die glaubwürdig sind und die Gläubiger überzeugen.

Der Controller führt alle notwendigen Vergleichsverhandlungen, gewährleistet die Gleichbehandlung aller Gläubiger, berücksichtigt bestehende Sicherheiten und überprüft laufend die Angemessenheit der Tilgungszahlungen.

Sanierungsverlauf

Gläubigervergleiche sind kein Patentrezept mit Erfolgsgarantie für jeden Fall, sie sind aber in bestimmten Unternehmenssituationen die einzige Möglichkeit, eine Insolvenz zu vermeiden.

Der Vergleich: Das Vergleichsangebot mit dem konkreten Stundungs- oder Ver-zichtsvorschlag muss auf einem nachweislich belastbaren Sanierungskonzept be-ruhen und allen Gläubigern mit gleichem Inhalt übermittelt werden. Bei den Vergleichsverhandlungen werden sich abweichende Einzelvereinbarungen mit Gläubigern nicht vermeiden lassen und es ist die Kunst des Controllers, diese so in den Gesamtvergleich zu integrieren, dass dieser wirksam zustande kommt.

Die Lieferanten: Selbstverständliche Voraussetzung einer Sanierung ist die vollständige und pünktliche Bezahlung aller neuen Verbindlichkeiten. Deshalb müssen alle Leistungen nach Sanierungsbeginn beglichen werden und es obliegt dem Controller, die Lieferanten davon zu überzeugen, dass Vorauskasse nicht erforderlich ist.

Scheitern: Stimmen die Gläubiger dem Vergleich nicht mehrheitlich zu, wird allerdings eine Insolvenz unvermeidlich sein. Diese ist dann aber durch das Vergleichskonzept bereits so weit vorbereitet, dass die realistische Chance für eine Fortführung über das Gerichtsverfahren besteht.

Das Vergleichs-Controlling wird seit vielen Jahren von unserem Unternehmen durchgeführt. Es ist ein effektiver und sinnvoller Weg zur Überwindung einer Liquiditätskrise und zur Vermeidung einer Insolvenz.  

Autor: Dr. Ulrich Weistermann

Dr. Ulrich Weistermann ist Rechtsanwalt in München und seit über 20 Jahren im Bereich 'Sanierung und Insolvenz' tätig. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der proCon-treuHand GmbH in München. Die proCon-treuHand GmbH ist eine von Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten geführte Beteiligungs- und Treuhandgesellschaft, die seit dem Gründungsjahr 1991 innovative Konzeptionen für die Begleitung von Unternehmen in Krisensituationen entwickelt und perfektioniert hat. Der Tätigkeitsschwerpunkt liegt im Abschluss von Gläubigervergleichen zur Vermeidung von Insolvenzen.
Website des Autors

Sie wollen ein Angebot oder die gratis Teststellung für die Unterweisung?

88 E-Learnings zu den Herausforderungen der aktuellen Arbeitswelt