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Interview

Effizienter und stressfreier arbeiten – durch geschickte Rollenverteilung

Dr. Consuela Utsch, Geschäftsführerin Acuroc GmbH

Interviewer: In vielen Unternehmen befinden sich Mitarbeiter in einer Doppelfunktion: sie sind im Projekt tätig und erledigen gleichzeitig ihre tagesaktuellen Aufgaben. Weshalb belastet diese Situation nicht nur Angestellte, sondern kostet dem Unternehmen auch Geld?


Dr. Consuela Utsch: Mitarbeiter müssen flexibel sein und in vielen Fällen innerhalb kürzester Zeit von einer Rolle zur nächsten wechseln. Denn Kunden, Kollegen und Vorgesetzte wissen meist nicht, in welcher Rolle sich der Mitarbeiter befindet. Wer gerade an seinem Controlling-Bericht arbeitet, wird beispielsweise ungern von seinem Projektmitarbeiter mit der Nachricht gestört, es gäbe Probleme mit den Lieferanten.


Interviewer: Das ist mitunter stressig für den jeweiligen Mitarbeiter, aber inwieweit problematisch für das Unternehmen?


Dr. Consuela Utsch: Wer nur kurz in seiner Tätigkeit gestört wird, braucht rund 15 Minuten, um wieder konzentriert arbeiten zu können. Bei mehreren Unterbrechungen am Tag summiert sich dieser Zeitverlust – unter Umständen können so ein bis zwei Stunden anfallen, die mit Überstunden kompensiert werden müssen. Auf Dauer kann das zu Stress und Überlastung führen, Fehler häufen sich, Projekte dauern länger als geplant.


Interviewer: Wie können Führungskräfte erkennen, wann ein Mitarbeiter überlastet ist?


Dr. Consuela Utsch: Der Prozess beginnt in der Regel schleichend. Wenn Mitarbeiter bereits morgens um 06:00 Uhr am Schreibtisch sitzen, nur um ungestört arbeiten zu können, oder Abend- bzw. Nachtarbeit bevorzugen, sollte die Führungskraft hellhörig werden. Zumindest wenn das über einen längeren Zeitraum der Fall ist. Ein weiteres Indiz: Deadlines werden nicht eingehalten bzw. Aufgaben immer wieder verschoben, weil Mitarbeiter es nicht schaffen, das Projekt zu beenden – obwohl nur noch kleinere Arbeiten fehlen. Oft hilft es Führungskräften auch, ihre Mitarbeiter im Alltag genauer zu beobachten: Sind sie weniger kommunikativ? Wirken sie stark in sich gekehrt? Oder aber passiert genau das Gegenteil: Sind sie hyperaktiv und schalten beispielsweise zwischen verschiedenen Programmen oder Fenstern am Bildschirm umher? Haben sie sich stark in ihrer Persönlichkeit oder in ihrem Verhalten verändert? Es müssen nicht immer gleich gravierende Fehler oder längere Krankheiten sein, die auf eine Überforderung hindeuten.


Interviewer: Welche Möglichkeiten haben Führungskräfte, um Stress zu vermeiden und eine gleichbleibend hohe Arbeitsqualität ihrer Mitarbeiter zu gewährleisten?


Dr. Consuela Utsch: Je nach Unternehmensgröße und -struktur gibt es mehrere Möglichkeiten: Erstens hilft häufig schon ein Zeit- und Selbstmanagementkurs, um Aufgaben strukturierter zu erledigen und Ziele zu erreichen – eine kostengünstige und leicht anwendbare Lösung. Zweitens ein Ressourcenmanagement-Tool zu implementieren, mit dem die Rollen- und Funktionsverteilung eines jeden Mitarbeiters genau erfasst werden kann. Führungskräfte und Kollegen können so genau sehen, wer wann in welcher Rolle tätig ist. Der Nachteil: Ein Tool unterstützt nur, löst aber keine Probleme. Beispielwiese sind Prioritäten nach wie vor unklar und Mitarbeiter werden weiterhin gestört.


Interviewer: Würde es in letztem Fall nicht helfen, jegliche Kommunikation zu unterbinden?


Dr. Consuela Utsch: Selbstverständlich können Mitarbeiter die Tür schließen, sich in einen extra Raum zurückziehen oder Telefon, E-Mail und Chat ausschalten. Aber zum einen ist dies nicht in jedem Unternehmen möglich, Stichwort Großraumbüro, und Kundenanfragen laufen trotzdem ins Leere. Zum anderen werden diese Mitarbeiter je nach Unternehmenskultur sehr schnell als unkollegial oder arrogant abgestempelt, da sie sich den Gepflogenheiten entziehen. In der Praxis funktionieren diese Maßnahmen nur für eine kurze Zeit, dann werden alte Verhaltensregeln wieder eingeführt und ungeplanten Störungen sind Tür und Tor geöffnet.

Interviewer: Was schlagen Sie stattdessen vor?


Dr. Consuela Utsch: Oberstes Ziel sollte sein, klare Rollenverhältnisse zu schaffen. Das bedeutet, Mitarbeiter sind für eine bestimmte Dauer ausschließlich in einer Rolle tätig – und auch nur in dieser erreichbar. Es kann nicht sein, dass jemand den Abteilungsleiter vertritt, für das Controlling von Projekt A zuständig ist und nebenbei auch noch die Auswahl der neuen Mitarbeiter für Projekt B managen muss. Eine Rolle nach der anderen! Selbstverständlich gilt es im Vorfeld genau zu prüfen, wie viel Zeit jeder Rolle zugeteilt wird – nur so können Mitarbeiter konzentriert arbeiten und qualitativ gute Ergebnisse liefern.

Interviewer: In welchen Abständen sollten Rollen gewechselt werden bzw. was ist sinnvoll?


Dr. Consuela Utsch: In der Praxis hat sich eine Einheit von mindestens einem halben Tag bewährt. In dieser Zeit ist der Mitarbeiter ausschließlich für ein Projekt oder einen Aufgabenbereich zuständig. Parallel muss natürlich die Erreichbarkeit der Abteilung gewährleistet sein; das heißt, ein Kollege übernimmt beispielsweise die Kommunikation nach innen und außen. Nach diesem Schema wird dann ein Serviceplan für die nächsten Wochen erstellt. Grundgedanke ist, dem Mitarbeiter ein entsprechendes Zeitfenster einzuräumen, das er für das Erledigen der Aufgabe benötigt.


Interviewer: Wir danken Ihnen für das Gespräch.

Über die Interviewpartnerin

Dr. Consuela Utsch ist Entwicklerin von AQRO® (Active Qualified Human Resource Organization), einem neuen Steuerungsinstrument, mit dem Mitarbeiter effektiver, schneller und stressfreier arbeiten. Sie ist außerdem Geschäftsführerin und Gründerin der Acuroc GmbH; seit über 25 Jahren berät Acuroc mittelständische Unternehmen und die Großindustrie bei der Implementierung von Betriebs- und Projektmanagementprozessen sowie in allen Themenbereichen der IT Governance. Acuroc ist die einzige Unternehmensberatung, die zum fünften Mal in Folge die Auszeichnung „Top Consultant“ erhalten hat.

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