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AGB

Allgemeine Geschäftsbedingungen - Teil 2: Überraschende und intransparente AGB

Teil I zum Thema AGB drehte sich um die Einbeziehung von AGB bei Internetgeschäften. Dort ging es allein um die Frage: Wie muss ich die AGB auf der Homepage platzieren, damit sie in den Vertrag einbezogen werden? Also Hopp oder Topp: Mache ich alles richtig, sind die AGB Vertragsbestandteil, wenn nicht, fallen sie ersatzlos weg. Aber auch, wenn es – was nicht so schwer ist – gelingt, die AGB in den Vertrag einzubeziehen: Das macht die einzelnen Klauseln noch nicht wirksam. Gerade, wenn Geschäfte mit Verbrauchern geschlossen werden, herrscht ein rigides System. Wer sich an diese Vorgaben nicht hält, riskiert Abmahnungen von Wettbewerbern bzw. abmahnbefugten Verbänden. Dieser Beitrag befasst sich nun mit AGB, die unwirksam sind, weil sie überraschend oder unverständlich sind.

Die Überraschung

Es ist ein Grundzug des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass überraschende Klauseln nicht in den Vertrag einbezogen werden. Aber wann liegt eine Überraschung vor? Zunächst einmal muss die Klausel nach den Gesamtumständen objektiv ungewöhnlich sein. Subjektiv muss hinzukommen, dass der Kunde überrascht wird. Aber was heißt das konkret?

Nun, zunächst einmal ist eine Klausel ungewöhnlich, wenn der Inhalt nach dem konkreten Vertragstyp nicht üblich ist. Sprich: Wenn ich im Internet einen Computer bestelle, wäre z.B. eine Klausel ungewöhnlich, nach der ich mich verpflichte, den Computer gegen Entgelt von dem Verkäufer jährlich warten zu lassen. Denn: Der Käufer muss objektiv bei einem Kaufvertrag nicht damit rechnen, dass er gleichzeitig einen Servicevertrag abschließt. Man muss sich dabei klarmachen: es ist nicht erforderlich, dass die Klausel unbillig ist. Für unser Beispiel bedeutet das: es ist nicht erforderlich, dass der Servicevertrag besonders teuer ist und in einem Missverhältnis zu der Gegenleistung steht. Es kann sich durchaus um eine faire Vertragsbedingung handeln.

Überraschend ist die ungewöhnliche Klausel, wenn es beim Kunden zu einem Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt kommt. Das bedeutet: Die Klausel muss in den AGB so angeordnet sein, dass der Kunde sie dort nicht vermuten muss. Wann ist das so? Grundsätzlich dann, wenn die Klausel im AGB Text unter einer falschen Überschrift steht oder wegen sonstiger Gründe an der Stelle nicht mit der Klausel zu rechnen ist. Übersetzt auf unser Beispiel heißt das: Wenn die Regelung zum Servicevertrag unter der Überschrift "Lieferzeit" geführt wird, ist sie überraschend. Ebenso, wenn sich unter der Rubrik "Vertragsgegenstand" nach einer umfassenden Beschreibung des Kaufvertrages in einer letzten Zeile die Klausel zum Servicevertrag befindet. Anders kann es sein, wenn die Klausel unter einer richtigen Überschrift drucktechnisch hervorgehoben ist.

Transparenz

Ein Großteil der AGB leidet daran, dass sie nicht klar und verständlich sind. Das ist aber gesetzlich zwingend erforderlich. All diejenigen, die Klauseln also extra so undurchsichtig formulieren, dass man sie so oder so auslegen kann, begehen einen großen Fehler. Zweifel bei AGB gehen immer zu Lasten des Verwenders. AGB müssen für den Kunden mühelos lesbar sein und ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit aufweisen. Also: Wer eine zu kleine Schriftgröße verwendet, riskiert, dass die AGB insgesamt unwirksam sind.

Ferner ist es erforderlich, dass die AGB übersichtlich gegliedert sind. Es empfiehlt sich, eine Überschrift für jeden Regelungspunkt zu verwenden und – falls die Klausel zu lang wird – Absätze zu bilden. Die Verwendung fremdsprachiger Vertragsklauseln führt in der Regel auch zur Unwirksamkeit.

Schließlich: Übertrieben lange AGB können für den Kunden unverständlich sein. Wer also 30 Seiten AGB parat hält, darf sich nicht wundern, wenn dies zur Intransparenz und damit Unwirksamkeit führt.

Aktuelle Rechtsprechung

Wird auf einer Website erst unter den AGB ein Hinweis auf die Entgeltlichkeit einer Dienstleistung gegeben, so ist eine solche Klausel überraschend und damit unwirksam (Amtsgericht München, CR 2007, 816).

In diesem Fall ging es um einen Sachverhalt, wie er vielen Nutzern des Internets in den letzten Jahren passiert ist. Der Anbieter bot eine Dienstleistung an, nämlich die Berechnung der Lebenserwartung des Nutzers. Auf der Seite selbst fand sich direkt kein deutlicher Hinweis darauf, dass die Inanspruchnahme des Dienstes kostenpflichtig ist. Diesen Hinweis gibt es erst in den AGB. Das Amtsgericht München hielt diesen Hinweis in den AGB dann für überraschend.

Anmerkung: Die Entscheidung ist richtig. Natürlich reicht ein Hinweis auf die Kostenpflichtigkeit unter den AGB nicht aus; vielmehr muss bereits auf der
Homepage an markanter Stelle ein Hinweis auf die Kosten der Dienstleistung
erfolgen. Das gilt zumal dann, wenn eine Kostenpflichtigkeit nicht ohne weiteres zu erwarten ist.

Sieht eine Klausel in den AGB vor, dass bei bestimmten Verstößen gegen vertragliche Pflichten eine Sperrung der Mobilfunkleistungen möglich ist, ohne dass der Anbieter vorher Maßnahmen ergreifen muss und ohne, dass eine Beschränkung der Sperre gegeben ist, so ist diese Klausel unwirksam (Landgericht München I, CR 2008, S. 31 ff.).

Der Mobilfunkanbieter hatte in seinen AGB die Klausel verwendet, dass er sich
vorbehält, die Inanspruchnahme von Mobilfunkleistungen des Kunden ganz oder teilweise zu unterbinden (Sperre), wenn der Kunde bestimmten vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Das Landgericht München sah diese Klausel als unwirksam an. Sie benachteilige den Kunden, da ihm die Leistungen vorenthalten würden. Die Benachteiligung sei unangemessen, da keine Begrenzung der Dauer der Sperre vorgesehen sei. Auch bei schweren Pflichtverletzungen sei eine solche Form der Sperre nicht ohne weiteres berechtigt. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot läge vor, weil sich aus der Klausel nicht ergäbe, unter welchen Voraussetzungen der Mobilfunkanbieter verpflichtet sei, die Inanspruchnahme wieder zu ermöglichen.

Anmerkung: Die AGB von Mobilfunkanbietern sind häufig nicht korrekt. Gerade der Bereich der Sperrung von Leistungen ist immer wieder fehlerhaft. Die Mobilfunkanbieter wären gut beraten, beim Verfassen solcher Klauseln die strengen Anforderungen von § 45 k Telekommunikationsgesetz (TKG) zu berücksichtigen. Die Vorschrift setzt unter anderem für eine Sperre voraus, dass der Kunde mit mindestens 75 Euro in Verzug ist und dass dem Kunden die voraussichtliche Sperre zwei Wochen vorher mitgeteilt werden muss. Zwar gilt diese Regelung nur für Festanschlüsse, nicht für Mobilfunkanschlüsse. Allerdings gehen die Gerichte dazu über, die Norm entsprechend heranzuziehen. Das wird damit begründet, dass für viele Kunden der Mobilfunkanschluss mittlerweile der einzige Anschluss ist. So hat auch das Landgericht München argumentiert, als es die Unangemessenheit der Klausel prüfte.

Autor: Christian Oberwetter

Die Kanzlei Oberwetter & Olfen (Google+) mit Sitz in Hamburg berät in allen Fragen des Arbeitsrechts, des Steuer- und Steuerstrafrechts, des IT-Rechts und des Insolvenzrechts. Rechtsanwalt Christian Oberwetter ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht , Rechtsanwalt Michael Olfen Fachanwalt für Steuerrecht.
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