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Arbeitsrecht

Betriebsbedingte Kündigung: Die Sozialauswahl

Betriebsbedingte Kündigungen scheitern oftmals daran, dass die erforderliche Sozialauswahl fehlerhaft war und die Kündigung dadurch unwirksam wurden. 

Die Kriterien der Sozialauswahl

Nach § 1 Abs. 3 S. 1 KSchG ist eine ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung sozialwidrig, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten sowie die Schwerbehinderung nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Es geht also um die Frage, ob dem richtigen Arbeitnehmer gekündigt wird. Wenn sich der Arbeitgeber z.B. entschließt, in einer Abteilung mit zwölf Mitarbeitern zukünftig nur noch zehn Mitarbeiter zu beschäftigen, weil die Auftragslage rückläufig ist, dann muß er zwischen den zwölf vergleichbaren Mitarbeitern dieser Abteilung die Sozialauswahl durchführen. Im Anschluss daran darf er die beiden Arbeitnehmer kündigen, die am wenigsten schutzwürdig sind.

Wer ist in die Sozialauswahl einzubeziehen?

Arbeitnehmer, die einem Sonderkündigungsschutz unterliegen wie Schwerbehinderte, Schwangere und junge Mütter, Wehr- und Zivildienstleistende sowie Betriebsräte sind von vorne herein nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen. Andererseits genießen Arbeitnehmer, die noch keine sechs Monate im Unternehmen beschäftigt sind, überhaupt keinen Kündigungsschutz. Sie können ohne weiteres und sogar ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.

Die Sozialauswahl bezieht sich auf alle vergleichbaren Arbeitnehmer des Betriebes. Nicht einzubeziehen sind also Arbeitnehmer, die in anderen Betrieben des Unternehmens oder desselben Konzerns beschäftigt werden. Vergleichbar sind Arbeitnehmer dann, wenn sie untereinander austauschbar sind, d.h., wenn sie ohne Vertragsänderung im Wege des Direktionsrechts allein durch eine Weisung des Arbeitgebers versetzt werden können. Die Austauschbarkeit setzt nicht die völlige Identität der Arbeitsplätze voraus. Sie liegt auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner bisherigen Aufgaben im Betrieb und hinsichtlich seiner beruflichen Qualifikation dazu in der Lage ist, die andersartige, aber gleichwertige Arbeit eines Kollegen auszuführen. Insofern hat es der Arbeitgeber in der Hand, durch eine eng- oder auch weitgefaßte Beschreibung der Tätigkeit im Arbeitsvertrag eine dem entsprechende enge oder weitgefaßte Sozialauswahl zuzulassen. Die Prüfung der Sozialauswahl erfolgt in drei Schritten:

Die Durchführung der Sozialauswahl

1. Im ersten Schritt ist zu ermitteln, welche Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen sind.

2. Im zweiten Schritt ist festzustellen, ob und ggf. welcher Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl rausgenommen werden kann.

3. Im dritten Schritt ist zu prüfen, welcher Arbeitnehmer nach den maßgeblichen Kriterien der Sozialauswahl am wenigsten schutzwürdig ist, also gekündigt werden kann.

Der Arbeitgeber hat bei der Gewichtung der Kriterien einen Beurteilungsspielraum. Denn es gibt keinen Bewertungsmaßstab, wie die einzelnen Kriterien zueinander im Verhältnis stehen. Die Sozialauswahl ist erst dann falsch, wenn der Arbeitgeber die Sozialdaten entweder nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Abs. 3 S. 1 KSchG).

Herausnahme von Arbeitnehmern aus der Sozialauswahl aus betrieblichem Interesse

Der Arbeitgeber ist berechtigt, einen oder mehrere Arbeitnehmer wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes aus der Sozialauswahl herauszunehmen. Es reicht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers für den Betrieb erforderlich ist.

Auskunftsrecht des Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, daß dieser die Gründe nennt, die ihn zu der getroffenen Sozialauswahl geführt haben. Der Arbeitgeber muss dann angeben, welche Arbeitnehmer er in die Sozialauswahl einbezogen hat, welche Auswahlkriterien er berücksichtigt und welche Gewichtung er ihnen beigemessen hat. Des weiteren hat er anzugeben, warum er einen oder mehrere Arbeitnehmer aus berechtigten betrieblichen Bedürfnissen aus der Sozialauswahl herausgenommen hat. Der Arbeitnehmer kann dann überprüfen, ob die durchgeführte Sozialauswahl korrekt oder fehlerhaft war.

Zusammenfassung

Die Beachtung der gesetzlichen Erfordernisse bei der Durchführung der Sozialauswahl ist von ganz erheblicher Bedeutung. Wird hier ein Fehler gemacht, so führt dies zur Unwirksamkeit der Kündigung und meist zu einer (hohen) Abfindungszahlung des Arbeitgebers.

Autor: Hans-Georg Rumke

Rechtsanwalt Hans-Georg Rumke (Google+), Fachanwalt für Arbeitsrecht und Dipl. Betriebswirt, ist seit mehr als 25 Jahren auf Arbeitsrecht spezialisiert. Er vertritt und berät sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer und Betriebsräte im In- und Ausland. Auf seiner Homepage bietet er vielseitige Hilfen rund ums Arbeitsrecht, so z.B. mehr als 160 Artikel zu arbeitsrechtlichen Themen.
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