<< Themensammlung Recht

Erbrecht und steuerliche Neuigkeiten, 2/2008

Einigung bei der Erbschaftsteuerreform

Stand des Gesetzgebungsverfahrens für eine Erbschaftsteuerreform - Vorläufige Festsetzung der Erbschaftsteuer - Testamentsvollstreckung: Längstmögliche Dauer.

Stand des Gesetzgebungsverfahrens für eine Erbschaftsteuerreform: Einigung!

Die erste Lesung des ErbStRG ist am 15.2.2008 im Bundestag erfolgt. Daraufhin wurde am 5.3.2008 eine öffentliche Anhörung vor dem Bundestagsfinanzausschuss durchgeführt. Im Zentrum der Kritik stand die Haltefrist von 15 Jahren bei der Begünstigung von Betriebsvermögen. Diese sollte nach Meinung der Sachverständigen und auch nach Stellungnahme des Bundesrates auf 10 Jahre verkürzt werden. Ebenfalls stimmte der Bundesrat am 15.2.2008 den Vorschlägen der Sachverständigen zu, den Verschonungsabschlag vollständig entfallen zu lassen, wenn die Frist nur geringfügig unterschritten wurde. Stattdessen sollte die Steuerschuld zeitanteilig erlassen werden. Weiterer Kritikpunkt war die Lohnsummenregelung.

Am 6.11.2008 hat sich die Regierungskoalition nun auf eine Reform der Erbschaftsteuer geeinigt. Nunmehr haben auch die Bundestagsfraktionen der Koalitionsparteien am 24.11.2008 dem Kompromiss zugestimmt. Der Bundestag hat am 27.11.2008 die Erbschaftsteuerreform in 2. und 3. Lesung mit breiter Mehrheit beschlossen. Die Zustimmung des Bundesrates ist in einer Sondersitzung am 5.12.2008 erfolgt.

Die Freibeträge für Ehepartner steigen auf 500.000 Euro, Kinder haben künftig einen Freibetrag von 400.000 Euro und Enkel einen Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro. Die Steuersätze betragen in der Steuerklasse I je nach Höhe des Vermögens zwischen 7 und 30 Prozent.

Der Streit hinsichtlich der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnimmobilie konnte beigelegt werden. Aufgrund der Reform sollen Ehepartner, eingetragene gleichgeschlechtliche Lebenspartner bzw. Kinder eine Wohnimmobilie steuerfrei erben. Hierfür besteht jedoch die Voraussetzung, dass der Erbe zehn Jahre in der Wohnimmobilie wohnen bleibt, ohne sie zu vermieten, zu verpachten oder zu verkaufen. Geht die Wohnimmobilie auf ein Kind über, darf diese eine Wohnfläche von 200 qm nicht überschreiten. Bei größeren Wohnflächen ist der Restbetrag zu versteuern.

Ebenfalls wurde der Streit hinsichtlich der Übertragung von Betriebsvermögen beigelegt. Kleinstbetriebe mit einem Vermögenswert von maximal 150.000 Euro unterliegen nicht der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer im Übergang.

Gemäß dem neuen Recht hat der Übernehmer von Betriebsvermögen ein Wahlrecht.

Bei Option A führt er den Betrieb mindestens sieben Jahre lang weiter und erhält einen Verschonungsabschlag von 85 Prozent. Für die Gewährung dieses Verschonungsabschlages müssen jedoch drei Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Der Betrieb muss mindestens sieben Jahre lang weitergeführt werden.

2. Der Erbe muss während dieser sieben Jahre insgesamt eine Lohnsumme von mindestens 650 Prozent der Ausgangssumme erreichen. Hat das Unternehmen in den letzten fünf Jahren vor Eintritt des Erbfalles beispielsweise 10 Millionen Euro an Löhnen ge-zahlt, muss der Erbe in den sieben Jahren der Fortführung insgesamt 65 Millionen Euro an Löhnen zahlen. Die Lohnsummenregelung findet jedoch nur Anwendung für Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten.

3. Das Verwaltungsvermögen darf höchstens 50 Prozent des Betriebsvermögens ausmachen.

Bei vorzeitiger Veräußerung des Unternehmens verringert sich die Erbschaftsteuersumme je Jahr der Betriebsfortführung um 14,28 Prozent (100 : 7).

Bei Option B müssen folgende Voraussetzungen für die Gewährung einer einhundertprozentigen Erbschaftsteuerbefreiung vorliegen:

  1. Das Unternehmen muss zehn Jahre lang fortgeführt werden;
  2. Die Lohnsummenklausel muss zu 100 Prozent erfüllt werden;
  3. Das Verwaltungsvermögen darf maximal 10 Prozent des gesamten Betriebsvermögens betragen.

Verkauft der Erbe das Unternehmen vorzeitig, verringert sich die Erbschaftsteuer je Jahr der Betriebsfortführung um 10 Prozent.

Werden innerhalb der Haltefrist Mitarbeiter entlassen, ist dies nicht steuerschädlich, wenn zum Ende des Sieben- bzw. Zehnjahreszeitraums wieder entsprechende Einstellungen vorgenommen werden.

Die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe werden gemäß der Erbschaftsteuerreform in die neuen Verschonungsregeln im Erbfall einbezogen. Beabsichtigt ist, Immobilien innerhalb eines Konzerns i. S. d. § 4h EStG und Grundstücke, die Dritten zur land- und forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen wurden, nicht als Verwaltungsvermögen einzustufen.

Der vielfach kritisierte Fallbeileffekt wurde beseitigt. Hiernach sollte bei Verstoß gegen die Haltefrist die Steuerbefreiung komplett wegfallen. Außerdem fällt eine Nachversteuerung nicht an, wenn ein Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten reinvestiert wird.

Bei der Bewertung von Unternehmen soll nun nicht mehr ein fixer Kapitalisierungszinssatz, wie ursprünglich vorgesehen, angesetzt werden. Vielmehr sollen Firmenerben zwischen einem branchenüblichen Verfahren mit den jeweils üblichen Zinssätzen oder einem vereinfachten Ertragswertverfahren mit festen Sätzen wählen können. Das Bewertungsrecht soll nun einheitlich im Bewertungsgesetz und nicht wie vorher mitgeteilt in separaten Verordnungen geregelt werden. Eine Vereinheitlichung wird angestrebt.

Inkrafttreten des Gesetzes ist der 1.1.2009. Das neue Recht ist auf alle Fälle nach Verkündung des Gesetzes anzuwenden. Es besteht jedoch für Erbfälle ein antragsgebundenes Wahlecht zur Anwendung des neuen Rechts für den Zeitraum vom 1.1.2007 bis zum Inkrafttreten der Neuregelung. Es besteht jedoch eine Einschränkung: In der Übergangszeit werden die bisherigen, niedrigeren Freibeträge für die Besteuerung herangezogen. Bei Schenkungen besteht im Gegensatz zu Erbfällen kein Wahlrecht. Hier ist das neue Recht bereits am Tag nach der Verkündung anzuwenden. Das Wahlrecht kann grundsätzlich bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung, längstens jedoch bis zum 30.6.2009 ausgeübt werden.

Erbschaftsteuer: Vorläufige Festsetzung der Erbschaftsteuer
(NWB-EN-Nr. 331/2008)

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 7.11.2006-1 BvL 10/02 (BStBl2007 II S.192) entschieden, dass die durch § 19 I ErbStG angeordnete Erhebung der Erbschaftsteuer mit einheitlichen Steuersätzen auf den Wert des Erwerbs mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Es hat den Gesetzgeber verpflichtet, spätestens bis zum 31.12.2008 eine Neuregelung zu treffen. Im Hinblick auf diese Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung sind aufgrund gleichlautender Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 10.3.2008 – S 0338 sämtliche Festsetzung der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer gemäß § 165 I 2 Nr. 2 AO) in vollem Umfang für vorläufig zu erklären. 

Testamentsvollstreckung: Längstmögliche Dauer
(BGH, Urt. v. 05.12.2007, IV ZR 275/06, ZEV 2008, 138)

Gemäß § 2210 BGB unterliegt die Fortdauer der Testamentsvollstreckung über 30 Jahre hinaus einer zeitlichen Begrenzung.

Sind seit dem Erbfall 30 Jahre verstrichen und soll die Verwaltung des Nachlasses nach dem Willen des Erblassers über 30 Jahre hinaus bis zum Tode des Testamentsvollstreckers fortdauern, verliert die Anordnung der Dauertestamentsvollstreckung ihre Wirksamkeit mit dem Tode des letzten Testamentsvollstreckers, der innerhalb von 30 Jahren seit dem Erbfall zum Testamentvollstrecker ernannt wurde.

Die Verwaltungsvollstreckung kann gemäß § 2210 II BGB länger als 30 Jahre dauern, wenn der Erblasser angeordnet hat, dass die Verwaltung

  • bis zum Tod des Erben oder
  • bis zum Tod des Testamentsvollstreckers oder
  • bis zum Eintritt eines anderen Ereignisses in der Person des Erben oder Testamentsvollstreckers

fortdauern soll. Reimann weist in seiner Anmerkung darauf hin, dass der BGH sich nun der in der Literatur nur von wenigen Autoren vertretenen Amtstheorie anschließt. Dies bedeutet, dass Testamentsvollstreckung nur dann gemäß § 2210 II BGB über die 30-Jahresfrist hinaus bestehen bleiben, wenn der Testamentsvollstrecker, gegebenenfalls auch der Ersatztestamentsvollstrecker, vor Ablauf von 30 Jahren seit dem Erbfall ernannt wurde.

Autor: Dr. Lutz Förster

Dr. Lutz Förster, Brühl, arbeitet seit 1996 als selbständiger Rechtsanwalt mit den Schwerpunkten Erbrecht und Stiftungsrecht. Er ist ein empfohlener Experte für Erbrecht, der zur optimalen Nachlassgestaltung berät und vertritt. Außerdem ist er auch als Referent und Autor tätig. Zu seinen Werken zählen "Stiftung und Nachlass, 3. Auflage 2010" und "AnwaltSkript Erbrecht, 4. Auflage 2012" sowie zahlreiche Fachveröffentlichungen.

Rechtsanwalt Dr. Lutz Förster
Kanzlei für Erbrecht und Stiftungsrecht
Pulheimer Straße 19
50321 Brühl
Tel.:02232 / 210511
Fax: 02232 / 210570
E-Mail: foerster@erbrecht-stiftungsrecht.de


www.erbrecht-stiftungsrecht.de

Frau überlegt beim Schreiben
Diese Regeln und Formulierungen helfen

Weiterlesen

Roter Hintergrund Mann mit Smarthone in der Hand
So geht's

Weiterlesen

Sie wollen ein Angebot oder die gratis Teststellung für die Unterweisung?

88 E-Learnings zu den Herausforderungen der aktuellen Arbeitswelt