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Arbeiten frei von Zeit und Raum

Virtuelle Kooperation

Früher war die Zusammenarbeit in internationalen Teams mit langwierigen Reisen und dementsprechenden Kosten verbunden. Im Zuge moderner Kommunikationstechnologien erübrigt sich das – virtuelle Kooperation lautet das Stichwort. Gunnar Berning erläutert in seinem Fachbeitrag die Vor- und Nachteile der virtuellen Kooperation.

Vorab eine kurze Definition des Begriffs virtuelle Kooperation: Damit ist die Arbeitsteilung zwischen Personen gemeint, die von verschiedenen Orten aus über verschiedene Kommunikationsmedien miteinander in Verbindung stehen. Die Mitglieder virtueller Teams, die sich aufgrund eines gemeinsamen Projekts zu einem Netzwerk zusammenschließen, sind räumlich verteilt und durch eine starke Heterogenität gekennzeichnet, da diese aus verschiedenen Kulturen und Organisationen kommen können.

Virtuelle Kooperation ist mittlerweile nicht nur großen und weltweit agierenden Unternehmen vorbehalten. Dem Institut für Mittelstandforschung zufolge haben rund 5.000 mittelständische Unternehmen in ausländische Betriebe investiert oder Standorte im Ausland errichtet. In solchen Fällen ist virtuelle Kooperation an der Tagesordnung.

Vorteile virtueller Kooperation

Flexibilität

Virtuelle Teams können jederzeit und ortsunabhängig zusammengestellt werden, Unternehmen haben dadurch einen weltweiten Zugriff auf Experten. Da Standortfaktoren keine Rolle spielen, kann das notwendige Personal stärker nach fachlichen Kompetenzen ausgewählt werden. Der aktuellen Problematik des Fachkräftemangels in Deutschland wird in diesem Fall effektiv entgegengewirkt. Zudem ermöglicht die flexible Einberufung des virtuellen Teams eine schnelle Reaktion auf Veränderungen des Marktes. Durch die weltweite Vernetzung von fachkundigen Experten werden dezentrale Informati-onen für alle zugänglich gemacht. Davon profitieren alle Mitarbeiter und letztendlich auch das Unternehmen. Der schnellere Informationsaustausch und verbesserte Wissenstransfer beschleunigt Geschäftsprozesse.

Der vereinfachte Zugriff auf Experten führt zu einer verbesserten Zielführung und Kundenorientierung. Die Kernkompetenzen der einzelnen Mitglieder ergän-zen sich und auf diese Weise wird das Innovationspotential erhöht.

Kostenvorteile

Das Lohnniveau differiert von Land zu Land sehr stark. Durch die Beschäf-tigung ausländischer Arbeitskräfte, beispielsweise aus Asien oder Osteuropa, können Unternehmen die Kosten bis zu 70 Prozent senken. Abgesehen von niedrigeren Lohnkosten, lassen sich auch durch andere Faktoren Einsparungen treffen: so entfallen sämtliche Reise- und Spesenkosten. Überseereisen oder kostenintensive Meetings werden hinfällig.

Nachteile virtueller Kooperation

Doch die Medaille hat zwei Seiten und so sind auch die Nachteile der virtuellen Kooperation nicht zu verkennen.

Kommunikation

Charakteristisch für virtuelle Kooperation ist die computergestützte Kommunikation. Aufgrund der Ortsungebundenheit sind die Teammitglieder ge-zwungen, den täglichen Austausch über moderne Medien zu führen. Das er-fordert von allen Teilnehmern einen sicheren Umgang mit Softwareprogrammen und Medien wie Skype oder MSN Chat. Desweiteren müssen alle die gleiche Sprache sprechen. In der Regel wird Englisch als Hauptsprache gewählt.

Die größte Schwierigkeit, die mit virtueller – im Sinne von computergestützter – Kommunikation verbunden ist, ist der verbale Austausch zwischen den Mitgliedern. Mimik, Gestik ebenso wie Emotionen lassen sich auf elektroni-schem Wege schlecht vermitteln. Missverständnisse schleichen sich schnell ein und verzögern oder behindern die gemeinsamen Zielvorgaben. Bedenkt man die kulturellen Unterschiede der Teilnehmer, sind Missverständnisse vorprogrammiert.

Identifizierung

Virtuelle Kooperation wird oftmals als anonym empfunden. Das natürliche Kollegenverhältnis stellt sich nicht ein, da sich die Mitglieder nicht treffen, soziale Kontakte und direkter Austausch sind eher die Ausnahme und finden in den seltensten Fällen statt.

Der Beitrag eines jeden ist oftmals unklar und nicht transparent. Das kann dazu führen, dass sich einzelne Teammitglieder schwer für ein Projekt motivieren können. Das Fehlen nonverbaler Kommunikation führt zu Fehlinterpretationen bestimmter Nachrichten. Das oftmals zeitverzögerte Kommunizieren, beispielsweise via Mail, tut sein übriges.

Grundregeln virtueller Kooperation

Beachtet man jedoch einige Grundregeln, lassen sich Probleme schon vorab aus dem Weg räumen.

Führung

Man muss die Abläufe genau planen, um die Zielführung der Kooperation festzulegen. Allerdings sollten Änderungen im Zeitplan integriert werden können. Um Eigeninitiative zu fördern und zugleich nicht die Kontrolle zu verlieren, müssen klare Ziele und Deadlines festgelegt werden. Es bedarf einer Atmosphäre, die Kreativität fördert und zugleich Raum für neue Ideen bietet.

Gute Teamführung zeigt sich vor allem bei der Konfliktlösung. Wie schon erwähnt, kann es gerade in virtuellen Teams schnell zu Missverständnissen kommen. Der Teamleiter muss eine Sensibilisierung für die Schwierigkeiten interkultureller und virtueller Kommunikation entwickeln. Nur so kann man Probleme frühzeitig erkennen und ihnen begegnen.

Motivation

Wenn man mit Mitarbeitern zusammenarbeitet, die sich nicht kennen und zudem aus verschiedenen Kulturen kommen, ist es wichtig, alle Teilnehmer in den Prozess einzubinden. In diesem Punkt kommt es vor allem darauf an, die Verbundenheit zwischen Mitarbeitern und Projekt herzustellen und Vertrauen aufzubauen. In konventionellen Teams entstehen diese Attribute durch das tägliche Miteinander. In virtuellen Arbeitsgemeinschaften müssen andere Kanäle gewählt werden. Beispielsweise kann ein spezieller Chat etabliert werden, in dem Mitarbeiter private Unterhaltungen führen können. Eine gemeinsame Gruppenkultur verbessert die Kooperation und letztlich das Er-gebnis. Eine Methode, die in Call-Centern bereits angewendet wird, ist die direkte Benachrichtigung. Sobald ein Ziel erreicht wurde oder ein Mitarbeiter besonders herausragende Arbeit geleistet hat, bekommen alle Mitarbeiter eine sofortige Benachrichtigung auf ihrem Bildschirm.

Das 4-Stufen-Modell virtueller Kooperation

Die Bertelsmann Stiftung hat ein interessantes Modell bezüglich virtueller Kooperation entwickelt. Dessen vier Stufen beschreiben sehr verständlich das Konzept.

Stufe 1: Aufbau und Konfiguration
In der ersten Phase geht es vor allem darum, Hauptziele des Projekts festzu-legen. Was will man erreichen und was soll das Endergebnis sein? Wichtig ist auch, den Zeitrahmen festzulegen. Die einzelnen Teammitglieder müssen wissen, wie lange sie am jeweiligen Projekt arbeiten sollen. Womit man schon beim zweiten wichtigen Punkt dieser Phase wäre: Die Auswahl der Teammitglieder. Die richtigen Mitarbeiter zu finden, auch wenn es nur für ein Projekt ist, bedarf Zeit und Geduld. Vor allem die weltweite Rekrutierung von Teammitgliedern ist sehr zeitintensiv. Damit geht auch die konkrete Aufgabengestaltung einher, welches Mitglied was machen soll.

Stufe 2: Start
In der Startphase muss das Team geschult werden. Konkrete Zielvereinbarungen ebenso wie gemeinsame Regeln, die für alle verbindlich sind, müssen getroffen werden.

Stufe 3: Regulation
In dieser Stufe sind vor allem die Projektleiter gefragt. Es geht um Führung und Coaching. Die Teammitglieder müssen wissen, wen sie im Problemfall ansprechen können und sollen. Genauso liegt es am Projektleiter, sein Team zu motivieren. Dazu gehört Controlling und Feedback für jedes Teammitglied.

Stufe 4: Optimierung
In der Optimierungsphase ist das Team bereits eingearbeitet. Jeder hat seine Aufgaben und seine Rolle im Projektablauf. Im Folgenden muss man die Personalentwicklung evaluieren und darauf achten, dass jeder in seiner Funktion das Beste leistet. Ist das der Fall, entwickelt sich auch das Team positiv.

Die Entscheidung für virtuelle Kooperation hängt von vielen Faktoren ab. Man muss die Vorteile und Nachteile virtueller Kooperation gegeneinander abwägen und nach unternehmerischen Kriterien beurteilen, ob virtuelle Kooperation das richtige Konzept ist.

Autor: Gunnar Berning

Gunnar Berning (Google+) ist Geschäftsführer und Gründer von twago.de, Deutschlands größter Online-Plattform für die Vermittlung von internationalen Dienstleistern im Bereich Progammierung, (Web-)Design und Unternehmensservice.

Vor der Gründung von twago zusammen mit Maria Lindinger und Thomas Jajeh beriet er als Projektleiter bei der Siemens AG Teile des Konzerns in Israel, Finnland, Singapur, Thailand und Indone-sien. Davor war er bei der Bertelsmann AG / Lycos Europe für die Produktenwicklung des Finanzportals verantwortlich und leitete den Aufbau eines Outsourcing-Centers in Bangalore/Indien.

Gunnar Berning ist bei twago für die Strategie und Produktentwicklung sowie Marketing und PR verantwortlich.

Kontakt:
twago GmbH
Gunnar Berning
030/275 94 812
berning.gunnar@twago.com
Website des Autors

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