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"Refuse to Choose": Ein Ratgeber für moderne Universalisten

"Scanner" nennt Barbara Sher Menschen, die sich zwischen ihren vielen Interessen nicht entscheiden können und wollen. Für sie hat Sher ihren Ratgeber "Refuse to choose" geschrieben.

Wahrscheinlich kennt jeder Menschen, die sich einfach nicht auf eine Sache konzentrieren können: Menschen, die sich schwer tun, ein Studienfach zu wählen, zehn verschiedene Hobbies haben, alle drei Wochen etwas Neues entdecken, genauso oft aber auch wieder das Interesse an einer Sache verlieren. Üblicherweise hören solche Menschen den Rat, sich "doch einfach mal zusammenzureißen", oder bekommen gesagt, dass sie eben nicht alles haben können.

Die amerikanische Coaching-Autorin Barbara Sher ( » hier ihre Website ) ist der Ansicht, dass diese Menschen nicht an einem Defizit leiden, sondern einfach eine heute nicht mehr geschätzte Veranlagung haben: Sie sind Generalisten in einer Umwelt, die auf Spezialisten eingestellt ist. Ihr Buch "Refuse to choose" (deutsch: "Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast" ) ist Menschen mit dieser Disposition gewidmet. Dabei geht es nicht einfach "nur" um Interessen und Hobbies, sondern um Passionen, Berufungen und das Glück, das man darin finden kann, das auch tatsächlich zu tun, was man tun möchte - egal wie viele verschiedene Dinge das sind, und egal, ob es sich dabei um Hobbies oder Berufe handelt.

Externe und innere Widerstände

Der erste Teil des Buches beschäftigt sich allgemein mit dem Phänomen der, wie Barbara Sher sie nennt, "Scanner", mit typischen Problemen und einigen Strategien. Typische Probleme sind etwa die Erwartungen der Mitmenschen, zum Beispiel diejenige, nach dem Abschluss der Schule eine (und nur eine) Karriere zu ergreifen und dabei zu bleiben, überhaupt an Dingen festzuhalten, die man einmal angefangen hat, anstatt etwa neben dem Beruf noch Japanisch lernen, eine Kletterreise durch Nepal unternehmen, dreizehn verschiedene Programmiersprachen lernen und einen Roman schreiben zu wollen oder ständig neue Interessen zu entdecken, die nach zwei Monaten schon wieder passé sind.

Aber auch in der Person des Scanners selbst gibt es Widerstände. So neigen Scanner dazu, zu vergessen, dass morgen auch noch ein Tag ist. Sie können wie der Esel zwischen zwei Heuhaufen verhungern, weil sie zwischen mehreren Interessen so hin und her gerissen sind, dass sie sich auch für den Augenblick nicht entscheiden können, und oft fürchten, das eine lassen zu müssen, um das andere zu tun. Sich zu verpflichten, fällt Menschen, die schon ahnen, dass ihr derzeitiges Interesse an einer Sache vielleicht schon bald wieder vergangen ist, oft schwer, gerade wenn die Überzeugung, man habe sich auf eine Sache im Leben festzulegen, noch tief sitzt. Das sorgt schließlich dafür, dass sie ihre Interessen ungenutzt vorbeiziehen lassen und am Ende nichts von ihrer Begeisterung in die Tat umsetzen. Dabei bringt die Scanner-Veranlagung auch besondere Stärken mit sich: Scanner, so ist Sher überzeugt, haben einen neugierigen, kreativen und ungewöhnlich vielseitigen Geist.

Damit eben dieser Geist sich entfalten kann, gibt das Buch seinen Lesern eine große Kiste voll Methoden mit: Selbsterkenntnis-Übungen, um die Muster der eigenen Motivation zu verstehen, Methoden zur Zeit- und Projektorganisation, Strategien, um in Gang zu kommen, aber auch Dinge zu Ende zu bringen und "tote" Interessen loszulassen.

Zyklische und serielle Scanner

Scanner sind nicht alle gleich. Sher unterscheidet verschiedene Typen, die sich durch die Geschwindigkeit, mit der ihre Interessen wechseln, durch ihre Motivation und vor allem durch die Konstanz oder Wechselhaftigkeit ihrer Interessen auszeichnen; sie unterscheidet vor allem zwei große Gruppen: zyklische und serielle Scanner. Zyklische Scanner sind Menschen, deren Interessen im wesentlichen gleich wiederkehren. Statt dem ständigen Entdecken neuer Interessen steht bei ihnen das Kultivieren von mehreren Interessen im Vordergrund. Sequentielle Scanner dagegen entdecken immer wieder Neues, kehren aber nicht zu abgelegten Interessen zurück.

Den einzelnen Untertypen gibt Sher amüsante und meist bezeichnende Namen - "Double Agents" etwa sind Menschen, die zwischen zwei konstanten Leidenschaften pendeln, "Sampler" Leute, die eine Sache einmal erfahren wollen und dann damit abschließen; der "serielle Spezialist" kann sich jahrelang mit einer Sache beschäftigen, bis er das Gefühl hat, sie gemeistert zu haben. Der "Jack of all Trades" dagegen ist bei allen seinen Begeisterungen, die kommen und gehen, vor allem auf der Suche nach einem guten Leben. Für alle diese Typen schlägt Sher jeweils spezifische Strategien, Karriereoptionen, "Life Design Models", Motivations- und Planungsstrategien vor.

Coachingbuch mit bewährten Beispielen

"Refuse to choose" ist ein Coachingbuch und erfordert daher, wenn man es denn voll ausnutzen möchte, einiges an Arbeit, Geduld und (das dürfte Scannern schwer fallen) Durchhaltevermögen. Shers Übungen sind aber zum Glück spaßig, erkenntnisreich und zum Teil auch aus der Coachingpraxis bewährt, was durch die zahlreichen amüsanten Fallbeispiele glaubwürdig wird. Am wertvollsten ist das Buch nicht dort, wo es Empfehlungen zur Berufswelt gibt, sondern in den zahllosen Empfehlungen für Werkzeuge und Strategien, wie man mit seinen vielen Interessen umgehen kann.

Wer nicht bereits starke Generalisten-Tendenzen bei sich wahrnimmt oder von Menschen mit einer solchen Veranlagung umgeben ist, wird dieses Buch eher nicht brauchen; wer dagegen viel mit solchen Generalisten zu tun hat, sei es als Kollege, Tochter/Sohn oder Mitarbeiter, oder wer neugierig geworden ist auf seine eigene Vielfalt, dem sei "Refuse to choose" empfohlen.

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» "Du musst dich nicht entscheiden, wenn du tausend Träume hast" - das englischsprachige Original

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