Fachbeiträge

Franchising - Was ist das?

Franchise-Systeme dringen unaufhaltsam vor. Immer häufiger stellt sich die Frage: Franchising was ist das eigentlich?

Von Dr. Hubertus Boehm, SYNCON München

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet Franchising eine umfassende, arbeitsteilige und exklusive Kooperation zwischen selbstständigen Unternehmern - dem Franchise-Geber (FG) und mehreren Franchise-Nehmern (FN). Ziel ist ein größerer wirtschaftlicher Erfolg für alle Beteiligten. Franchising ist eine "Ehe" im Vertrieb. Das typische Feld ist der Mittelstand im Handel und Dienstleistungsgewerbe.

Im Wettbewerb mit expandierenden Giganten gerät der Mittelstand zunehmend in Bedrängnis. Deshalb sehen immer mehr mittelständische Unternehmer ihre Chance im Franchising. Franchising macht Kleine groß. Es verbindet die Vorteile der Größe des Filialisten mit den Vorteilen des engagierten mittelständischen Unternehmers - Marktnähe, Engagement und persönliche Kundenbindung.

Auf den ersten Blick ähneln Franchise-Systeme den Filialsystemen. Sie bilden marktweite Vertriebsnetze, verteilen die Aufgaben arbeitsteilig zwischen Betrieb und Zentrale, setzen für jede Aufgabe Spezialisten ein, koordinieren das Marketing zentral und treten im Markt geschlossen auf.

Der entscheidende Unterschied zwischen Filialketten und Franchise-Ketten liegt am "Point of Sale", dort wo das Angebot auf die Nachfrage trifft. Den Filialisten repräsentiert hier ein Angestellter, im Franchise-System steht dort ein selbständiger Unternehmer. Er hat viel investiert und sich mit seiner ganzen Familie ausschließlich dieser Aufgabe verschrieben. Für ihn gibt es keine Alternative. Er will und muss erfolgreich sein - unter allen Umständen.

Der Erfolg von Franchise-Systemen beruht auf "Unternehmens-Software". Sie umhüllt das eigentliche "Produkt" mit mehreren erfolgssteigernden "Schalen". Dazu gehört eine "Marketing-Schale", eine "Produktivitäts-Schale" und eine "Motivations-Schale". Diese "Verpackung" besteht aus einer Vielzahl kleiner, aufeinander abgestimmter Erfolgsbausteine. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Synergie - das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Das systematisch geplante und koordinierte Zusammenwirken der Partner in einem straffen und geschlossenen System bringt mehr als eine Gruppe von Einzelkämpfern.

Ein Franchise-Verbund erhöht den Wirkungsgrad - im Wettbewerb auf dem Markt und in der Erledigung der notwendigen Funktionen. Der große einheitliche Auftritt schafft Image, erhöht das Marktgewicht und die Wettbewerbskraft. Die konsequente Arbeitsteilung und Spezialisierung steigert die Produktivität. Daraus resultiert der Vorsprung im Kampf um die Kunden und gegen die Kosten. Die Franchise-Strategie setzt dort an, wo der Gewinn entsteht: einerseits beim Absatz, andererseits beim Aufwand.

Franchising ist ein Multiplikator für Geschäftstypen. Der Franchise-Geber entwickelt einen Geschäftstyp als multiplizierbaren Markenartikel, ausgestattet mit einem Markenzeichen und einer detaillierten Dokumentation des gesamten Know-hows. Nach erfolgreichem Test in Pilotbetrieben wird der Geschäftstyp marktweit mit Hilfe selbstständiger Franchise-Nehmer multipliziert. Die Franchise-Nehmer erhalten ein Nutzungsrecht an Know-how, Markenzeichen sowie unterstützende Dienstleistungen der Systemzentrale.

Die Franchise-Kooperation ist komplementär und total. Der Franchise-Geber liefert das, was der Franchise-Nehmer letztlich braucht: wirtschaftlichen Erfolg. Sein Produkt ist eine "schlüsselfertige Existenz". Er verhilft selbstständigen mittelständischen Unternehmen zu einer erfolgreichen und sicheren Existenz.

Dabei verfolgt der Franchise-Geber eine Umwegstrategie. Durch ein attraktives Angebot auf dem Markt für Existenzen (also einem anderen Markt) gewinnt er hochmotivierte selbstständige Unternehmer und deren Kapital zum Aufbau einer straffen und marktweiten Vertriebsorganisation.  Er erreicht größtmögliche Marktnähe und hohe Kompetenz für die Bedürfnisse der Verbraucher - wichtige Voraussetzungen für Erfolg in heißumkämpften Märkten. Die höhere Kompetenz überträgt er durch Schulung und Dienstleistungen wieder auf seine Franchise-Partner.

Die "schlüsselfertige Existenz" des Franchise-Gebers umfasst alles, was für einen erfolgreichen Betrieb des Franchsie-Nehmers erforderlich ist, ausgenommen unternehmerische Initiative, Arbeitskraft und Kapital. Das "Franchise-Paket" enthält die gesamt "Hardware" und "Software" für das Geschäft des Franchsies-Nehmers.

Die Leistungen beginnen bei der Eignungsprüfung des FN und des Standorts. Sie konzentrieren sich in der Installationsphase auf den Geschäftsaufbau und den Wissenstransfer. Nach der Geschäftseröffnung verlagern sich die Aufgaben des Franchise-Gebers auf ständige Perfektionierung des Betriebs im Verbund mit der Systemzentrale. Dies schließt auch die permanente Qualitäts- und Erfolgskontrolle im Interesse des Franchise-Nehmers ein. Bei veränderten Umfeldbedingungen kommt als weitere Aufgaben die Regeneration des Marketing-Konzepts hinzu.

Im Rahmen der arbeitsteiligen vertikalen Kooperation ist der Franchsie-Geber zuständig für alle Funktionen, die nicht unmittelbar "an der Front" erfüllt werden müssen. Er ist Marktforscher, Innovator, Entwickler, Designer, Verkaufspsychologe, Trainer, Organisator, Kostenrechner, Controller, Versicherungs- und Finanzberater sowie "Mädchen für alles", was den Erfolg des Franchise-Nehmers beeinflusst.

Eigentlich ist der Franchise-Geber eine "Fabrik für Unternehmens-Software". Seine größte Leistung liegt im immateriellen Bereich. Er liefert Markttransparenz, fördert Kundenfrequenz, vermittelt Image, optimiert die Angebotsstruktur, überträgt Anwendungswissen, rationalisiert Abläufe, kontrolliert den wirtschaftlichen Erfolg, analysiert Schwachstellen und optimiert das Zusammenwirken sämtlicher Erfolgsbausteine mit dem Ziel größtmöglicher Synergie. Mit diesem umfassenden Funktionsspektrum hat der Franchise-Geber eine schwierige und verantwortungsvolle Aufgabe. Er "produziert", installiert und managt erfolgreiches mittelständisches Unternehmertum.

 

 

Über den Autor: Dr. Hubertus Boehm

Dr. Hubertus Boehm ist geschäftsführender Gesellschafter der SYNCON GmbH in München. Das Unternehmen ist seit 1972 auf die Entwicklung und Optimierung von Franchise-Systemen spezialisiert. Gemeinsam mit den Schwester-Gesellschaften in Österreich und der Schweiz gehört SYNCON zu den Pionieren des Franchise-Consulting im deutschsprachigen Raum. Das Dienstleistungs- und Produktprogramm ist umfassend. SYNCON bietet nahezu alles, was ein Franchise-Geber oder angehender Franchise-Geber braucht. Das Leistungsprogramm wird ergänzt durch Seminare im Rahmen des Deutschen Franchise Instituts (DFI), das 1990 durch Bündelung der Seminaraktivitäten des Deutschen Franchise-Verbandes (DFV), der NAA und SYNCON entstand. Das Unternehmen ist Gründungsmitglied des DFV. Dr. Hubertus Boehm war acht Jahre lang Mitglied des DFV-Vorstands.

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