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Unternehmensführung

Wettbewerb oder doch besser Spezialisierung?

Als Unternehmer setzen Sie sich kontinuierlich mit den Bedürfnissen und Wünschen Ihrer Kunden auseinander, beobachten den Markt und die Angebote, die dort gemacht werden. Eigentlich ist das doch ganz normal, oder?

Klar, denn Sie müssen ja wissen, welche Angebote der Wettbewerb macht, auf Sonderangebote oder Preisnachlässe reagieren. Schließlich hat ja kein Unternehmen eine Alleinstellung in seinem Markt, es gibt eine Vielzahl anderer Anbieter mit ähnlichen, gleichen oder sogar besseren Angeboten. Tatsächlich?

Nun, allzu oft ist das wirklich so. Es scheint heute in unserer transparenten und von schnellen Innovationen geprägten Wirtschaftswelt als Unternehmen praktisch nicht möglich, sich über das eigentliche Angebot dauerhaft vom Wettbewerb abzugrenzen. Jede noch so innovative Verbesserung des eigenen Angebotes wird kurzfristig vom Wettbewerb aufgenommen und nachgeahmt, zuweilen werden die Kopien dabei sogar besser als das ursprüngliche Original.

Dieses Phänomen betrifft nicht nur Großunternehmen, die dem mit entsprechenden Aufwänden für die Entwicklung und der Absicherung damit verbundener Rechte begegnen müssen. Hier ist es nur präsenter, man denke in diesem Zusammenhang nur an die Auseinandersetzung Apple – Samsung. Als Einzelunternehmer oder als Betreiber eines kleineren Unternehmens verfügen Sie nicht über solche Ressourcen, können einen solchen Wettbewerb nicht eingehen.

Allerdings haben Sie gegenüber Unternehmen wie Apple, die sehr breite Kundengruppen ansprechen müssen, um ihre Umsätze zu tätigen, ganz andere Möglichkeiten. Sie können sich mit Ihrem Angebot soweit spezialisieren, dass Sie nur noch wenige oder gar keine Mitbewerber – also kaum noch Wettbewerb – haben. Warum das geht?

Nun, Sie benötigen für Ihr kleineres Unternehmen letztendlich viel weniger Kunden als ein größeres Unternehmen. Wenn Sie aber nur vergleichsweise wenige Kunden brauchen, um die wirtschaftlichen Ziele Ihres Unternehmens zu erreichen, dann können Sie sich so perfekt wie möglich auf die Bedürfnisse Ihrer Kunden spezialisieren und diesen die auf deren Bedürfnisse bezogen beste Leistung anbieten. Nur: Das machen faktisch leider viel zu wenige Unternehmen.

Stattdessen versuchen die meisten Unternehmer, in einem viel zu großen Markt mit einem eher unspezifischen Angebot und unter Preiszugeständnissen so viele Kunden zu überzeugen, dass die Existenz oder das - oft minimale - Wachstum des Unternehmens gewährleistet sind.

Vielleicht erkennen Sie sich gerade wieder?

Zur Verdeutlichung das folgende einfache Beispiel: Stellen Sie sich ein Handwerksunternehmen vor, z.B. einen Maler. Dieser bietet Maler- und Tapezierleistungen und verlegt Fußböden. Aus Kundensicht ein weitgehend austauschbares Angebot, für die es viele vergleichbare Mitbewerber gibt. Für Malerleistungen trifft der Kunde seine Kaufentscheidung nach entsprechenden Vergleichsangeboten sehr stark über den Preis. Unser Malerunternehmen und seine Mitbewerber stehen also unter einem starken Preisdruck und erzielen eher geringe Margen.

Denken Sie nun an eine alte, vielleicht schon leicht gebrechliche Dame, die ihr Wohnzimmer - eigentlich bereits seit Jahren - neu ausmalen lassen möchte. Bislang scheiterte das Vorhaben weniger an der Verfügbarkeit eines Malers – davon gibt es ja genügend -, sondern vielmehr daran, dass sie ihr üppig möbliertes Wohnzimmer hätte ausräumen müssen und zwar inklusive der großen Eichenschankwand nebst Inhalt. Eine Situation, wie sie gar nicht so selten vorkommt.

Würde der Maler sein Leistungsangebot nunmehr genau auf die Bedürfnisse dieser Kundin ausrichten, würde er nicht nur die originären Leistungen seines Gewerkes anbieten, sondern auch alle erforderlichen Arbeiten davor und danach. Also auch das fachgerechte Ausräumen, die Reinigung und das Einräumen der Wohnung. Wie viele Maler kennen Sie, die diese Leistung anbieten?

In diesem Falle würde die alte Dame genau die Leistung bekommen, die sie eigentlich braucht. Und der Maler aufgrund seines spezifischen Angebotes einen Auftrag, der für seine Wettbewerber unerreichbar ist. Voraussichtlich würde er dafür auch einen wesentlich besseren Preis erzielen können. Außerdem würde die alte Dame das Angebot des Malers im Kreise ihrer ebenfalls betagten Freundinnen weiterempfehlen, was mit hoher Wahrscheinlichkeit weitere Aufträge zur Folge hätte. Also spricht eigentlich alles für eben diese Fokussierung auf die spezifischen Bedürfnisse von Kunden, die die gleichen Bedürfnisse wie die alte Dame haben. Eigentlich?

Ja, denn diese Spezialisierung geht auf emotionaler Ebene mit der - rational praktisch nie begründbaren - Angst vor Verlust und Mangel einher. So könnte unser Maler z.B. befürchten, nach einer Spezialisierung auf die Bedürfnisse von Senioren einen Großauftrag für das Ausmalen eines städtischen Schulgebäudes nicht mehr zu erhalten. Er weiß zwar, dass er diesen Großauftrag bereits vor seiner Spezialisierung aufgrund der im Rahmen einer weiträumigen Ausschreibung üblichen Dumpingpreise ohnehin nicht wirtschaftlich hätte ausführen können. Aber dennoch kann sich im Gedächtnis das Gefühl von Verlust breitmachen, das vielen Unternehmern den Mut nimmt, den sinnvollen Schritt der Spezialisierung zu gehen.

Vielleicht sind Sie mit Ihrem kleinen Unternehmen bereits hochspezialisiert auf die Bedürfnisse ihrer Kunden. Dann hat das Beispiel unseres Malers Sie in Ihrer Strategie bestätigt. Möglicherweise sind Sie aber auch nachdenklich geworden, weil Ihnen klar geworden ist, dass Sie Ihr Unternehmen viel stärker auf die weitgehend homogenen Bedürfnisse einer Zielgruppe fokussieren sollten. Und das, obwohl diese Strategie, die sicher zu besseren Resultaten führt, auch etwas Überwindung braucht.

Ich wünsche viel Erfolg bei der Entwicklung dieser Strategie und der Konzeption und Realisierung der entsprechenden Maßnahmen.

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