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Finanzierungsmöglichkeiten

Praxis komplementärer Mittelstandsfinanzierung - in Gesprächen mit Unternehmern dominieren positive Erfahrungen

Die Turbulenzen bei der Kreditversorgung der mittelständischen Wirtschaft in Deutschland in den letzten Jahren warfen die Frage auf, wie ein Weg aus der Unterkapitalisierung des Mittelstands aussehen könnte.

Zunächst wurde der Ansatz propagiert durch weitere Eigenmittel der Gesellschafter, z.B. Umwandlung von Gesellschafterdarlehen und durch Thesaurierung von Gewinnen die Eigenkapitalseite zu stärken. Diese zweifellos richtigen und von der Signalwirkung wichtigen Maßnahmen reichen aber in der Mehrzahl der Fälle bei weitem nicht aus bzw. dauern so lange, dass eine erkennbare Verbesserung der Eigenkapitalquote nur bedingt erreicht werden konnte.

Eine ganz andere Überlegung geht davon aus, dass Eigenkapital von dritter Seite hinzukommt. Das führte zur Wiederentdeckung von Mezzanine-Produkten wie Nachrangdarlehen, stille Beteiligungen, Genussrechten usw., die mit mehr oder weniger Eigenkapitaleigenschaften ausgestattet werden können und somit Eigenkapital ersetzende oder Eigenkapital ähnliche Bilanzpositionen bilden können.

Die Kriterien, die die Eigenkapitaleigenschaften bestimmen, sind: nachrangig, unbesichert, langfristige Verfügbarkeit und Teilnahme am Verlust. Sie werden nur bedingt von den am Markt angebotenen Produkten erfüllt. Insbesondere bei dem Kriterium "Teilnahme am Verlust" scheiden sich die Geister.

Zunehmend werden in letzter Zeit die Strukturmaßnahmen wie z.B. Bilanzverkürzung und der optimierte Mix von mehreren Finanzierungsinstrumenten (Fremd-, Mezzanine-, Eigenkapitalfinanzierung) im Mittelstand als Lösungs- und Gestaltungsrahmen entdeckt und eingesetzt.
In einer neuen Studie der Rating Services in Kooperation mit Prof. Dr. Manfred Steiner (Universität Augsburg) und Andreas Jorns (F&U Consulting GmbH) werden diese verschiedenen Finanzierungsinstrumente und -methoden für den Mittelstand und die derzeitige Situation am Markt darstellt.

Ein wichtiges Ergebnis dieser Untersuchung ist sicherlich, dass nur bei einem geringen Prozentsatz von mittelständischen Unternehmen praktische Erfahrung mit komplementären Finanzierungen vorliegt. Dies zeigt, dass die Problemschwerpunkte in der Mittelstandsfinanzierung nach wie vor in der Eigenkapitalversorgung und Liquiditätsbeschaffung bestehen.

Bestätigt wird auch, dass bei Unternehmen mit mehr als 10 Mio. EUR Umsatz die Investitionsgrößenordnung für die kommenden 3 Jahre zwischen 1 und 5 Mio. EUR liegt, die vor allem für Neuinvestitionen und Betriebsmittelfinanzierung benötigt werden. Da in dieser Größenordnung die Kreditfinanzierung häufig an den Eigenkapitalanforderungen scheitert, liegt genau in dieser Größenordnung der Schwerpunkt für den Einsatz komplementärer Finanzierungsinstrumente, die dann mit Krediten aufgefüllt werden. Ein typisches Finanzierungsmodell ist 1/3 Mezzanine-Finanzierung und 2/3 Kredit oder je zur Hälfte, je nach Ausgangssituation bezüglich der Eigenkapitalbasis. Das bedeutet, dass die von den Unternehmen am häufigsten benötigten Tranchen bei ca. 0,3 bis 2,5 Mio. EUR liegen. Der Markt bietet aber in der Regel komplementäre Finanzierungen erst ab 1 Mio. EUR an, bzw. einige Anbieter erst ab 3 Mio. EUR oder darüber.

Der Grund liegt im relativ hohen Aufwand und in den prozentual beträchtlichen Einmalkosten für eine Transaktion, was die Margen der Anbieter verringert, so dass geringe Transaktionsvolumina für die Anbieter unattraktiv werden.

Der Zugang zu einer ausreichenden Kapitalversorgung für den Mittelstand gestaltet sich heute zunehmend schwierig: wo findet der mittelständische Unternehmer die Anbieter von komplementärem Kapital, welche Bedingungen müssen erfüllt werden (Investitionskriterien und -voraussetzungen) und welche Finanzierungsinstrumente und -methoden werden angeboten. Die reine Kreditfinanzierung über die Hausbank ist heute nicht mehr so einfach möglich wie noch im 20. Jahrhundert. Der Markt für alternative bzw. komplementäre Finanzierung ist derzeit noch in einer frühen Entstehungsphase. Die Anbieterszene ist noch unübersichtlich, ihre Angebote spezifisch und differenziert. Allgemeingültige Patentrezepte, die für jedes Unternehmen und seine aktuelle Finanzsituation tauglich sind, gibt es nicht.

Praxisnahe Hilfestellung bietet die Studie der Rating Services, indem sowohl Anbieter komplementärer Mittelstandsfinanzierung über ihre Produkte und Leistungen, Anforderungen und Erfahrungen im Mittelstand berichten als auch erfahrene mittelständische Unternehmen selbst zu Wort kommen. Ihre Empfehlungen sind eindeutig und machen Mut zu neuen Finanzierungswegen.

  • Alle empfehlen, sich alternative Instrumente neben der Kreditfinanzierung durch die Hausbank zu nutze zu machen. Es wird nicht erwartet, dass sich die Situation bei den Banken grundsätzlich wieder umkehren könnte.
  • Wichtig ist, sich frühzeitig auf komplementäre Finanzierungsmodelle vorzubereiten. Dies umfasst nicht nur die Analyse des eigenen langfristigen Kapitalbedarfs entsprechend der strategischen Unternehmensplanung, die umfassende Information über die Finanzie-rungsangebote und deren Voraussetzungen, sondern auch die erfolgsbezogene Entwicklung einer transparent darstellbaren und erfolgreichen Unternehmensstruktur und -entwicklung. Unter Zeitdruck kann nur sehr bedingt eine Win-Win-Situation geschaffen werden und eine alternative Finanzierung ist oft aufwändiger als sich mittelständische Unternehmen vorstellen können oder wollen.
  • Soweit in den Unternehmen die eigene Kompetenz nicht ausreicht, sollten sich mittelständische Unternehmen Unterstützung bei Finanz-/ Corporate Finance-Experten holen.
  • Kombinative Finanzierungskonzepte basieren auf einer engeren Partnerschaft zwischen Kapitalgebern und –nehmern. Schließlich wird der Kapitalgeber mehr oder weniger Mitunternehmer. Insofern ist Vertrauen und Offenheit in der Kommunikation von Anfang an sehr wichtig. Unternehmen sollten von Anfang an den konstruktiven Dialog mit Kapitalanbietern nutzen.
  • Kosten-Nutzen-Effekte bestehen für die Unternehmen nicht nur in dem reinen Kapitalzufluss sondern auch in zusätzlichen Leistungen der Finanzpartner (soft facts), die die Unternehmen aktiv nutzen sollten.
  • Die Politik sollte für die Unternehmensfinanzierung der mittelständischen Wirtschaft verlässliche und verbesserte Rahmenbedingungen schaffen.

Die geforderten Voraussetzungen, Covenants und Reportingpflichten, sind - so das Ergebnis der Studie - je nach Kapitalanbieter unterschiedlich, aber aus der Sicht eines längerfristigen Investments und des gewonnenen Haftungskapitals nicht ungewöhnlich:

  • Kompetentes und überzeugendes Management
  • Überzeugendes und Erfolg versprechendes Investitionsvorhaben bzw. Geschäftsmodell , welches die Investitionskriterien der Kapitalanbieter erfüllt
  • Transparenz über die Geschäftsentwicklung
  • Rating, teils auch Due Diligence
  • Covenants entsprechend den Anforderungen der Kapitalgeber/ Anleger 
  • Umfassendes und aussagefähiges Reporting

Fazit: Für mittelständische Unternehmen und damit für die gesamte Volkswirtschaft bieten alternative und innovative Finanzierungsinstrumente gute Chancen. In der kombinativen Anwendung dieser Instrumente zur traditionellen Cashflow- und Kreditfinanzierung ist eine schnellere Umsetzung neuer Ideen am Markt möglich, was für eine konkurrenzfähige Entwicklung der Unternehmen oft sogar notwendig ist. 

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