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Recht im Einkauf

Internationaler Kaufvertrag: Was ist zu beachten?

Es ist selbstverständlich geworden, auch im Ausland nach günstigen Anbietern für das eine oder andere Produkt zu suchen. Doch das vermeintlich günstige Angebot kann sich im Nachhinein als eine böse und kostenintensive Überraschung entpuppen. Damit Sie sich hier vorab schon absichern können, gilt es einiges zu beachten

Gilt automatisch das deutsche Recht? (www.thinkstockphotos.de) Gilt automatisch das deutsche Recht? (www.thinkstockphotos.de)

Stellen Sie sich vor, Sie haben durch Recherche im Internet einen günstigen Anbieter entdeckt, der das in Deutschland teure Material zu einem sehr interessanten Preis anbietet. Zusätzlich sind auch noch die Lieferzeiten etwas kürzer als bei Ihrem bisherigen Vertragspartner in Deutschland.

Kosten sparen im Ausland

Bisher waren Sie mit Ihrem Lieferanten immer zufrieden, aber jetzt sind Preiserhöhungen angekündigt und Sie müssen handeln. So haben Sie sich entschlossen, die Ware nun im Ausland einzukaufen, um so Kosten einzusparen.

Nach dem ersten Eindruck über das preiswerte Angebot treten jetzt aber dann doch noch Fragen auf, die Sie zuerst klären müssen:

  • Wie sind die Frachtkosten geregelt?
  • Welche Zollgebühren entstehen und welche besonderen Haftungsrisiken müssen abgesichert werden?
  • Wer trägt hier welche Kosten und welche Gesetze gelten in diesen Fällen?

Dies sind alles Fragen, auf die Sie noch vor dem endgültigen Vertragsabschluss unbedingt Antworten finden sollten, damit sich das vermeintliche Schnäppchen nicht als kostenträchtiger Flop herausstellt.

Grundsatzfragen zu Auslandsgeschäften

Auch wenn die Globalisierung weit vorangeschritten ist und die Grenzen innerhalb Europas nahezu vollständig gefallen sind, so finden Sie doch in jedem Land seine eigenen Gesetze und Vorschriften.

Grundsätzlich gilt nach wie vor: Nationales Recht geht vor EU-Recht – von Rechtsgeschäften mit Vertragspartnern außerhalb der EU ganz zu schweigen.

Experten-Rat

Beachten Sie bei Importgeschäften stets, dass in einem anderen Land regelmäßig die dort gültigen Gesetze gelten. Auch wenn Sie in Deutschland Ware bei einem ausländischen Vertragspartner einkaufen, heißt das noch lange nicht, dass bei diesem Rechtsgeschäft für Sie das deutsche Recht Anwendung findet. 

Achten Sie immer auf das vereinbarte Recht

Wenn Sie vorab im Kaufvertrag nicht rechtverbindlich vereinbart haben, welches (Landes)-Recht Anwendung findet, wird dies letztendlich ein Richter in dem Land entscheiden müssen, in welchem eine Klage über Streitigkeiten eingereicht wurde.

Es ist also von besonderer Bedeutung für Sie darauf zu achten, wie Sie Ihre Verträge gestalten.

Vertragsgestaltung als Pflichtübung

Bei der Vertragsgestaltung sollten Sie zu keiner Zeit deutsche Maßstäbe ansetzen. Nicht alles, was in Deutschland von Gesetzeswegen bereits geregelt ist und bei Verträgen zwischen zwei deutschen Kaufleuten nicht nochmals schriftlich mit aufgenommen werden muss, gilt automatisch auch in einem anderen Land als gegeben.

Besonderheiten bei der Vertragsgestaltung

Welche Brisanz die Unterschiede der verschiedenen Rechtssysteme haben, erkennen Sie, wenn Sie einzelne, nicht schriftlich fixierte Klauseln betrachten: Der Eigentumsvorbehalt, welcher das Eigentum der Ware bis zur endgültigen Bezahlung dem Verkäufer zusichert, existiert in der uns bekannten Form in vielen Ländern nicht.

Regeln Sie die Frage nach dem Gerichtsstand

Die Frage nach dem Gerichtsstand ist in vielen Verträgen nicht geregelt. Mit dem Gerichtsstand klären Sie aber von vornherein, welches Gericht in welchem Land über etwaige Unstimmigkeiten entscheiden soll.

Da diese Frage nicht nur aus rechtlicher Natur interessant ist, sondern auch aus finanzieller Sicht große Auswirkungen haben kann, sollten Sie diesen Punkt immer klären. Einen Prozess im Ausland zu führen, kann für Sie unter Umständen nicht nur bedeutend länger dauern, sondern auch beträchtliche Mehrkosten verursachen.

Empfehlenswert ist deshalb immer eine Gerichtsstandvereinbarung dahingehend zu treffen, dass Sie das für Sie zuständige Gericht Ihrer Wahl angeben.

Tipp

Schalten Sie bei der Gestaltung eines Vertrags mit internationalen Vertragspartnern am besten zu Beginn schon einen Juristen ein, der sich entweder auf das Recht des jeweiligen Lands spezialisiert hat, in welchem Ihr Geschäftspartner sitzt, oder suchen Sie gleich dort einen Anwalt, der Sie beraten kann.

So können die länderspezifischen Gesetze und Vorschriften am besten kombiniert und für beide Seiten unmissverständlich als Vertragstext festgeschrieben werden. 

UN-Kaufrecht

Da die Globalisierung immer mehr Vertragspartner aus verschiedenen Ländern zusammenführt, haben die Vereinten Nationen ein einheitliches Kaufrecht für internationale Warenverträge – kurz CISG genannt – verabschiedet. Bis zum Jahr 2007 haben bereits insgesamt 67 Länder zugestimmt, das sogenannte UN-Kaufrecht zu beachten.

Das CISG bietet Vertragspartnern aus unterschiedlichen Ländern eine Vertragsgrundlage, mit deren Hilfe sie für beide rechtsverbindliche Verträge leichter gestalten können.

Abweichungen von deutschen Bestimmungen

Da dem UN-Kaufrecht viele verschiedene Gesetzesbestimmungen unterschiedlichster Länder zugrunde liegen, weicht es selbstverständlich auch von den deutschen gesetzlichen Bestimmungen mehr oder weniger stark ab. Ein nicht unwichtiges Beispiel ist hier die Gewährleistung mit ihren Fristen, deren Bestimmung im CISG erheblich von den deutschen Bestimmungen abweicht.

Tipp

Sollten Sie sich dazu entschließen, das UN-Kaufrecht als Grundlage Ihrer Kaufverträge zu verwenden, sollten Sie zwingend schriftlich fixieren, ob Sie dieses Recht ausschließlich, in etwas abgeänderter Form oder sogar nur in Teilen verwenden möchten.

UN-Kaufrecht greift nicht automatisch. Auch wenn die Länder der Anwendung dieses Rechts durch ihre Unterschrift zugestimmt haben, müssen Sie es individuell vereinbaren.

Eigene AGB mit Klauseln für Auslandsgeschäfte

Wenn Sie bereits über Allgemeine Geschäftsbedingungen verfügen, die Klauseln für Verträge mit ausländischen Vertragspartnern beinhalten, heißt das noch nicht, dass diese automatisch zum Vertragsbestandteil werden. Wenn Ihr Geschäftspartner beispielsweise in Norwegen sitzt, müssten Sie ihm Ihre AGB auch in dessen Sprache zukommen lassen, bevor diese überhaupt Gültigkeit erlangen können.

Ein bloßes Übersetzen der AGB reicht in der Regel nicht aus. Lassen Sie auf jeden Fall nochmals einen Juristen aus dem jeweiligen Land die Übersetzung anschauen. Übersetzungsfehler oder gar im jeweiligen Land unwirksame Vertragsklauseln können vermeidbare Stolpersteine zu einem für beide Seiten befriedigenden Geschäft darstellen.

Liefer- und Zahlungsbedingungen: Wer zahlt was?

Bei Verträgen mit ausländischen Geschäftspartnern sollten Sie auch unbedingt die Frage nach den Lieferbedingungen genauestens geklärt haben.

Das gilt beispielsweise für die Frage, wer die Zollformalitäten erledigt, wer für diese Gebühren aufkommt, wer das Transportrisiko trägt, usw.

4 Incoterms-Gruppen mit ihren 13 Klauseln

Die Internationale Handelskammer in Paris hat bereits im Jahr 1936 die ersten internationalen Handelsklauseln herausgegeben, welche Vertragspartner verschiedener Länder als Grundlage nehmen können.

Die International Commercial Terms, kurz Incoterms genannt, bieten Vertragsformeln für den internationalen Handel, die vor allem die Liefer- und Zahlungsbedingungen betreffen. Diese eindeutigen Vertragsklauseln werden von den meisten nationalen Gerichten als Vertragsbestanteil anerkannt.

Gruppe D (Ankunftsklausel)

Diese Gruppe regelt, dass Gefahr und Transportkosten vom Exporteur bis zum Bestimmungsort (hier genaue Bezeichnung) übernommen werden. 

  • DAF – geliefert Grenze (genau bezeichneter Ort)
  • DES – geliefert ab Schiff (genau bezeichneter Ort bzw. benannter Bestimmungshafen)
  • DEQ – geliefert ab Kai (genau bezeichneter Ort bzw. benannter Bestimmungshafen) 
  • DDU – geliefert unverzollt (genau bezeichneter Ort) 
  • DDP – geliefert verzollt (genau bezeichneter Ort)

Gruppe C (Transport vom Verkäufer bezahlt)

Diese besagt, dass der Exporteur die Frachtkosten bis zum Bestimmungsort im Inland (hier genaue Bezeichnung) trägt sowie eine Mindestversicherung für den Transport abschließt. Der Importeur trägt das Risiko ab dem Zeitpunkt der Übergabe der Ware an den Frachtführer am Lieferort.

  • CFR – Kosten und Fracht (genau bezeichneter Ort bzw. Bestimmungshafen)
  • CIF – Kosten, Versicherung und Fracht (genau bezeichneter Ort bzw. Bestimmungshafen)
  • CPT – frachtfrei (genau bezeichneter Ort) 
  • CIP – frachtfrei, versichert (genau bezeichneter Ort)

Gruppe F (Transport vom Käufer bezahlt)

Diese beinhaltet Klauseln für die Fälle, in denen der Gefahren- und Kostenübergang am Lieferort auf den Importeur im Exportland direkt übergeht.

  • FCA – frei Frachtführer (genau bezeichneter Ort)
  • FAS – frei Längsseite Seeschiff (genau bezeichneter Ort bzw. Verschiffungshafen) 
  • FOB – frei an Bord (genau bezeichneter Ort bzw. Verschiffungshafen)

Gruppe E (Abholklausel)

Diese hingegen besagt, dass der Gefahren- und Kostenübergang bereits beim Verlassen der Ware vom Betriebsgelände des Lieferanten auf den Importeur übergeht.

  • EXW – ab Werk (genau bezeichneter Ort)

Incoterms müssen individuell vereinbart werden

Die Incoterms gelten nicht automatisch als Vertragsbestandteil. Sie müssen ausdrücklich in die Verträge aufgenommen werden. So müssen sie nicht nur ausdrücklich bezeichnet, sondern auch noch deren Fassung angegeben werden, da die Incoterms von der Internationalen Handelskammer in Paris in unregelmäßigen Abständen aktualisiert werden.

Die Incoterms werden in vielen verschiedenen Sprachen von der Internationalen Handelskammer zur Verfügung gestellt. Diese sollten unverändert übernommen werden – dies ist allerdings keine Unabdingbarkeit dafür, dass sie nicht auch abgeändert angewendet werden können.

Besondere Vertragsprüfungen

Den meisten Lieferungen im internationalen Handel stehen in der heutigen Zeit keine grundsätzlichen Hindernisse wie Transportkosten, lange Lieferzeiten oder gar sprachliche Barrieren mehr entgegen. Ob Sie Ware aus China oder aus Frankreich beziehen, macht keine großen Unterschiede mehr.

Sie sollten lediglich – wie auch bei Geschäften zwischen zwei deutschen Vertragspartnern – ein Augenmerk auf die Verträge (auch auf das Kleingedruckte) verwenden. So vermeiden Sie von Anfang an Missverständnisse oder gar ein böses Erwachen bei plötzlich auftretenden Problemen.

Markus Lemme
Markus Lemme hat langjährige und internationale praktische Erfahrung im Einkaufsmanagement. Er ist einer der erfolgreichsten Einkaufstrainer und Berater sowie Coach für viele Einkaufsabteilungen

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