<< Themensammlung Geschäftsführung

Chancen und Risiken: Privatrechtliche, steuerrechtliche und haftungsrechtliche Aspekte

Serie Unternehmensnachfolge - Teil V: Exkurs: Grundzüge der Erbschafts- und Schenkungssteuer

Natürlich können Unternehmen nicht bloß verkauft, sondern auch im Wege der vorweggenommen Erbfolge von einer Unternehmergeneration auf die nächste übertragen werden. Die vorweggenommene Erbfolge unterliegt ebenso wie die Schenkung oder die Erbfolge von Todes wegen der Erbschafts- und Schenkungssteuer.

Die Erbschaftssteuer erfasst die wirtschaftliche Bereicherung des Erben, die ihm aufgrund des Erbfalls zufließt. Das ist der nach § 12 ErbStG zu ermittelnde Wert des gesamten Vermögensanfalls abzüglich der nach § 10 Abs. 5-9 ErbStG abzuziehenden Nachlassverbindlichkeiten.

Die Erbschaftssteuer entsteht mit dem Eintritt der wirtschaftlichen Bereicherung, also dem Todestag des Erblassers. Dieser Zeitpunkt ist auch für die Wertermittlung maßgebend gemäß § 11 ErbStG. Wertsteigerungen oder Wertminderungen, die zwischen dem Zeitpunkt des Entstehens der Steuer und ihrer Festsetzung eintreten, bleiben bei der Wertermittlung außer Betracht Anteile an Kapitalgesellschaften sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen.

Gemäß § 11 (2) S. 2 BewG ist der gemeine Wert zu schätzen, sofern er sich nicht durch Verkäufe ableiten lässt, die jünger als ein Jahr sind. Diese Schätzung nimmt die Finanzverwaltung durch das Stuttgarter Verfahren vor. Dieses ist in Abschnitt 97 - 100 Abs. 2 der Erbschaftssteuerrichtlinien beschrieben, die allerdings als Verwaltungsanweisungen weder formelles noch materielles Gesetz sind. Sie sind lediglich durch die Verwaltung aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes zu beachten.

Beim Stuttgarter Verfahren wird der gemeine Wert, ausgehend von einem Vermögenswert und einem Ertragswert, geschätzt, die dann in einer Formel kombiniert werden, vergl. Abschnitt 97 - 100 Abs. 2 Erbschaftssteuerrichtlinien.

Als gemeiner Wert nach Stuttgarter Verfahren sind 68 von Hundert der Summe aus Vermögenswert und fünffachen Ertragsvomhundertsatz anzusetzen. Vermögenswert im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 2 Bewertungsgesetz ist der Wert des Betriebsvermögens der Kapitalgesellschaft zum Bewertungsstichtag.

Der Ertragswert ergibt sich aus dem zu versteuernden Einkommen der letzten drei Jahre vor dem Bewertungsstichtag, vergl.  R 99 Erbschaftssteuerrichtlinien. Der bereinigte Jahresertrag ist mit dem Nennkapital der Gesellschaft zu vergleichen, woraus sich der Ertragshundertsatz nach folgender Formel ergibt:

Ertragshundertsatz =     Ausschüttungsfähiger Ertrag x 100/
                                                   Nennkapital

Befindet sich im Nachlass ein Gewerbebetrieb oder ein Mitunternehmeranteil, so ist der Wert des Betriebsvermögens maßgebend für die ErbSt. Zu beachten ist dabei die Vereinfachungsregelung des R 39 ErbStR, wonach der Betriebsvermögenswert aus der zuletzt aufgestellten Steuerbilanz abgeleitet werden darf. Dabei sind bestimmte Korrekturen, z.B. zeitanteilige Gewinne, Entnahmen u.s.w. zu beachten.

Werden Betriebsvermögen und Anteile an Kapitalgesellschaften (aber auch LuF-Vermögen) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder von Todes wegen erworben, ist der Erwerb steuerbegünstigt, wenn entweder

inländisches Betriebsvermögen (§ 12 (5) i.V.m. 13 a (4) ErbStG), d.h.

  • ganzer Betrieb
  • Teilbetrieb
  • Mitunternehmeranteil
  • nicht aber einzelne Wirtschaftsgüter (!)

oder Anteile an Kapitalgesellschaften, sofern die Beteiligung mehr als 25 Prozent beträgt übergehen.

Es wird ein Freibetrag von 256.000 Euro für das gesamte begünstigte Vermögen gewährt, der übersteigende Teil wird nur mit 60 Prozent des nach oben genannten Grundsätzen ermittelten Wertes erfasst.

Geht das begünstigte Vermögen auf einen Alleinerben über, erhält dieser den vollen Freibetrag. Hat der Alleinerbe das begünstigte Vermögen aufgrund eines testamentarischen Vermächtnisses herauszugeben, entfällt anteilig der Freibetrag und auch der Wertabschlag zugunsten des Vermächtnisnehmers.

Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben. Der Freibetrag wird dann grundsätzlich zwischen den Erben im Verhältnis der Erbquote aufgeteilt. Haben die Erben das begünstigte Vermögen aufgrund eines testamentarischen Vermächtnisses herauszugeben, entfällt auch insoweit der Freibetrag und Wertabschlag zugunsten des Vermächtnisnehmers. Erhält nur ein Erbe aufgrund einer Teilungsanordnung begünstigtes Vermögen, wird auch in diesen Fällen der Freibetrag nach Erbquote aufgeteilt. Der Erblasser kann testamentarisch eine andere Aufteilung verfügen!

Schulden und Lasten, die mit befreiten Anteilen an Kapitalgesellschaften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, sind nur anteilig im Verhältnis des Vermögens zum Freibetrag abzugsfähig. In diesen Fällen mag es wirtschaftlich vorteilhaft sein, auf den Freibetrag nach § 13 a ErbStG zu verzichten, da der volle Schuldabzug zu einem günstigeren steuerlichen Ergebnis führen kann.

In welchem Umfang der Freibetrag den Erben eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft zugute kommt, hängt von der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages ab.

Wird die Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt und erhalten die Erben nur einen Abfindungsanspruch (so genannte Fortsetzungsklausel), kann der Freibetrag des § 13 a) ErbStG von den Erben nicht in Anspruch genommen werden.

Treten alle Erben in die Mitunternehmerstellung ein (so genannte einfache Nachfolgeklausel), erhalten sie den Freibetrag entsprechend ihrer Erbquote. Der Freibetrag wird nicht auf die Höhe des Mitunternehmeranteils begrenzt.

Wird nur ein Erbe als für die Nachfolge qualifiziert angesehen und tritt nur er in die Gesellschaft ein, während die anderen abgefunden werden ( so genannte qualifizierte Nachfolgeklausel), wird in der Ertragssteuer (Einkommensteuer) nur der qualifizierte Erbe erfasst. Erbschaftssteuerlich ist die qualifizierte Nachfolgeklausel ebenso wie eine Teilungsanordnung unbeachtlich, das heisst das Nachlassvermögen und dementsprechend der Freibetrag werden allen Erben nach der Erbquote zugerechnet.

Bei der vorweggenommenen Erbfolge bestimmt der Schenker über den Freibetrag, d.h. der Abzug erfolgt nur, wenn der Schenker im Steuerfestsetzungsverfahren eine diesbezügliche unwiderrufliche Erklärung abgibt. Gegebenenfalls hat der Schenker den Freibetrag unter mehreren Erben aufzuteilen. Der Schenker kann über den Freibetrag nur einmal und nur insgesamt verfügen, eine teilweise Inanspruchnahme ist ausgeschlossen.

Der Freibetrag von 256.000 Euro steht für das von der selben Person innerhalb von zehn Jahren übertragene Vermögen nur einmal zur Verfügung, der Verbrauch wirkt nicht nur gegenüber dem Ersterwerber, sondern auch gegenüber allen weiteren Erwerbern.

Der Freibetrag und der Wertabschlag entfallen mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit das Erbgut innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb unter bestimmten Voraussetzungen aufgegeben oder veräußert oder Überentnahmen getätigt werden.

In Teil IV der Serie dreht sich alles um "den Kaufreis". 

Autor: Christian Lentföhr

Rechtsanwalt Christian Lentföhr (SNP | Schlawien Partnerschaft

- Rechtsanwälte · Steuerberater · Wirtschaftsprüfer) ist sowohl Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht als auch Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Er kam über das

internationale Recht zum Handelsvertreterrecht, Vertriebsrecht,

Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht. Er hält Vorträge und

veröffentlicht Fachartikel zu aktuellen Fragen auf dem Gebiet des

Wirtschaftsrechts. Als Vorstands- und Beiratsmitglied kennt er auch die

unternehmensinterne Sicht von Verhandlungen.


Website des Autors

Sie wollen ein Angebot oder die gratis Teststellung für die Unterweisung?

88 E-Learnings zu den Herausforderungen der aktuellen Arbeitswelt