Produkt- und Markenpiraterie verursacht Schäden in Milliardenhöhe

Alles nur geklaut

Laut Schätzungen der Europäischen Kommission sind bereits sieben bis zehn Prozent der Produkte, die auf dem Weltmarkt kursieren, Plagiate und Fälschungen. Der volkswirtschaftliche Schaden der dadurch verursacht wird, ist immens. Jedes Jahr gehen so 200 bis 300 Milliarden Euro und mehr als 200.000 Arbeitsplätze verloren.


"Deutschland ist wegen seiner Innovationskraft eines der am meisten betroffenen Länder", betonte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries auf einer Veranstaltung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) in Berlin. "Ideen und Erfindergeist sind die Grundlagen für die technische Entwicklung und den wirtschaftlichen Fortschritt unseres Landes. Wir brauchen deshalb einen wirksamen Schutz des geistigen Eigentums," so Zypries weiter. Diesen Worten müssen Taten folgen.

Produktpiraterie den Kampf angesagt

Das Problem der Produktpiraterie ist kein neues. Bereits im Herbst 2003 setzte die Bundesregierung die Vorgaben der EG-Richtlinie zum Urheberrecht um, den so genannten „Ersten Korb“. In einem zweiten Schritt wurden nun im März dieses Jahres Regelungen festgelegt, die nicht zwingend durch die EU vorgeschrieben werden, sondern deren Ausgestaltung den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen werden.

Das Bundeskabinett segnete damit den so genannten „Zweiten Korb“ der Urheberrechtsnovelle ab. Darin dreht sich alles um die neuen digitalen Medien. Da diese besonders leicht reproduziert und benutzt werden können, wurde das Recht des geistigen Eigentums entstaubt und entsprechend den heutigen Anforderungen der Informationsgesellschaft erneuert. „Es geht um einen fairen Interessenausgleich zwischen den Kreativen, den Verwertern, der Geräteindustrie, den Nutzern sowie dem Kulturbetrieb und der Wissenschaft. Der Zweite Korb macht das deutsche Urheberrecht fit für das digitale Zeitalter“, betonte Zypries. 

Durch technische Schutzmaßnahmen sind der legalen Privatkopie bereits seit dem „Ersten Korb“ Grenzen gesetzt. So sind Kopien für den privaten Bereich nicht kopiergeschützter Werke prinzipiell weiterhin gestattet. Es ist allerdings untersagt, dabei einen vorhandenen Kopierschutz zu knacken. Die Zustimmung des Bundesrates ist hier nicht von Nöten. Das Gesetz soll Anfang nächsten Jahres in Kraft treten.

Empfindliche Geld- und Freiheitsstrafen

Ein unlängst vorgestellter Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission sieht bei Produktpiraterie Geldstrafen von 100.000 bis 300.000 Euro und Freiheitsstrafen von bis zu vier Jahren vor. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Strafmaßes ist, dass Produktpiraten vorsätzlich und in gewerblichem Ausmaß geschützte Produkte oder Marken reproduzieren und durch Verkauf in Umlauf bringen. Durch die Festlegung eines Mindeststrafmaßes geht der Kampf gegen den Diebstahl geistigen Eigentums in eine neue Runde. 

Diese härtere Gangart der Europäischen Kommission ist einfach zu erklären. In den letzten Jahren hat sich die Zahl von Vergehen auf dem Gebiet Produktpiraterie kontinuierlich gesteigert, kriminelle Vereinigungen haben sich gebildet, die dieses Geschäft professionell betreiben. Das ist nach Einschätzungen der Kommission darauf zurückzuführen, dass Produktpiraterie und –fälschung ein durchaus lohnendes Geschäft darstellt – hohe Gewinne, bei verhältnismäßig niedrigen Strafen. Das soll sich nun ändern. Die neue Richtlinie sieht dabei nur ein Mindeststrafmaß vor, über das die einzelnen Mitgliedstaaten nach eigenem Gutdünken jederzeit hinaus gehen können. Gleichzeitig dient die neue Richtlinie der weiteren Annäherung des Strafrechts der Mitgliedstaaten und zielt auf eine stärkere europaweite Kooperation bei der Bekämpfung der Produktpiraterie ab. 

Zweifelhafte Ehre – der "PLAGIARIUS"

Wer diesen Preis erhält, dürfte alles andere als glücklich sein. Mit dem Gewinn dieser Trophäe wird man offiziell als Plagiator entlarvt. Mit dem Negativpreis "PLAGIARIUS" werden jedes Jahr - im Rahmen der Frankfurter "Ambiente" - Menschen oder Unternehmen ausgezeichnet, die erfolgreiche Produkte nachahmen und sich so ungerechtfertigter Weise ein Stückchen vom Erfolgskuchen abschneiden. Der schwarze Zwerg mit der goldenen Nase wurde von Prof. Rido Busse entworfen, der sich 1977 selbst mit einem Plagiat seines Produktes konfrontiert sah. Um die Öffentlichkeit auf das Problem der Produktpiraterie aufmerksam zu machen, kreierte er den "PLAGIARIUS".

Bei den Einreichungen zum Wettbewerb zeichnete sich diesmal ein überraschendes Bild ab. Zwei Drittel der Plagiate wurden in Europa (davon ca. 50% in Deutschland) gefertigt oder abgesetzt. Nur ein Drittel kam aus China bzw. Südostasien. Eine Trendwende?

Branchenübergreifendes Problem mit steigender Tendenz

Selbst im digitalen Zeitalter beschränkt sich Produkt- und Markenpiraterie nicht allein auf CDs oder DVDs, sondern ist ein branchenübergreifendes Problem. Das Zollkriminalamt stellte vergangenes Jahr gefälschte Waren im Wert von 213,4 Millionen Euro sicher. Besonders lohnend scheint das Fälschen von Konsumgüter aller Art zu sein, die mit einem Warenwert von 104 Millionen Euro zu Buche schlagen. Ein Großteil der gefälschten Produkte – 35,8 Prozent – stammten aus der Volksrepublik China. Den Zahlen zufolge scheint der "Fälschermarkt" dort auf dem Vormarsch zu sein.  

Die Zahlen im Einzelnen

Warenart

2001

2002

2003

2004

2005

Textilien

12,0

18,3

12,4

24,4

13,5

Sportartikel

3,1

2,7

3,4

9,6

11,5

Computerzubehör/Bild-, Ton- und Datenträger

30,9

13,0

51,6

37,6

29,1

Automobilindustrie

0,5

0,9

0,04

0,8

0,8

Konsumgüter

38,8

27,1

47,0

32,9

104,0

Sonstiges

5,8

14,1

63,5

39,8

54,5

Gesamtsumme

91,1

76,1

177,94

145,1

213,4

 
Herkunftsland

2001

2002

2003

2004

2005

Tschechien

29,0%

11%

11,4%

3,6%

1,0%

Polen

13,6%

6%

10%

3,6%

0,6%

Türkei

7,0%

5%

9%

10,2%

8,7%

Thailand

12,6%

48%

24,9%

23,5%

10,2%

VR China

 

8,5%

12,9%

23,6%

35,8%

sonstige asiatische Länder
(Hongkong, Taiwan, Vietnam)

19,4%

4,3%

12,3%

9%

11,5%

USA

5,5%

3%

3,8%

8,4%

11,2%

sonstige Länder 12,9% 13% 15,7% 18,1% 21,0%
 

Quellen: ZKA/BMJ/EU-Kommission/plagiarius.com

© 2006 förderland

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