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Franchising: Sauber vom Arbeitsrecht abgrenzen

Über 800 Franchise-Systeme gibt es zur Zeit in Deutschland. Bekannte Namen sind darunter, wie der Reiseveranstalter TUI/First. Auch die großen Fastfood-Ketten McDonalds und Burger King sind riesige Franchise-Systeme, genau wie die Schülerhilfe oder der Studienkreis. Für Gründer und Selbstständige kann Franchising ein guter Weg zum eigenen Unternehmen sein. Jungunternehmer müssen nicht lange nach einer Geschäftsidee suchen. Sie bekommen diese bereits geliefert, das Unternehmen, mit dem sie selbstständig werden wollen, ist bekannt und selbst die Geschäftsausstattung wird gestellt.

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Verträge müssen rechtssicher sein

Doch manchmal gibt es beim Franchising auch großen Ärger. Das passiert immer dann, wenn die Verträge zwischen den am Franchising beteiligten Seiten rechtlich anfechtbar sind. Dafür steht zum Beispiel die Eismann-Story. Wegen der wirtschaftlichen Unselbstständigkeit der Eismann-Fahrer als Franchise-Nehmer wurden Gerichte in Deutschland tätig. Für gute Franchise-Systeme ist eine versteckte Scheinselbstständigkeit der Franchise-Nehmer vollkommen untypisch. Bei Eismann dagegen musste sogar der Bundesgerichtshof (BGH) urteilen. Er erkannte in Eismann-Fahrern in der Tat arbeitnehmerähnliche Mitarbeiter und keine Franchise-Nehmer.

Gründer oder Selbstständige, die in ein Franchise-System einsteigen, nennt man Franchise-Nehmer. Auch die Bezeichnung Franchise-Partner wird oft verwendet. Mit ihrem Einstieg verpflichten sich die Franchise-Nehmer, das geschäftliche Konzept des Franchise-Systems in ihrer täglichen Arbeit vollständig umzusetzen. Die Bezeichnung Franchise-Partner zeigt in diesem Zusammenhang, dass sich der Franchise-Nehmer als eine Person verstehen soll, die in Augenhöhe mit dem Franchise-Geber agieren kann. Zumindest gilt das in Hinblick auf das Geschäftsziel. Ein Franchise-Partner muss von Anfang an dieses Geschäftsziel als sein eigenes verstehen und gezielt umsetzen. Denn nur mit der selbstständigen Umsetzung kann er auch Erfolg haben. Und damit ist der Franchise-Nehmer rechtlich gesehen ein selbstständiger Unternehmer.

Auch das Arbeitsrecht kann zuständig sein

Viele Ratgeber zum Thema Franchise weisen Leser und Interessierte ausdrücklich darauf hin, dass für das Verhältnis zwischen dem Franchise-Geber und dem Franchise-Nehmer grundsätzlich keine arbeitsrechtlichen Vorschriften angewendet werden können. Geht es also um eine rechtliche Auseinandersetzung, dann hätten zu jeder Zeit Richter an einem ordentlichen Gericht das Sagen. Auseinandersetzungen vor einem Arbeitsgericht sollten also ausgeschlossen sein. Doch so einfach ist die Beziehung zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer in der Praxis nicht. Im Gegenteil. Auch hier kann das Arbeitsrecht bei Auseinandersetzungen und rechtlichen Streitigkeiten zum Status des Franchise-Partners Anwendung finden. Das kann etwa der Fall sein, wenn die Stellung des Franchise-Nehmers in den Verträgen nicht rechtssicher formuliert ist oder Vertragsklauseln anfechtbar sind.

Denn das Arbeitsrecht hat durchaus auch beim Franchising eine gewisse Bedeutung. Streiten sich die Partner, geht der Rechtsstreit nämlich nicht automatisch vor ein ordentliches Gericht. Vielmehr müssen innerhalb eines gesetzlichen Rahmens auch die Vorschriften des formellen Arbeitsrechts Anwendung finden. Erst dann kann zweifelsfrei festgestellt werden, welches Gericht am Ende für die rechtliche Bewertung und Klärung zuständig ist. Agieren die Beteiligten als Geschäftspartner, wird natürlich ein ordentliches Gericht zuständig sein. Besteht der Franchise-Nehmer jedoch seinerseits darauf, dass er kein Partner, sondern eigentlich ein Arbeitnehmer ist, muss sich ein Arbeitsgericht formal mit diesem Streit befassen. Oder vielmehr die Frage klären, ob es nicht doch zuständig ist.

Denn auch die Richter an einem deutschen Arbeitsgericht müssen sich mit den rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Franchise-Geber und dem Franchise-Nehmer auseinandersetzen. Das gilt immer dann, wenn der Franchise-Nehmer eben doch nicht der selbstständige Partner ist, der er sein sollte. Es kann nämlich durchaus der Fall sein, dass es sich bei dem Franchise-Nehmer in Wirklichkeit um einen Mitarbeiter handelt, also um eine Person mit arbeitnehmerähnlichen Eigenschaften. Die Kriterien für die Beurteilung, ob der Franchise-Partner ein Arbeitnehmer ist, sind auf der einen Seite der Grad der wirtschaftlichen Abhängigkeit. Auf der anderen Seite spielt auch die so genannte soziale Schutzbedürftigkeit bei den Franchise-Nehmern eine wichtige Rolle.

Wirtschaftliche Abhängigkeit ist entscheidend

Einem Arbeitnehmer gleichgestellt ist ein Franchise-Nehmer, wenn er wirtschaftlich vollständig vom Franchise-Geber abhängig ist. Dann ist er auch sozial schutzbedürftig wie ein Arbeitnehmer. Die Beurteilung, ob das zutrifft, ist gar nicht so schwer. Gerichte prüfen hier in der Regel, ob die Tätigkeit für den Franchise-Geber die Ressourcen des Franchise-Nehmers vollständig in Anspruch nimmt. Kann er daneben keine weitere nennenswerte Erwerbstätigkeit ausüben, lässt das auf ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis schließen. Ist eine weitere Erwerbstätigkeit sogar vertraglich ausgeschlossen, spricht viel für den Status Arbeitnehmer. Auch die exklusive Bindung an das Warensortiment des Franchise-Gebers zeigt in diese Richtung. Kommt das Gericht am Ende gar zu dem Schluss, dass die komplette Arbeitskraft des Franchise-Nehmers ausschließlich vom Franchise-Geber beansprucht wird, ist der Franchise-Partner rechtlich gesehen ein Arbeitnehmer. Übrigens gilt das auch dann, wenn, wie beim Franchising üblich, keine Zahlungen vom Franchise-Geber an den Franchise-Nehmer fließen. Unerheblich ist es auch, wenn der Franchise-Nehmer ganz allein das wirtschaftliche Risiko trägt. Die Gerichte urteilen immer in der so genannten Gesamt-Schau. Und wenn diese auf ein Arbeitsrechtsverhältnis deuten, spielen diese vertraglichen Absprachen keine Rolle.

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Beurteilung, ob ein Franchise-Nehmer nicht doch ein Arbeitnehmer sein könnte, ist die Frage, ob der Franchise-Geber ein Weisungsrecht ausübt. Das ist der Fall, wenn er seinem Franchise-Partner Vorgaben macht, die sich zum Beispiel auf den Inhalt, die Dauer und die Zeit oder den Ort der Tätigkeit beziehen. Ist der Franchise-Nehmer zu einer persönlichen Leistung angehalten und kann er nicht mindestens zum Teil Tätigkeiten auf Angestellte delegieren, dann ist er arbeitsrechtlich als Arbeitnehmer zu werten.

Auch der Franchise-Nehmer muss Arbeitsrecht einhalten

Für die Beantwortung von Fragen, die für Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Franchise-Unternehmen wichtig sind, sollte auch aus einem anderen Grund einen Anwalt für Arbeitsrecht um Rat gefragt werden. Denn arbeitsrechtliche Anforderungen haben auch für den Franchise-Nehmer eine wichtige Bedeutung. Als selbstständiger Unternehmer beschäftigt er in der Regel Mitarbeiter. Die Zahl der Beschäftigten spielt keine Rolle. Wenn er auf der Basis eines Arbeitsvertrages mindestens einen Arbeitnehmer gegen Lohn beschäftigt, ist der Franchise-Nehmer gleichzeitig auch Arbeitgeber. Er verlangt dann von seinem Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung gegen Entgelt. Deshalb muss er sich auch an alle in Deutschland geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen halten.

Diese Bestimmungen sind vielfältig. Sie stehen übrigens nicht in einem Arbeitsgesetzbuch, sondern sind in vielen Rechtsgebieten angesiedelt. Wichtig ist etwa das Vertragsrecht. Ein Franchise-Nehmer muss seinem Arbeitnehmer schriftlich einen Arbeitsvertrag vorlegen. Dort muss er die Regeln auflisten, nach denen das Arbeitsverhältnis gestaltet werden soll. Außerdem muss er wichtige arbeitsrechtliche Vorgaben beachten. Beim Gehalt etwa hat er sich an den gesetzlichen Mindestlohn zu halten. Für die wöchentliche Arbeitszeit gibt es Vorschriften, genau wie für die einzuhaltenden täglichen Pausen. Vollzeitkräfte in Deutschland haben einen gesetzlich festgelegten Urlaubsanspruch von 24 Werktagen. Arbeitet der Mitarbeiter Teilzeit, muss der Urlaubsanspruch entsprechend über anteilig errechnet werden. Weitere arbeitsrechtliche Vorschriften, an die sich auch ein Franchise-Nehmer halten muss, wenn er Arbeitgeber ist, betreffen die Hygiene, die Sicherheit am Arbeitsplatz, Kündigungsschutz und Kündigungsfristen.

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