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Lohnpfändungen

Darauf sollten Sie als Arbeitgeber achten

Bei Lohnpfändungen sollten Sie als Arbeitgeber auf der Hut sein. Denn als so genannter Drittschuldner können Ihnen bei Ihren gesetzlichen Pflichten oder der Umsetzung der Pfändungsfreigrenzen leicht Fehler unterlaufen. Hier kann es Ihnen dann schnell passieren, dass Sie bei Lohnpfändungen ihrer Arbeitnehmer gleich zweimal zur Kasse gebeten werden.

Bei Lohnpfändungen sollten Sie als Arbeitgeber auf der Hut sein. Bei Lohnpfändungen sollten Sie als Arbeitgeber auf der Hut sein.

Ein Gläubiger Ihres Mitarbeiters kann Teile von dessen Arbeitseinkommen pfänden.

Komplette Pfändung ist nicht möglich

Die gesamte Pfändung des Arbeitseinkommens ist jedoch nicht möglich, weil Ihrem Mitarbeiter für sich und seinen Angehörigen der notwendige Lebensunterhalt verbleiben muss.

Daher legt der Gesetzgeber in der Anlage zu § 850c ZPO Pfändungsfreigrenzen für Arbeitnehmer fest. Diese können sich seit dem 01.07.2005 alle zwei Jahre ändern und sind nach Höhe sowie Anzahl der unterhaltsberechtigten Angehörigen Ihres Mitarbeiters gestaffelt.

Lohnpfändungen – Mehraufwand mit hohem Risikofaktor

Je niedriger also der Verdienst ist und je größer die Anzahl der Unterhaltsberechtigten, desto höher ist die von Ihnen zu beachtende Pfändungsfreigrenze.

Ermitteln Sie die Freigrenze falsch, kann das für Sie teuer werden. Denn Sie müssen unter Umständen entweder dem Gläubiger Ihres Mitarbeiters oder dem Mitarbeiter selbst von Ihnen falsch ausgezahlte Beträge erstatten. Verwenden Sie also stets nur aktuelle Pfändungstabellen.

Experten-Tipp

Trotz Ihres Mehraufwands für die Bearbeitung der Lohnpfändungen können Sie dem Mitarbeiter aber nur kündigen, wenn zahlreiche Lohnpfändungen einen so hohen Arbeitsaufwand bei Ihnen verursachen, dass dies zu wesentlichen Störungen in Ihrem Betriebsablauf oder in der betrieblichen Organisation führt. Das ist in der Regel nur bei kleinen Betrieben der Fall.

Sie können pauschale Gebühren verlangen

Sie haben aber die Möglichkeit, mit Ihrem Mitarbeiter in dessen Arbeitsvertrag pauschale Gebühren für Ihre Bearbeitung der Lohnpfändungen zu vereinbaren (etwa für jedes einzelne Ihrer Schreiben oder Portokosten), soweit das nicht bereits in einem einschlägigen Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist.

So funktioniert die Lohnpfändung

An einer Lohnpfändung sind beteiligt:

  • Der Gläubiger Ihres Mitarbeiters, der seine Forderung vom Einkommen des Mitarbeiters begleichen will
  • Ihr Mitarbeiter als Schuldner des Gläubiger
  • Sie als Drittschuldner für Ihren Mitarbeiter gegenüber dem Gläubiger

Drittschuldner bedeutet, dass Sie die pfändbaren Teile des Arbeitseinkommens korrekt berechnen und an den Gläubiger abführen müssen. Umgekehrt wird Ihnen verboten, diese pfändbaren Teile Ihrem Mitarbeiter auszubezahlen.

Dazu muss der Gläubiger zunächst einen Titel (etwa ein Urteil, einen Vollstreckungsbescheid oder einen Kostenfestsetzungsbeschluss) gegen Ihren Mitarbeiter haben. Ist dass der Fall, kann der Gläubiger damit beim zuständigen Amtsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hinsichtlich der Lohnforderung Ihres Mitarbeiters beantragen.

Welche Auskünfte müssen Sie geben?

Wird Ihnen der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugestellt, wird von Ihnen im Pfändungsbeschluss gleichzeitig darüber Auskunft verlangt,

  • ob und inwieweit Sie die Forderung als begründet anerkennen und zur Zahlung bereit sind,
  • ob und welche Ansprüche andere Gläubiger an das gepfändete Einkommen erheben,
  • ob und wegen welcher Ansprüche das Einkommen Ihres Mitarbeiters bereits für andere Gläubiger gepfändet ist.

Dieses Auskunftsrecht steht dem Gläubiger zu (§ 840 Absatz 1 ZPO). Als Arbeitgeber müssen Sie ab Zustellung des Pfändungsbeschlusses innerhalb von zwei Wochen die geforderten Auskünfte erteilen.

Experten-Tipp

Die Einkommenspfändung Ihres Mitarbeiters wird mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an Sie als Drittschuldner wirksam (§ 829 Absatz 3 ZPO). Diesen Zeitpunkt sollten Sie in jedem Fall nach Tag, Stunden und Minuten notieren.

Denn erhalten Sie mehrere „normale“ Pfändungen, also keine Pfändungen wegen Unterhaltsschulden, ist der Zeitpunkt der Pfändungszustellungen für die Reihenfolge der Befriedigung der Gläubiger von Bedeutung.

Das bedeutet die Vorpfändung

Vor dem eigentlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erhalten Sie in der Regel erst eine schriftliche Erklärung des Gläubigers, in dem er auf die bevorstehende Pfändung hinweist.

Mit dieser Vorpfändung, die Ihnen durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt wird, werden Sie aufgefordert,

  • den pfändbaren Teil des Einkommens nicht mehr an Ihren Mitarbeiter auszuzahlen und 
  • Ihrem Mitarbeiter zu sagen, dass er sein Einkommen nicht mehr an andere abtreten darf.

Mit Zustellung der Vorpfändung müssen Sie bereits die pfändbaren Teile des Einkommens einbehalten und an den Gläubiger auszahlen, sofern er innerhalb eines Monats die Zustellung eines gerichtlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erwirkt (§ 845 Absatz 2 Satz 1 ZPO).

So errechnen Sie den genauen Pfändungsbetrag

Um den genauen pfändbaren Teil des Einkommens Ihres Mitarbeiters zu erhalten, sollten Sie in vier Schritten vorgehen.

Zuerst müssen Sie vom Brutto-Entgelt das pfändbare Einkommen ermitteln. Das sind alle nach § 850 ZPO in Geld zahlbaren Lohnbestandteile, wie etwa

  • alle Einnahmen, die auf jetzige oder frühere Arbeitsleistungen beruhen
  • Akkord- und Zeitlöhne
  • außertarifliche oder tarifliche Zulagen
  • Entgelt für Bereitschaftsdienste
  • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
  • Erfolgs- und Gewinnbeteiligungen
  • Gratifikationen
  • Nachzahlungen auf Grund von Lohnerhöhungen
  • Prämien
  • Provisionen
  • rückständiger Lohn
  • Rufbereitschaft
  • Sozialplanabfindungen und andere Abfindungen
  • Übergangsgelder
  • Urlaubsabgeltung wegen Ausscheidens aus dem Betrieb
  • Zuschläge

Im zweiten Schritt errechnen Sie das Nettoarbeitsentgelt. Dabei ziehen Sie zuerst die vermögenswirksamen Leistungen und etwaige Beiträge zur betrieblichen Altersversorgung Ihres Mitarbeiters ab.

Was ist nicht pfändbar?

Generell unpfändbar sind folgende Beträge:

  • Lohn- und Kirchensteuer, § 850 e Nr. 1 ZPO,
  • Solidaritätszuschlag, § 850 e Nr. 1 ZPO,
  • Sozialversicherungsbeiträge Ihres Mitarbeiters, § 850 2 Nr. 1 ZPO,
  • 50% die für die Leistungen von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens. Bei den Mehrarbeitsvergütungen ist nicht nur der Zuschlag, sondern der gesamte für die Überstunden gezahlte Lohn zur Hälfte unpfändbar, § 850a Nr. 1 ZPO,
  • Urlaubsgeld, also dass für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährte Entgelt, Urlaubszuschuss, § 850 a Nr. 2 ZPO,
  • Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses (Betriebsjubiläum) und Treuegelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen, § 850 a Nr. 2 ZPO,
  • Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, § 850a Nr. 3 ZPO,
  • das Entgelt für selbst gestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, § 850 a Nr. 3 ZPO,
  • Tage- und Übernachtungsgelder in einer Höhe, wie sie die Lohnsteuer-Richtlinien als steuerfreie Pauschalbeträge anerkennen,
  • Weihnachtsvergütungen bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 Euro, § 850 a Nr. 4 ZPO,
  • Heirats- und Geburtsbeihilfen, sofern die Vollstreckung wegen anderer als der aus Anlass der Heirat oder der Geburt entstandenen Ansprüche betrieben wird, § 850 a Nr. 5 ZPO,
  • Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge, § 850 a Nr. 6 ZPO,
  • Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen, § 850 a Nr. 7 ZPO,
  • Blindenzulagen, § 850 a Nr. 8 ZPO.

Unpfändbar ist weiterhin

  • das Kindergeld nach dem BEEG und
  • Beiträge, die Sie zur betrieblichen Altersversorgung an eine Pensionskasse zahlen, § 850 Absatz 2 ZPO.

Im dritten Schritt ermitteln Sie den pfändungsfreien Betrag des Nettoeinkommens Ihres Mitarbeiters anhand der amtlichen Lohnsteuertabellen, bevor Sie im letzten Schritt nur noch das pfändungsfreie Einkommen an den Mitarbeiter auszahlen und den pfändbaren Betrag an den oder die Gläubiger auskehren.

Diese Sonderregeln gelten bei Unterhaltspfändungen

Bei Unterhaltspfändungen gelten nicht die Regeln für die Pfändung von Arbeitseinkommen. Anders als bei der normalen Pfändung sind hier stärkere Eingriffe in das Bruttoeinkommen Ihres Mitarbeiters erlaubt.

In diesen Fällen entfallen die Pfändungsgrenzen, und unpfändbare Bezüge sind bis zu 75 % pfändbar, § 850a Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 ZPO.  Der genaue Betrag wird dabei vom Vollstreckungsgericht in der Unterhaltssache festgesetzt.

Wichtig dabei sind für Ihren Mitarbeiter jedoch folgende Anteile an Sondervergütungen:

  • 25 % der Überstundenvergütung (brutto),
  • 50 % des Urlaubszuschusses,
  • 50 % der Treueprämie,
  • 25 % der Weihnachtsvergütung, höchstens jedoch 250 ¤ monatlich und
  • 50 % der Zuwendungen für ein Betriebsereignis.

Experten-Tipp

Treffen eine „normale“ Pfändung und eine Unterhaltspfändung zusammen, erhält der Unterhaltsberechtigte in jedem Fall die Differenz zwischen der Pfändungsfreigrenze und dem vom Vollstreckungsgericht festgesetzten Betrag.

Dipl.-Betriebswirt Joachim Welper, LL.M.
Joachim Welper ist Steuerberater bei HRW Steuerberater.  

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