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Interview mit Wolfgang Rasspe-Dahmann

"Das Schicksal des deutschen Mittelstands hängt auch am Umgang mit Investitionen"

Durch die schlechte Auftragslage in den letzten Jahren können viele Investitionen nicht weiter finanziert werden – die Investition wird zum Liquiditätskiller. Das Streichen von Investitionen zugunsten besserer Liquidität birgt aber die Gefahr, die Wettbewerbsfähigkeit einzubüßen. Daher braucht es einen bewussteren Umgang mit Investitionen, sie müssen strategisch ausgewählt werden. Wie das funktionieren kann, erklärt Wolfgang Rasspe-Dahmann im Interview.

Wolfgang Rasspe-Dahmann Wolfgang Rasspe-Dahmann

förderland: Gibt es eine Kreditklemme für kleine Mittelständler und Kleinbetriebe der metallbearbeitenden Industrie?

Wolfgang Rasspe-Dahmann: Eine Kreditklemme entsteht dann, wenn die Kreditinstitute die Nachfrage nach Krediten nicht decken können und also Kredite nicht bewilligen. Das ist so noch nicht der Fall. Und trotzdem: 41 Prozent der Unternehmen kommen nur schwer an die notwendige Liquidität heran, und etwa jedes zehnte Unternehmen kann den Finanzierungsbedarf nicht decken.
Metallbearbeitende Betriebe haben gerade wieder mehr Aufträge in Aussicht, sie spüren die anziehende Konjunktur. Aber die Bank hält die Gelder knapp und genehmigt die Finanzierung von Aufträgen und Forderungen nicht – und erschwert damit die wirtschaftliche Erholung der Branche. Letztlich will aber auch die Bank ihre Kunden nicht verlieren und sie weiß auch, wie dringend der Unternehmer Aufträge braucht. Zwar sind Anforderungen an Sicherheiten und Dokumentation gestiegen, aber wer überzeugen kann, bekommt dennoch Kredit.

Die Kreditbewilligung ist also schwieriger geworden. Bei welchen Betrieben sind Banken denn besonders streng?

Rasspe-Dahmann: Das kann ganz unterschiedlich sein. Hängt ein Unternehmen von einer stark gefährdeten Branche ab, wird es problematisch. Ein Werkzeughersteller, der zum Beispiel ausschließlich für Automobilzulieferer produziert, wird von der Bank besonders kritisch beurteilt. Entscheidend sind aber immer auch betriebsspezifische Kriterien, Umsatzrückgang oder Stellenabbau etwa sind hinderlich für den Kredit. Tendenziell ist es umso schwieriger an Kredite zu kommen, je kleiner das Unternehmen ist.

In der Werkzeugbau-Branche zum Beispiel gibt es viele Kleinbetriebe und Mittelständler. Wenn es für kleine Unternehmen besonders schwierig ist, wie können sie dann vorgehen, um ihre Investitionen zu sichern und dennoch liquide zu bleiben?

Rasspe-Dahmann: Wer genau weiß, wie sein Unternehmen gerade da steht, ist klar im Vorteil. Deshalb ist es ganz wichtig, Bilanzen und betriebswirtschaftliche Auswertungen immer aktuell zu halten. Dann hilft es, die zukünftige Entwicklung zu planen. Vielen Branchen geht es inzwischen wieder besser, darunter auch einigen, in denen traditionell Kunden der Werkzeugindustrie angesiedelt sind: zum Beispiel die Luft-  und Raumfahrtindustrie, oder sogar die Automobilbranche. Daher kann sich der Werkzeugbauer auf eine höhere Auslastung als im vergangenen Jahr einstellen, dafür eine Annahme treffen und auf deren Basis Umsatz und Finanzen planen. Sind dann Investitionen in neue Anlagen oder Techniken erforderlich, integriert er die nötigen Ausgaben und die erwarteten Einnahmen in den Finanzplan und berechnet so lange Alternativen, bis der Plan stimmt und mit ausreichenden finanziellen Reserven gesichert ist.

Das betrifft eher neue Investitionsprojekte – wie sieht es mit den bestehenden aus, müssen Unternehmer auch die hinterfragen? Welche sollten sie nun weiterführen und welche nicht?

Rasspe-Dahmann: Auf jeden Fall sollten auch die laufenden Projekte genau geprüft werden und solche, die nicht oder nicht mehr in den Finanzplan passen, aufgegeben werden. Wer aber Investitionen streicht, die strategisch wichtig für die Zukunft des Unternehmens sind, bremst seine eigene Entwicklung aus und wird leicht vom Wettbewerb überholt. Deshalb ist diese Frage wirklich entscheidend.

Projekte, die unmittelbar und kurzfristig zusätzliche Erlöse bringen oder Kosten einsparen, sind jetzt ganz besonders wichtig. Das können kundenspezifische Werkzeuge sein, oder auch in Maschinen integrierte Mess-Einrichtungen oder Energie-Einsparungen. Weiterzuführen sind auch die Projekte, die das Unternehmen langfristig stärken, zum Beispiel neue Software, mit der Fertigungsaufträge noch flexibler und schneller erledigt werden können.

Was will die Bank wissen, um wichtige Investitionen auch jetzt zu finanzieren oder weiter zu finanzieren? Wie kann man gestiegenen Anforderungen begegnen?

Rasspe-Dahmann: Es geht bei Investitionen darum, auch in schwierigen Zeiten eine gute Kapitalverzinsung zu erwirtschaften – genau das will die Bank sehen. Der Unternehmer kann das zunächst anhand der Berechnungen zeigen und dabei auch begründen, warum die Investition diese Verzinsung nachhaltig einbringt. Wer dann die entsprechenden Kennzahlen fortlaufend dokumentiert, kann der Bank immer Auskunft über die Projekte geben.

Wie lässt sich das "Unternehmensrating" seitens der Bank für die Betriebe durch Investitionsmanagement verbessern?

Rasspe-Dahmann: Mit intelligenten Investitionen lässt sich ein Unternehmen für den Wettbewerb stärken – wer dies der Bank nachweist, verbessert sein Rating. Ein systematisches Investitionsmanagement sichert außerdem die termingerechte Einführung der Investitionen und verhindert Überraschungen auf der Kostenseite. Das spricht für gute Führung und verbessert das Rating.

Wenn bei der Bank nichts geht, wo könnte ein klammer Betrieb sich noch Geld beschaffen?

Rasspe-Dahmann: Möglichkeiten der Kapitaloptimierung sind zum Beispiel Sale-and-lease-back – das Verkaufen und zurück Mieten von Anlagen oder Immobilien, was die Liquidität sofort erhöht – oder Factoring, bei dem offene Forderungen an einen Finanzdienstleister abgetreten werden und somit schneller Kapital ins Unternehmen fließt.

Sind diese Möglichkeiten ausgeschöpft, können öffentliche Kredite und Bürgschaften weiter helfen: das kfw-Sonderprogramm etwa, Landesbürgschaften oder Bürgschaftsbanken. Dafür braucht das Unternehmen ein tragfähiges Konzept und etwas Zeit.

Vielen Dank für das Interview!

Wolfgang Rasspe-Dahmann war viele Jahre für Investitionen in produzierenden Betrieben verantwortlich - als Geschäftsführer und in verschiedenen Leitungsfunktionen. Heute begleitet der Diplom-Kaufmann mittelständische Betriebe bei ihren Investitionsprojekten.

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