Herr Thönnessen, ein Investorengespräch ist ein wichtiges und möglicherweise lebensveränderndes Ereignis für einen Gründer. Worauf muss man bei der Vorbereitung auf ein Investorengespräch achten?
Felix Thönnessen: Es kommen viele verschiedene Dinge zusammen. Das wichtigste ist sicherlich den Investor zu kennen, zu wissen wer einem gegenüber sitzt. Stellen Sie sich vor, Sie sprechen den Namen des Investors falsch aus – damit hätten Sie schon verloren, bevor alles überhaupt begonnen hat.
Damit das Investorengespräch Struktur bekommt, sollte man darauf achten, dass man sich Ziele setzt wie „Diese Informationen will ich ihm während des Gesprächs liefern.“ Tut man das nicht, verschwendet man leicht viel wertvolle Zeit.
Wenn man eine Präsentation erarbeitet, ist es sehr wichtig die Flexibilität nicht zu vergessen. Keiner weiß wie das Investorengespräch verlaufen wird. Vielleicht will der Investor gar keine Präsentation, sondern lieber ein privates Gespräch unter vier Augen. Daher sollte man sich nicht auf einen vorgearbeiteten Plan versteifen. Außerdem verdeckt es die Authentizität des Gründers. Und da ein Investor meist nicht bloß in eine Geschäftsidee, sondern einen Gründer oder ein Gründer-Team investiert, ist es unbedingt notwendig, dass man vor dem Investor authentisch ist und leidenschaftlich sein Geschäftsvorhaben vorstellt.
Wie sollte meine Präsentation dann aussehen?
Felix Thönnessen: Das kommt darauf an welche Möglichkeiten sich für eine Präsentation bieten. Ist ein Beamer vorhanden, ein Whiteboard oder ein Flipchart? Wenn nicht, ist vielleicht ein Notebook oder ein Tablet sinnvoll, um die Präsentation am Tisch von Angesicht zu Angesicht mit Grafiken und Bildern zu unterlegen, etwas Abwechslung mit rein zu bringen und die Idee veranschaulichen zu können? Nach Möglichkeit sollte all das vorher in Erfahrung gebracht werden, um sich bestmöglich vorbereiten zu können.
Welche Rolle spielt gutes Selbstmarketing? Und was genau ist Selbstmarketing eigentlich?
Felix Thönnessen: Selbstmarketing ist die Vermarktung der eigenen Person, die Art und Weise wie man sich selber öffentlich darstellt und präsentiert. Sie spielt eine sehr große Rolle beim Investorengespräch. Nicht nur, weil jemand, der sich gut selbst darstellen kann auch seine Geschäftsidee gut präsentieren kann, sondern vor allem, weil Investoren in den Gründer selbst investieren. Unternehmen sind schließlich nichts anderes als Menschen. Umso besser ein Gründer sich selbst vermarkten kann, umso kompetenter wirkt er, und umso eher wird in ihn investiert.
Was sollte ich als erstes zur Vorbereitung tun?
Felix Thönnessen: Den Investor kennen lernen. Das ist meiner Meinung nach der wichtigste Punkt. Recherchieren Sie alles über ihn, was sie finden können. Sammeln Sie Informationen über den beruflichen Werdegang und auch Privates wie beispielsweise seine Hobbys. Wenn Sie beim Small-Talk zu Beginn des Gesprächs gleich „beiläufig“ seine insgeheime Leidenschaft ansprechen, fühlt er sich direkt wohl und die Atmosphäre entspannt sich umgehend. Das kann sehr helfen.
Wie gehe ich am besten vor und worauf muss ich achten, wenn es zu einer Verhandlung über die Investitionsbedingungen kommt?
Felix Thönnessen: Stärke zeigen ohne überheblich zu werden. Man darf keinesfalls die realistische Einschätzung des Geschäftsvorhabens verlieren und seinen persönlichen Vorteil als Ziel voranstellen. Schon vorher sollte man Verhandlungsszenarien durchspielen, um vorbereitet zu sein auf eine Diskussion dieser Art. Wichtig ist jedoch, sich weder klein machen zu lassen noch sich zu sehr aufzuspielen. Ohnehin ist so, dass wenn man während des Investorengesprächs bereits zu diesem Verhandlungspunkt gelangt ist, man sehr ähnliche Interessen hat. Diese in Einklang zu bringen, ist das Ziel beider Seiten. Also sollte man objektiv argumentieren, freundlich bleiben, lächeln und man wird sicherlich einen gemeinsamen Weg finden.
Sollte ich mich während des Investorengesprächs auf die „hard facts“ konzentrieren oder kann ich auch ausschweifen?
Felix Thönnessen: Das ist von Investor zu Investor unterschiedlich. Ich empfehle jedoch immer den persönlichen Faktor eines Gesprächs nicht zu vergessen. Nur hard facts zu nennen halte ich für wenig hilfreich. Dabei geht die Sympathie des Gründers verloren. Eher würde ich zu mehr Leidenschaft bei dem Investorengespräch raten. Der Investor muss auch sehen, dass der Gründer für sein Vorhaben lebt und bereit ist jegliches Engagement und unendlich viel Zeit in das Projekt zu stecken. Damit steht und fällt eine Gründung bekanntermaßen. Also ruhig mal ausschweifen und von der Geschäftsidee schwärmen.
Welchen Rat würden Sie einem Gründer abschließend für ein Investorengespräch mit auf den Weg geben?
Felix Thönnessen: Ehrlich und offen sein. Natürlich ist die beste Vorbereitung auf ein Investorengespräch Gold wert. Dennoch investieren Geldgeber vor allem in den Gründer selbst. Bleiben Sie also bei realistischen Werten, machen Sie aus einer Fliege keinen Elefanten, belügen Sie sich nicht selbst mit falschen Markt- und Wettbewerbsanalysen – und seien Sie offen, freundlich und authentisch. Dann sollte der „Löwe“ schnell gezähmt sein und Sie bei einer guten Geschäftsidee mit reichlich frischem Investmentkapital nach Hause gehen.
Diplom Betriebswirt Felix Thönnessen
Inhaber thoennessenpartner Unternehmensberatung für Existenzgründung, Förderung und Marketing
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