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Arbeitszeugnis

Was Zeugnisformulierungen tatsächlich bedeuten

Überall wird gespart. Bei der Justiz führt die Einsparung von Richterstellen vielerorts dazu, dass existenzielle Gerichtsverfahren oft erst nach mehreren Monaten oder gar Jahren zu einer Entscheidung kommen. Umso ärgerlicher ist es, wenn manch Arbeitnehmer haarspalterisch Zeugnisstreitigkeiten führt, weil er hinter jeder Formulierung eine Geheimsprache vermutet. Auch die Richter sehen im Übrigen solche Verfahren nicht gerne, wie ein Beschäftigter leidvoll erfahren musste.

Zeugniscode anstatt Kaffesatzleserei (Foto: Joujou/pixelio)

Kein Anspruch auf Umstellung einer personellen Reihenfolge

Während sich ein Arbeitnehmer in Elternzeit befand, kam es zu einem Wechsel auf der Position des Abteilungsleiters. Nach seiner Rückkehr in den Betrieb beantragte er deshalb ein Zwischenzeugnis, das ihm der Arbeitgeber auch erteilte. Das Zeugnis enthielt u.a. die Formulierung „Sein Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten ist stets einwandfrei.“ Der Arbeitnehmer wähnte in dieser Formulierung einen negativen Zeugniscode. Er klagte deshalb auf Berichtigung des Zeugnisses.

Ohne Erfolg. Der Arbeitnehmer habe keine Anspruch auf Umstellung der Wortreihenfolge „Kollegen und Vorgesetzte“ in „Vorgesetzte und Kollegen“. Seine Behauptung, bei der beanstandeten Reihefolge handele es sich um eine negative codierte Zeugnissprache, sei nicht durch hinreichende Fakten belegt. Ein solcher Code sei dem Gericht nicht bekannt. Schlussfolgerungen aus der Reihenfolge zu ziehen, sei mangels anderer Anhaltspunkte nicht zwingend und gekünstelt.

LAG Köln, Urteil vom 30.08.2007, Az.: 10 Sa 482/07

Hier muss ein Zeugnis erteilt werden

Nach dem Gesetz hat der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss Angaben zu

  • Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) und auf Verlangen des Arbeitnehmers Angaben zu
  • Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis)

enthalten.

Zwischenzeugnis nur bei besonderem Grund

Einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis sieht das Gesetz nicht vor. Eine Verpflichtung zur Erteilung eines Zwischenzeugnisses kann aber bestehen, wenn der Arbeitnehmer einen triftigen Grund oder zumindest eine sachliche Begründung dafür hat, wofür er das Zwischenzeugnis benötigt.

Checkliste: Zwischenzeugnis

JANEIN
Hat im Arbeitsverhältnis ein Vorgesetztenwechsel stattgefunden?  
Steht beim Arbeitnehmer eine längere Arbeitszeitunterbrechung (z. B. durch Elternzeit, Wehrdienst oder Zivildienst) bevor?  
Benötigt der Arbeitnehmer das Zeugnis für eine neue Bewerbung?  
Hat Ihnen der Arbeitnehmer einen anderen triftigen Grund mitgeteilt, warum er das Zwischenzeugnis haben möchte?  

Fazit: Wenn Sie eine der Fragen mit Ja beantworten müssen, kann Ihr Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis verlangen.

Die Spielregeln der Zeugniserteilung

Bei der Erteilung eines Zwischenzeugnisses muten Ihnen die Gerichte einen Spagat zwischen Wahrheit und Wohlwollen zu. Bei einem Verstoß gegen die Wahrheitspflicht müssen Sie einerseits befürchten, sich gegenüber einem anderen Arbeitgeber schadenersatzpflichtig zu machen, andererseits dürfen Sie aber auch das berufliche Fortkommen Ihres Mitarbeiters nicht unnötig erschweren.

Geheimcode existiert nicht

Wegen dieses durch die Rechtsprechung verursachten Dilemmas sind Arbeitgeber dazu übergangen, statt verhalten negative Formulierungen, einschränkend positive Formulierungen zu verwenden. Dies wird häufig als „Geheimcode“ bezeichnet – ist es aber nicht. Die einschlägigen Ausdrücke sind weder geheim noch werden sie unter dem Ladentisch gehandelt. Personalverantwortliche sollten Sie jedoch unbedingt kennen.

So lesen Sie ein Zeugnis richtig

Zeugnissprache

Umschreibung durch ZeugnisspracheBedeutung der Bewertung/Hinweise
stets/immer zu unserer vollsten Zufriedenheitsehr gute Leistung
stets zu unserer vollen Zufriedenheit/zu unserer vollsten Zufriedenheitgute Leistung
stets zu unserer Zufriedenheit/zu unserer vollen Zufriedenheitbefriedigende Leistung
zu unserer Zufriedenheitausreichende Leistung
im Großen und Ganzen zur Zufriedenheitmangelhafte Leistung
war stets bemüht, seinen Aufgaben gerecht zu werdenungenügende Leistung
Auslassen wichtiger Angabenz. B. Ehrlichkeit bei Kassiererin (negativ)
besondere Betonung der Pünktlichkeitmeistens negativ
Hervorheben der Genauigkeitu. U. Hinweis auf langsames Arbeiten
Hervorheben der Schnelligkeitu. U. Hinweis auf ungenaues Arbeiten
besonderes Herausheben der Vertrauenswürdigkeitu. U. negativ
Betonung der Geselligkeit, die das Betriebsklima positiv beeinflusst hatAlkoholneigung (u. U. auch während der Arbeitszeit)
Wiederholung bestimmter Formulierungensoll den Wahrheitsgehalt einer Aussage dokumentieren


Redaktionsbüro Schneider

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