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Personalführung

Führung mit Anerkennung

Bekanntlich gehört sachlich nachvollziehbare Anerkennung zu den wichtigsten Bedürfnissen der menschlichen Natur. Obwohl Anerkennung keinen Pfennig kostet, verschaffen wir dem Mitarbeiter mit ihr Höhepunkte, die den Arbeitsalltag durchbrechen. Ein chinesisches Sprichwort sagt: Ein Wort der Anerkennung hält den Menschen warm drei Winter lang.

Dennoch sind immer wieder Äußerungen von Vorgesetzten zu hören wie:

  • Meine Mitarbeiter sollen durch Anerkennung nicht übermütig werden und sich auf ihren Lorbeeren ausruhen. Das sagt auch ein russisches Sprichwort: “Lob ist des Mannes Untergang”.
  • Wenn ich nichts sage, ist alles in Ordnung, das ist doch Anerkennung genug. Wenn jemand einen Fehler macht, melde ich mich schon.
  • Eine gute Leistung ist doch selbstverständlich. Dafür wird der Mitarbeiter schließlich bezahlt. Weshalb dann noch eine zusätzliche Lobhudelei?
  • Auch ich werde von meinem Vorgesetzten nicht gelobt. Weshalb soll es meinen Mitarbeitern besser gehen?
  • Wenn man Mitarbeitern den kleinen Finger reicht, ergreifen sie sogleich die ganze Hand und überschätzen künftig ihre Leistungen.

Auf den Punkt gebracht lautet die Devise mancher Vorgesetzten “Nicht kritisiert ist Lob genug”.

Wären diese Vorgesetzten sich selbst gegenüber ehrlich, würden sie vermutlich die Feststellung bestätigen, dass jeder von uns Erfolge besonderer Art benötigt: In den Augen anderer Menschen Anerkennung finden.

Anerkennung ist sowohl im Berufsleben als auch im Freizeitbereich eine überaus motivierende Kraft. Deshalb muss sie Mitarbeitern gegenüber deutlich herausgestellt werden. Schwerlich verstehen Mitarbeiter Bemerkungen ihrer Vorgesetzten, wonach das Fehlen von Kritik Anerkennung bedeute.

Kluge Vorgesetzte werden Anerkennung gezielt einsetzen und bei geschickter Nutzung dieses Führungsmittels die betrieblichen Ziele bei größerer Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter erreichen. Sie haben erkannt, dass Anerkennung im Gegensatz zur Kritik eine besonders dankbare Aufgabe für jeden Vorgesetzten. Sie wissen:

Anerkennung verschafft Erfolgserlebnisse

Diese sind wesentliche Voraussetzungen für eine dauerhafte positive Einstellung zur Arbeit und für das Erzielen optimaler Arbeitsergebnisse. Denn was uns Erfolg gebracht hat, das wiederholen wir gerne. Die Anerkennung selbst kleiner Fortschritte spornt zu weiteren Bemühungen an, die uns wiederum Anerkennung einbringen sollen.

Vor allem Berufsanfänger und unsichere Mitarbeiter benötigen der Bedürfnisbefriedigung "Anerkennung" in besonderem Maße. Hier wirkt Anerkennung als Hilfe - als "Entwicklungshilfe" - und sorgt vorrangig dafür, dass eine richtig ausgeführte Tätigkeit "stabilisiert" wird. Mit Anerkennung stärken Sie das Selbstvertrauen des Mitarbeiters. Dieses ist wiederum eine wesentliche Voraussetzung, um sich in der Arbeitswelt sicher zu fühlen und möglichst rasch Fuß zu fassen.

Wer allerdings konsequent auf anerkennende Worte gegenüber seinen Mitarbeitern verzichtet, wird eines Tages feststellen, dass in seinem Bereich kaum noch anzuerkennende Leistungen gebracht werden. Die Mitarbeiter haben es schließlich aufgegeben, sich durch besondere Leistungen auszuzeichnen.

Die gute Tat, die ungepriesen bleibt, würgt  tausend and`re, die Sie zeugen könnte. Shakespeare

Wie sollten Sie Anerkennung aussprechen?

Eine fertige "Gebrauchsanweisung" für Anerkennung oder für ein mehrstufiges Gesprächsmodell gibt es nicht. Beachten Sie jedoch die folgenden acht Merkpunkte, können Sie das Führungsmittel Anerkennung situationsabhängig und besonders wirkungsvoll einsetzen:

1. Anerkennung gelegentlich auch schwächeren Mitarbeitern aussprechen   

Anlässe für Anerkennung gibt es genügend. Sie brauchen Ihre Aufmerksamkeit nur auf die Augenblicke richten, in denen Ihre Mitarbeiter gute Ergebnisse erzielen, sich motiviert ihrer Arbeit zuwenden oder Routinearbeiten gewissenhaft ausführen. Wenn Sie Ihre Mitarbeiter dabei "erwischen, wenn sie es richtig machen" (Empfehlung des amerikanischen Unternehmensberaters Robert Townsend), ist der Moment gekommen, dem Mitarbeiter verdiente Anerkennung zu geben. Tatsächlich machen unsere Mitarbeiter doch nicht ständig Fehler, sondern nur selten und auch nur wenige. Dagegen arbeiten sie im Normalfall fehlerfrei, also so, dass sie ihr Soll erreichen.

Jetzt fragen Sie vielleicht: "Was, für normale, durchschnittliche Leistung soll ich auch noch anerkennende Worte verlieren? Ganz besonders gute, also vorzügliche Leistungen, ja, da bin ich schon zur Anerkennung bereit. "
Sicherlich ist es richtig, dass besondere Leistungen auch besonders mit Anerkennung zu belohnen sind. Fragen wir uns aber, was mit den Mitarbeitern geschieht, die tagein, tagaus befriedigende oder ausreichende Arbeitsergebnisse erzielen. Zu diesen im beruflichen Bereich eher "grauen Mäusen" zählt nach der Gauß`schen Normalverteilungskurve die Masse der Berufstätigen (circa 60 Prozent). Selbst in den Fällen normaler Arbeitsleistung sollte der Vorgesetzte hin und wieder Anerkennung aussprechen, um auch die schwächeren Mitarbeiter zu motivieren. Schließlich möchte jeder Mitarbeiter von Zeit zu Zeit ausdrücklich bestätigt wissen, dass die geleistete Arbeit den Anforderungen entspricht. Damit heben wir seine Arbeitsfreude und stärken seine Arbeitsmoral.

2. Anerkennung muss aufrichtig sein

Vor wahllos verteilter gleichmäßig mit der Gießkanne über alle Mitarbeiter ausgeschütteter Anerkennung ist zu warnen. Unangebrachte Anerkennung wird als Zweckmanöver durchschaut und verliert ihre Wirkung. Der Mitarbeiter hat ein ausgeprägtes Gefühl, ob eine Anerkennung nach dem Motto "Der Zweck heiligt die Mittel" gegeben wird oder ob die anerkennenden Worte auf konkreter Einschätzung der Leistung oder des Verhaltens beruhen.

Haben Sie Positives bemerkt, freuen Sie sich hierüber und geben dies auch über die Anerkennung zum Ausdruck. Thomas Mann stellte fest:

Niemand kann andere Menschen gut führen, wenn er sich nicht ehrlich an deren Erfolgen zu freuen vermag.

3. Anerkennung soll sich auf ein konkretes Leistungsergebnis beziehen
                       
Bei der Anerkennung wollen wir unklare Pauschalformulierungen und allgemeine Floskeln vermeiden. Dafür werden genaue und konkrete Angaben gefordert. Erkennen Sie nicht in Bausch und Bogen gute Arbeitsergebnisse an: "Mit Ihren Arbeitsergebnissen bin ich sehr zufrieden." Begründen Sie vielmehr: "Die letzten drei Präsentationen haben Sie ohne Pannen organisiert. Es hat alles einwandfrei geklappt."

Nennen Sie also Zahlen, Daten und Fakten, durch die Ihre anerkennenden Worte konkret und glaubwürdig werden. Dann erhält Ihr Mitarbeiter das Gefühl, die Anerkennung wirklich verdient zu haben.

4. Anerkennung ist genau zu dosieren

Wichtig ist, dass die Anerkennung im richtigen Augenblick in passender Weise erfolgt. Ein schablonenhaftes oder routinemäßiges Anerkennen hat zu unterbleiben. Große Lobhudeleien oder überschwängliches Bedanken sind fehl am Platze. Geben wir dem Mitarbeiter doch durch ein Lächeln, ein Kopfnicken, ein "gut gemacht", "vielen Dank", "gut so" oder "das Verkaufsgespräch war prima" zu erkennen, dass wir seine erfreuliche Arbeitsleistung zur Kenntnis genommen haben.

Hat der Mitarbeiter sein Soll aber erheblich übertroffen oder trotz schwieriger Bedingungen erreicht, sagen wir ihm, was an seiner Leistung besonders anerkennenswert ist. ---NEUE-SEITE---5. Anerkennung nicht in Gegenwart Dritter aussprechen

Anerkennung vor Dritten kann überheblich oder eitel machen. Da mit einer einem Kollegen ausgesprochenen Anerkennung häufig ein Vergleich mit eigenen Leistungen einhergeht, sind Kollegen nicht immer neidlos bereit, die erzielte Leistung als anerkennenswert zu betrachten ("Der ist auch nicht besser als ich"). Manche fühlen sich persönlich ungerechtermaßen zurückgesetzt, andere wiederum sind eifrig bemüht, dem mit Anerkennung beglückten Kollegen Steine in den Weg zu rollen - dem "Streber" soll "eins ausgewischt" werden. Dass das Arbeitsklima durch Anerkennung vor Kollegen erheblich beeinträchtigt werden kann, steht wohl außer Zweifel.

Eine Anerkennung in Gegenwart Dritter ist nur dann gerechtfertigt, wenn vor allen Mitarbeitern eine besondere Dankbarkeit ausgedrückt werden soll. Denken Sie hier an ein Arbeitsjubiläum oder an die Versetzung eines Mitarbeiters in den wohlverdienten Ruhestand. Die bei dieser Gelegenheit geäußerten positiven Wertungen werden von den Kollegen nicht immer ernst genommen, sondern als Bestandteil einer offiziellen Ehrung erkannt, so dass Neid und Missgunst kaum aufkommen.

6. Anerkennung soll sachorientiert sein

Anerkennung soll auf die Sache bezogen sein, nicht auf die Person des Mitarbeiters. Es ist entmutigend, vormittags persönlich gelobt und nachmittags persönlich getadelt zu werden. Wer von uns würde sich als Mitarbeiter nicht über die wechselnde Beurteilung seiner Person von einem Extrem ins andere wundern? Wird dagegen nur ein bestimmter sachlicher Aspekt anerkannt, so ist der Vorgesetzte durchaus frei, später auch sachlich Kritik zu üben:

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  9.00 Uhr   Sie sind ein gewissen-      Das haben Sie sehr zügig
                   hafter Mitarbeiter              bearbeitet
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 15.00 Uhr   Sie sind ein unzuver-       Den Brief an ... sollten
                   lässiger Mitarbeiter          Sie überarbeiten, denn...
---------------------------------------------------------------------------------------
                                    =                                    =
                   Wertung der Person        Wertung der Leistung
                   des Mitarbeiters               des Mitarbeiters
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7. Anerkennung soll unmittelbar nach einer guten Leistung gegeben werden

Gehören Sie auch zu den bedauernswerten Führungskräften, denen die tägliche Arbeit angeblich keine Zeit lässt, Anerkennung auszusprechen und die deshalb "wenn es sich gerade so ergibt" dieses Führungsmittel einsetzen? Bedenken Sie bitte, dass zu lange verzögerte Anerkennung vorenthaltenem Entgelt in der seelischen "Lohntüte" des Mitarbeiters gleicht. Nicht jeder Mitarbeiter harrt geduldig auf eine noch ausstehende verdiente Anerkennung aus. Mancher wird das Warten mit Resignation quittieren.

Bei der Anerkennung muss dem Mitarbeiter der Zusammenhang zwischen der geleisteten Arbeit und der Reaktion des Vorgesetzten erkennbar sein.

8. Anerkennung darf nicht mit Kritik verbunden werden

Wir können uns sicherlich die Situation vorstellen, dass ein Vorgesetzter in einem konkreten Fall Anerkennung geben, in einem anderen Bereich aber Kritik üben will. Hier sollte er Sensibilität walten lassen und die Führungsmittel Anerkennung und Kritik zeitlich voneinander trennen.

Die mit der Anerkennung verbundene wohltuende Wirkung würde sogleich eliminiert, wenn den positiven Vorgesetztenworten mahnende Hinweise bis hin zu harschen kritischen Worten folgen würden. Berechtigterweise würde dieses Vorgesetztenverhalten vom Mitarbeiter als "Zuckerbrot-und-Peitsche - Methode" abgelehnt.

Merke: Über Anerkennung fördern wir die Stärken unserer Mitarbeiter, mit fehlerhafter Kritik trampeln wir auf ihren Schwächen herum.

Auf den Punkt gebracht: Ein Tropfen Öl bewirkt mehr als ein Hammerschlag.

Autor: Hans-Jürgen Kratz

Hans-Jürgen Kratz (Google+) - Inhaber Personaltraining Kratz - ist nach langjährigen Führungsfunktionen in unterschiedlichen Bereichen seit 1995 hauptberuflich tätig als Trainer, Dozent und Autor. Seine Schwerpunkte: Mitarbeiterführung und Rhetorik. Er hat 21 Fachbücher sowie diverse Beiträge in Fachpublikationen veröffentlicht.
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