Es wurde auch höchste Zeit dafür, denn schließlich ändert sich durch Basel II für die Mittelständler eine ganze Menge. Waren noch im letzten Jahr die Zeitungen gefüllt mit emotionalen oder gar polemischen Aussagen wie
- "Basel II führt zu einer Verteuerung der Kredite"
- "Die Banken werden kleinen Firmen die Pistole auf die Brust setzen"
- "Der Mittelstand wird zukünftig Probleme haben, Bankkredite zu erhalten" oder
- "Kann ich mir als Mittelständler überhaupt ein Rating leisten?"
sind die Artikel nun stärker geprägt durch Beschreibungen, welche Fortschritte die einzelnen Institutsgruppen bei der Umsetzung der neuen Eigenkapitalregeln, die spätestens ab 2007 gelten werden, bereits erreicht und mit welchen Problemen sie noch zu kämpfen haben.
"Basel II" reformiert die seit 1988 geltende Richtlinie des "Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht", auf deren Basis vor allem die Eigenkapitalerfordernisse für Banken international mit acht Prozent des Kreditvolumens definiert wurden.
Während auf der Basis der bisherigen Vorschriften die Eigenkapitalunterlegung völlig unabhängig von der Bonität der Schuldner allgemein festgelegt war, sehen die neuen Eigenkapitalvorschriften eine sehr viel differenziertere Vorgehensweise in Abhängigkeit von der individuellen Kundenbonität und dem bankseitig gewählten Ratingverfahren vor.
Diese individuelle Unterscheidung von Bonitäten wird aber auch zu einer eindeutigen Differenzierung der Preisgestaltungen führen. Die Transparenz der Kapital- und Kreditmärkte wird schließlich sogar zu einer Vergleichbarkeit der Bonitätseinschätzungen eines Kunden bei verschiedenen Kreditinstituten führen, da sich die Verfahren in den wesentlichen Beurteilungselementen entsprechen werden.
Systematische Risikobewertung
Nun ist das Rating als Kernelement von Basel II nicht etwa grundsätzlich etwas völlig Neues. Als ein Verfahren zur systematischen Bewertung von Risiken benotet es die Fähigkeit eines Unternehmens, seine Verbindlichkeiten vollständig und termingerecht zurückführen zu können.
Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Ratings unterscheiden: externe Ratings und interne Ratings.
Während auf jeden Fall für jedes kreditnehmende Unternehmen aufgrund der Vorschriften des Kreditwesengesetzes von der kreditgebenden Bank ein internes Rating erstellt werden muss, werden sich in aller Regel nur die Unternehmen einem externen Rating einer Ratingagentur (z.B. Standard & Poor´s, Fitch, Moody´s etc.) unterziehen, die z.B. im Rahmen einer Börseneinführung oder Anleiheemission am Kapitalmarkt aktiv werden wollen. Ein anderer Grund könnte jedoch auch die Publizitätswirkung eines externen Ratings aus Marketinggesichtspunkten sein.
Banken "raten" bereits seit Anfang der Neunziger Jahre ihre Firmenkunden, treffen auf dieser Basis Einzelkreditentscheidungen, überwachen ihre Kreditportfolios systematisch und betreiben so die Risikosteuerung. Nur geschah dies eher im stillen Kämmerlein und wurde selten mit dem Kunden offen diskutiert. So wurden viele Einzelaspekte der Klassifizierung eher "erraten" als erkundet. Dies galt vor allem für die so genannten qualitativen, oder weichen Faktoren. Mittlerweile haben die Banken die Verfahren zur Risikoanalyse konsequent weiterentwickelt und verfeinert.
Das interne Rating besteht hauptsächlich aus zwei Teilen, dem Finanzrating, das im Wesentlichen die quantitativen Elemente der Jahresabschlussanalyse (Beurteilung der Profitabilität, der Finanzlage, der Jahresabschlusspolitik und der Diversifizierungspolitik) enthält, und dem Strukturrating, welches sehr viele weiche Elemente beurteilt (Wettbewerbs- und Zukunftsaussichten, Managementeinschätzung). Darüber hinaus wird das sich daraus ergebende Basisrating durch Sonderfaktoren wie z.B.
- Negative Anmerkungen zum WP-Testat
- Negative Berichterstattungen in der Presse
- Negative bankinterne Informationen
- Signifikanter Kursrückgang (bei börsennotierten Gesellschaften)
- Streitigkeiten innerhalb der Geschäftsführung
- Risiken im Forderungsbestand
- Wegfall von Lieferanten oder Abnehmern
- Bestandsgefährdende Rechtsstreitigkeiten/ Ansprüche Dritter
- Fehlendes Umweltmanagementsystem (umweltrelevante Probleme)
- Unzureichende Versicherungen (z.B. gegen Umweltschäden oder bei Produkthaftungssituationen)
- Geplatzte Übernahme-/ Verkaufsgespräche
- Schwierigkeiten bei der Kreditaufnahme oder -bedienung
- Kontoüberziehungen/ Verletzung von kreditvertraglichen
- Nebenbedingungen
beeinflusst. Das sich daraus ergebende Einzelrating kann ferner durch den Konzern- oder Gruppeneinfluss positiv (Verlustübernahme oder Bürgschaften/ Garantien durch die Muttergesellschaft) oder negativ (unangemessene Gewinnabführung, Liquiditätsentnahmen etc.) verändert werden. Am Ende steht damit ein Gesamtrating.
Verhandlungsspielraum durch Detailwissen
Heute stellt sich das Rating-Gespräch sehr viel transparenter dar und bietet dem Bankkunden aus diesem Grunde einen gewissen Verhandlungsspielraum. Je intensiver sich der Kunde auf dieses Gespräch vorbereitet und Detailwissen und Kenntnisse zu den Beurteilungskriterien
- Tätigkeitsgebiet/ Branche
- Marktbedingungen/ Wettbewerbsposition
- Management
- Ertragslage
- Finanzlage
- Prognose/ Planung
nachweisen kann, umso besser wird letztlich sein Rating sein. Holen Sie sich deshalb professionelle Beratung, um Ihr Gespräch bestmöglich vorzubereiten.
Denn wer weiß schon, dass die bloße Nichtbeantwortung der Frage der Unternehmensnachfolge zu einer schlechteren Management-Einschätzung durch die Bank und damit vielleicht höheren Kreditzinsen führt? Andererseits können schon drei oder vier "richtige" Antworten bei den qualitativen Kriterien Ihrem Rating, d.h. Ihrer Bonitätsbeurteilung, eine ganz andere Tendenz geben! Wenn Sie bereits mit dem Instrument eines Geschäftsplans arbeiten, dann versuchen Sie ihn "rating-gerecht" zu modifizieren.---NEUE-SEITE---Bonitätsbeurteilung aktiv verbessern
An dieser Stelle wird "aktive Kommunikation" und Offenheit im Umgang miteinander einen völlig neuen Stellenwert bekommen und z.B. ein professioneller Businessplan an Bedeutung gewinnen. Am Ende könnte eine "Win-Win-Situation" entstehen, bei der der Kunde eine möglicherweise durchaus hilfreiche oder nachdenkenswerte Stärken- und Schwächenanalyse durch seine Bank erhält.
Daraus kann er strategische und operative Maßnahmen ableiten, Krisen frühzeitiger erkennen, sich damit Handlungsspielräume eröffnen und letztlich über eine Bonitätsverbesserung Finanzierungskosten senken. Währendessen können die Banken über eine schrittweise Verbesserung der Risikostruktur des Kreditportfeuilles und risikoadäquate Markengestaltung mittels einer Reduzierung der Kreditausfälle zu günstigeren und international wettbewerbsfähigeren Kostenstrukturen kommen, von denen letztlich auch die Kunden profitieren werden.
Bei all der Kritik an den Banken darf eines nicht vergessen werden: Banken finanzieren mit den ihnen von den Kunden anvertrauten Geldern. Sie können und dürfen dabei nicht in die Rolle des Unternehmers und Eigenkapitalgebers geraten. Basel II mit seinen Neuerungen soll und wird hier Transparenz schaffen. Bei den betroffenen Kunden, den Banken, den Geldanlegern, aber auch der Bankenaufsicht sowie der breiten Öffentlichkeit.
Wie bestimmt sich zukünftig der Preis des Kredites?
Es gab schon immer eine "Zinsspreizung" in dem Sinne, dass gute Kunden Kredite günstiger bekamen als schlechte Kunden. Doch war in der Vergangenheit längst niemandem - leider häufig auch in den Kreditinstituten - so richtig bewusst, was in diesem Zusammenhang eigentlich "schlecht" und "gut" heißen sollte. Häufig war die persönliche Beziehung zum Filialleiter oder Firmenkundenbetreuer das entscheidende Kriterium für die Preisgestaltung eines Kredites. Schlechte Bonitäten wurden damit durch bessere Bonitäten subventioniert. Die Ergebnisse einer solchen Vorgehensweise waren in den letzten Jahren in den Bankbilanzen abzulesen. Dies wird sich durch Basel II gravierend verändern.
Der Preis eines Kredites wird maßgeblich durch die Refinanzierungskosten der Bank, den zur Deckung der operativen Kosten notwendigen Deckungsbeitrag und den internen Risikopreis bestimmt. Der interne Risikopreis ist - etwas vereinfacht dargestellt - aber seinerseits ein Produkt aus Ausfallwahrscheinlichkeit (wird durch den Ratingprozess ermittelt und festgelegt) und Verlustquote, d.h. Höhe des tatsächlich erwarteten Ausfalls, die maßgeblich durch die Art und den Wert einer vereinbarten Sicherheit bestimmt wird.
Mit anderen Worten: Auch zukünftig werden werthaltige Sicherheiten zu einer spürbaren Verbesserung der Konditionen führen können. Somit stellt das Rating im Ergebnis nur eine, wenn auch sehr dominante, Komponente des Kreditpreises dar.