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Fachbeitrag

Prozessmanagement für Start-ups

Mit schöner Regelmäßigkeit geistert Prozessmanagement als Schlagwort durch Medien und Branchenkreise. Von den meisten Lesern wird es eher mit Konzernen oder zumindest größeren mittelständischen Unternehmen in Verbindung gebracht als mit einem kleinen, überschaubaren Start-up. Dass es trotzdem jeden noch so kleinen und "jungfräulichen" Unternehmer weiterbringen kann, möchten wir in diesem Artikel zeigen. Voraussetzung ist, das Thema sinnvoll, mit Bedacht und richtiger Erwartungshaltung anzugehen.

Durchblick im Begriffsdschungel

Im Zusammenhang damit tauchen die unterschiedlichsten Begriffe und Definitionen auf. Von Prozessmanagement ist die Rede, aber auch von Prozessoptimierung und Prozesscontrolling – und auch der Begriff Workflow Management taucht immer wieder auf.

Die am weitesten verbreitete Definition stellt Prozessmanagement als Überbegriff über das gesamte Themenfeld. Prozessmanagement fängt dabei damit an, sich überhaupt erst einmal zu überlegen, welche regelmäßigen Abläufe man denn im Unternehmen hat und wie man sie vernünftig organisieren kann. Dazu wird man diese Prozesse in irgendeiner Form dokumentieren, zum Beispiel in Flussdiagrammen, die wohl jeder schon mal in irgendeinem Zusammenhang gesehen hat.

Möchte man sein Unternehmen professioneller gestalten, ist der nächste Schritt, die Prozesse stärker zu strukturieren und zu optimieren. Prozessoptimierung ist also genau wie Prozessdokumentation (oder auch Prozessmodellierung) ein Element des Prozessmanagements, genau wie das Prozesscontrolling, das dazu dient, die Leistung von Prozessen zu messen – und damit auch den Erfolg einer Optimierung. Da, wo es sinnvoll ist, kann man anschließend überlegen, Abläufe ganz oder teilweise zu automatisieren oder, anders ausgedrückt, in Workflows umzuwandeln – hier befinden wir uns dann schon im sogenannten Workflow Management, einer weiteren Ausbaustufe, wenn das Unternehmen größer und die Abläufe komplexer werden.

Aber was sind eigentlich Prozesse?

Im Grunde ist alles, was wir regelmäßig tun, ein Prozess – angefangen vom morgendlichen "Aufsteh-Prozess", der die Morgentoilette, das Frühstück und vielleicht auch noch den Weg ins Büro umfasst und jeden Tag von neuem abläuft.

Auf ein Unternehmen bezogen bezeichnet man alle Abläufe, die (mehr oder weniger) regelmäßig erfolgen als Prozesse. In der Regel unterscheidet man dabei in Kern-, Führungs- und Serviceprozessen. Kernprozesse sind diejenigen Abläufe, die für das Unternehmen Wertschöpfung erzeugen, anders gesagt also "das Geld verdienen". Je nach Geschäftsmodell des Unternehmens können dies ganz unterschiedliche Dinge sein, zum Beispiel Abläufe auf einer Produktionsstraße, technische Beschreibungen der Kommunikationsströme innerhalb einer App oder auch die Transaktionsprozesse eines Online-Shops.

Serviceprozesse dagegen verursachen Aufwände und im Gegenzug dazu keine direkten Einnahmen, sind aber notwendig, um die Kernprozesse überhaupt leisten zu können. Darunter fallen Dinge wie das Recruiting neuer Mitarbeiter, die Bereitstellung der IT-Infrastruktur oder auch kaufmännische Prozesse (also alles, was zur Abwicklung von Buchhaltung und Finanzverwaltung zählt).
In den Führungsprozessen werden alle Management-Aufgaben gesammelt, die regelmäßig anstehen, beispielsweise Strategie-Reviews oder Qualitätsmanagement-Abläufe und die langfristige Personalentwicklung.

Prozesse sind doch nur etwas für große Unternehmen?

Eine weit verbreitete Meinung ist, dass Prozessmanagement für kleine Unternehmen noch nicht interessant ist und mehr Aufwand verursacht als es Nutzen bringt. In Wirklichkeit ist jedoch das Gegenteil der Fall. Auch ein Ein-Mann-Unternehmer wird seine Leistung in einer strukturierten Form erbringen, genauso wie er die immer gleichen Buchhaltungs-Prozesse erledigen und jeden Monat Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben muss. Im Grunde betreibt also jeder Unternehmer schon automatisch Prozessmanagement, ohne dass ihm das unbedingt selbst klar sein muss. Je bewusster sich jemand aber mit diesem Thema beschäftigt, desto mehr Möglichkeit hat er auch, in seiner Arbeit effizienter zu werden.

Das heißt aber nicht, dass man sofort zu unerschwinglich teuren Software-Tools greifen muss, um seine Prozesse greifbar zu machen. Im einfachsten Fall genügt dazu bereits Zettel und Stift – oder, etwas zeitgemäßer, Word, PowerPoint oder eine Excel-Datei. Die Devise heißt dabei: Klein anfangen! Für den Anfang genügt es, sich für Finanzabläufe einfache Checklisten anzulegen, auf die man immer dann zurückgreifen kann, wenn sie benötigt werden. Zudem hilft das auch bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter, denen damit von Anfang an schon eine relativ gute Arbeitsbeschreibung an die Hand gegeben werden kann.

Die Art und Weise, wie ein Startup seine Prozesse dokumentiert, richtet sich nicht zuletzt auch nach dem Zielpublikum. Bildet man Abläufe nur für die eigene Verwendung ab – sei es, um auf dieser Basis ein IT-Produkt zu entwickeln oder seine Kommunikationswege mit dem Steuerberater festzulegen – ist man grundsätzlich freier in der Wahl der Mittel. Möchte das Start-up aber die modellierten Prozesse Externen vermitteln und beispielsweise bei der Investorenansprache nutzen, sollte die Gestaltung natürlich entsprechend professioneller und standardisierter sein. Schließlich ist so eine Prozessdokumentation ein ideales Instrument, um gegenüber potenziellen Investoren Kompetenz in der Unternehmensführung auszustrahlen und gleichzeitig das eigene Produkt greifbarer zu machen.

Je mehr man sich damit beschäftigt, umso mehr Möglichkeiten ergeben sich und umso schneller und effizienter werden auch die Prozesse. Investitionen in das Prozessmanagement werden irgendwann ein fester Bestandteil der Budgetkalkulation sein, die sich am Ende in schnellerer und besserer Leistung und höherer Qualität auszahlen, was sich wiederum positiv auf den Ertrag auswirkt.

Aber wo anfangen?

Die ersten Fragen, die sich Gründer stellen sollten, gehören zu den Einfachsten: wie organisiere ich mich und meinen Tag? Welche Aufgaben muss ich erfüllen, um für meine Kunden die gewünschte Leistung zu erbringen und dafür die verdiente Vergütung zu erhalten? Welchen gesetzlichen Verpflichtungen muss ich regelmäßig nachkommen?

Unternehmer, die sich in ihrem Start-up damit beschäftigen, die ersten Prozesse aufzunehmen, sollten sich zuerst auf die einfachsten Möglichkeiten beschränken. Checklisten, Skizzen oder auch einfache Flussdiagramme eignen sich schon sehr gut zur Beschreibung der ersten Abläufe. Dabei empfiehlt es sich darauf zu verzichten, das komplette Unternehmen abzubilden, sondern stattdessen nur die wichtigsten Abläufe aufzunehmen.

Die beiden wichtigsten Bereiche sind dabei die wertschöpfenden Abläufe – also Herstellungs- bzw. Dienstleistungsprozesse, aber auch Rechnungslauf und Mahnverfahren – und die buchhalterischen Aufgaben – dazu gehören unter anderem die regelmäßige Buchung von Geschäftsvorfällen und die monatliche oder vierteljährliche Erstellung von Umsatzsteuer-Voranmeldungen.

Fazit: Einfach machen!

Die beste Empfehlung, die man Gründern, Start-ups und Jungunternehmen geben kann, lautet also: einfach starten, mit kleinen Abläufen beginnen und sich langsam vortasten. Mit der Erfahrung steigt langsam automatisch auch die Professionalität, niemand sollte sich also zu schade sein, sich über seine Prozesse Gedanken zu machen. Früher oder später wird das Thema in jedem Unternehmen zu Tage treten – je eher man beginnt, sich damit zu beschäftigen, desto besser.

Autor: Harald Schäfer

Harald Schäfer (Google+) ist Mitgründer und geschäftsführender Gesellschafter der Riometa GmbH. Riometa hat sich auf die umfassende Beratung im Bereich des Geschäftsprozess- und Workflow Managements spezialisiert und bietet neben Beratungsleistung auch unterschiedlichste Seminare, Trainings und Webinare aus diesem Bereich an.

Als junges, mit der Münchner Gründerszene verbundenes Unternehmen bietet Riometa Pakete speziell für Startups an, um gemeinsam mit Gründern möglichst von Anfang an die ersten Grundlagen im Prozessmanagement zu legen.
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