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Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Wahrheit kontra Wohlwollen: Was Sie in ein Zeugnis schreiben können (und dürfen!)

Endlich ist es Ihnen vor dem Arbeitsgericht gelungen, sich – wenn auch gegen Zahlung einer Abfindung – von einem ewig nörgelnden Low-Performer zu trennen. Wenn Sie jetzt meinen, Sie können im Zeugnis nun endlich einmal das zum Ausdruck bringen, was dieser Mitarbeiter tatsächlich (nicht) geleistet hat, werden Sie unter Umständen von den Arbeitsgerichten eingeschränkt. Ein Zeugnis soll nämlich nach der Rechtsprechung dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers dienen. Manchmal dürfen aber auch für den Mitarbeiter unliebsame Fakten ins Zeugnis aufgenommen werden.

Was Sie in ein Zeugnis schreiben können (und dürfen!) (Foto: Gerd Altmann/pixelio)

Elternzeit darf im Zeugnis erwähnt werden

Ein Arbeitnehmer war 4 Jahre als Koch beschäftigt. Während dieser Zeit befand er sich für die Dauer von 2 Jahren und 10 Monaten in Elternzeit (früher Erziehungsurlaub).

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis, in dem die Elternzeit und ihre Dauer aufgeführt waren.

Der Arbeitnehmer vertrat die Ansicht, die Erwähnung der Elternzeit in seinem Zeugnis verstoße gegen den Grundsatz einer wohlwollenden Beurteilung. Da er und seine Frau in einem Alter seien, das weiterem Nachwuchs nicht entgegen stehe, sei zu befürchten, dass der Hinweis auf die Elternzeit eine erfolgreiche Stellensuche beeinträchtigen könne.

Der Arbeitnehmer klagte auf Erteilung eines neuen Zeugnisses.  

Ohne Erfolg. Erhebliche Ausfallzeiten eines Arbeitnehmers dürfen nach Auffassung des Gerichts dann im Arbeitszeugnis erwähnt werden, wenn ansonsten bei einem künftigen Arbeitgeber der falsche Eindruck erweckt würde, die Beurteilung des Arbeitnehmers beruhe auf einer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses tatsächlich erbrachten Arbeitsleistung.

Insbesondere dürfe dann in einem Zeugnis nicht zum Ausdruck kommen, der beurteilte Arbeitnehmer habe eine die  Dauer der tatsächlichen Arbeitsleistung wesentlich übersteigende Berufserfahrung gewonnen.

Im Gastronomiebereich komme der Berufserfahrung eine erhebliche Gewichtung zu, was auch dadurch deutlich werde, dass die tarifliche Vergütung an die Berufserfahrung anknüpfe. Die Erwähnung der Elternzeit im Arbeitszeugnis sei daher zulässig.

BAG, Urteil vom 10.05.2005, Az.: 9 AZR 261/04

Arbeitgeber muss Wahrheitspflicht beachten

Das vorstehende Urteil zeigt den Spagat, den Sie als Arbeitgeber bei der Zeugniserteilung machen müssen deutlich auf.  

Das sind die Grundsätze der Zeugniserteilung

Bei der Erteilung des Arbeitszeugnisses hat der Arbeitgeber sowohl das Gebot der Wahrheitspflicht einerseits als auch andererseits die Verpflichtung zu beachten, das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig zu erschweren. Dabei gilt der Grundsatz der wohlwollenden Beurteilung nach dem Maßstab des verständigen Arbeitgebers. Die Wahrheitspflicht geht aber vor. 

Art und Inhalt eines Zeugnisses

Spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses. Der Arbeitnehmer kann ein 

  • einfaches Zeugnis oder
  • qualifiziertes Zeugnis

 verlangen.

Das einfache Zeugnis gibt lediglich über Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses Auskunft – wobei der Arbeitsplatz und die ausgeübte Tätigkeit detailliert beschrieben werden müssen. Auf Wunsch des Arbeitnehmers ist das Arbeitszeugnis auf die Beurteilung seiner Führung und Leistung auszudehnen, sogenanntes qualifiziertes Zeugnis. Dieses besteht in der Regel aus 6 Abschnitten.

Übersicht: Aufbau eines Arbeitszeugnisses

1. Einleitung

„Herr/Frau … trat am … (Datum) in unser Unternehmen ein.“

2. berufliche Entwicklung in der Firma

„Herr/Frau … wurde im Zuge seiner/ihrer beruflichen Entwicklung als …und als …eingesetzt.“

3. letzte Stellenbeschreibung

„Seit … (Datum) wurde Herr/Frau … als … beschäftigt. Zu seinen/ihren Aufgaben gehörte … (detaillierte Aufzählung).“

4. Leistungsbeurteilung

Angaben zu Wissen und Weiterbildung, Arbeitsbereitschaft, Arbeitsbefähigung, Arbeitsweise, Arbeitserfolge und Leistungsbewertung

„Herr/Frau … hat die ihm/ihr übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit ausgeführt.“

5. persönliches Verhalten

„Sein/ihr Verhalten gegenüber Kunden, Vorgesetzten und Kollegen war jederzeit einwandfrei.“

6. Schlussformel

„Wir bedauern sein/ihr Ausscheiden und danken ihm/ihr für die stets guten Leistungen. Wir wünschen Herrn/Frau … auf dem weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg.“

 Zur Vollständigkeit muss das Arbeitszeugnis selbstverständlich die Angaben zur Person von Arbeitgeber und Arbeitnehmer enthalten und das Datum der Zeugniserteilung. Außerdem kann der Arbeitnehmer verlangen, dass das Zeugnis auf einem Firmenbogen erteilt wird, wenn der Arbeitgeber einen solchen besitzt und diesen üblicherweise im Geschäftsverkehr einsetzt.

„Sehr gut“ nur bei dauerhaft herausragender Leistung

Besteht Streit darüber, ob das Arbeitszeugnis den Leistungen entspricht, kommt es darauf an, wer die Richtigkeit des Zeugnisses beweisen muss.

Arbeitgeber ist nicht an Zwischenzeugnis gebunden

Ein Arbeitgeber stellte einem Mitarbeiter, der das Unternehmen auf eigenen Wunsch nach 4-jähriger Betriebszugehörigkeit verließ, ein Arbeitszeugnis aus, das die Leistungsbeurteilung „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“ enthielt. 2,5 Jahre zuvor hatte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in einem Zwischenzeugnis die Leistungsbewertung „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ zuteil kommen lassen. Der Arbeitnehmer verlangte nun auch im Endzeugnis diese sehr gute Zeugnisnote, da er die an ihn gestellten Erwartungen und Zielvorgaben stets zu 100 % erfüllt habe und teilweise für seine Leistungen ausdrücklich gelobt worden sei. Außerdem sei die Rückstufung nicht nachzuvollziehen. Der Arbeitnehmer zog vor Gericht.

Er verlor den Prozess. Nach Auffassung der Richter gebe das Gesetz einem Arbeitnehmer keinen Anspruch auf ein „gutes“ oder „sehr gutes“ Zeugnis, sondern nur auf ein leistungsgerechtes Zeugnis. Erst wenn der Mitarbeiter dargelegt habe, dass nur eine überdurchschnittliche Beurteilung leistungsgerecht sei, müsse der Arbeitgeber Tatsachen vortragen, die dies widerlegen. Der Arbeitgeber sei auch nicht an das 2,5 Jahre zuvor erteilte Zwischenzeugnis gebunden. Der Arbeitnehmer habe nicht schlüssig vorgetragen, dass er während eines Zeitraums von über zwei Jahren eine durchgehende Spitzenleistung erbracht habe. Der Arbeitgeber habe die Leistungen im Zeugnis als gut bis teilweise punktuell sehr gut bewertet. Warum der Arbeitnehmer die Bewertung „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ erhalten solle, sei nicht erkennbar.

Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 12.07.2006, Az.: 7 Ca 10889/05  

Arbeitgeber darf Beurteilungssystem frei wählen

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts muss ein Zeugnis klar und verständlich formuliert sein. Dem Arbeitgeber ist aber nicht vorgeschrieben, welche Formulierungen er im Einzelnen verwendet oder welches Beurteilungssystem er seiner Bewertung zugrunde legt. In der betrieblichen Praxis wird überwiegend die sogenannte Zufriedenheitsskala benutzt, die von den Gerichten als Beurteilungssystem akzeptiert wird.

Übersicht: Zufriedenheitsskala

„… hat die übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt.“sehr gut
„…die übertragenen Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.“gut
„…hat die übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.“befriedigend
„… hat die übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt.“ausreichend
„…sich bemüht, den Anforderungen gerecht zu werden“mangelhaft

Mit einem „befriedigend“ sind Sie auf der sicheren Seite Wenn ein Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine insgesamt durchschnittliche Leistung bescheinigt (befriedigend), muss der Arbeitnehmer beweisen, dass er eine bessere Bewertung verdient hat. Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unterdurchschnittlich bewertet, muss der Arbeitgeber die schlechte Arbeitsleistung beweisen.

BAG, Urteil vom 14.10.2003, Az.: 9 AZR 12/03

Deuten Sie die Zeugnissprache richtig

Da es das Gebot der wohlwollenden Beurteilung verbietet, Leistungsmängel oder ein Fehlverhalten eines Arbeitnehmers deutlich in Worte zu kleiden, hat sich eine codierte Zeugnissprache entwickelt, die durch bestimmte Techniken – wie beispielsweise Auslassen von Aussagen statt negativer Äußerungen oder Veränderung der Reihenfolge in der Verhaltensbewertung – zwischen den Zeilen Auskunft über den Arbeitnehmer gibt. Lesen Sie als Arbeitgeber daher die Zeugnisse von Stellenbewerbern aufmerksam, damit Sie keinem Blender auf den Leim gehen.

Checkliste: Lesen Sie ein Zeugnis richtig

JaNein
Ist das Zeugnis vollständig?  
Gibt die Stellenbeschreibung einen Überblick über die Aufgaben und sind diese nach ihrer Bedeutung geordnet (das Wichtigste zuerst)?  
Enthält das Zeugnis dynamische Attribute (z. B. engagiert, motiviert)?  
Werden die für die Stelle wichtigsten Fähigkeiten bescheinigt (z.Auffassungsgabe, Problemlösungsfähigkeit, Belastbarkeit)?  
Wird die Arbeitsweise sowohl als zielorientiert/effizient wie auch als sorgfältig und gewissenhaft beschrieben?  
Werden die aufgezählten Eigenschaften und Fähigkeiten durch Worte wie „stets“, „immer“, „jederzeit“, „ausgezeichnet“ und „überdurchschnittlich“ deutlich aufgewertet?  
Fehlen eher negativ behaftete Begriffe wie „korrekt“, „weitgehend“, „bemühte sich“, „war bestrebt“?  
Wird auf die Betonung von Nebensächlichkeiten oder Selbstverständlichkeiten verzichtet (z. B. „Er/sie war ehrlich und pünktlich“)?  
Enthält das Zeugnis die Aussage „Das Verhalten war stets einwandfrei/vorbildlich“?  
Sind im Verhaltensteil alle wichtigen Kontaktpersonen genannt (Vorgesetze, Kollegen, Kunden/Geschäftspartner)? Stehen die Vorgesetzen vor den Kollegen?  
Gibt es eine gute oder sehr gute Leistungsbeurteilung?  
Gibt es eine positive Schlussformel?  
Endet das Arbeitsverhältnis zu einem üblichen Termin (Monatsende) oder hat es ein „krummes“ Ende?  
Stimmen Zeugnisdatum und Tag des Ausscheidens überein?  

Fazit: Wenn Sie eine oder mehrere der obigen Fragen mit Nein beantworten müssen, sollten Sie den Stellenbewerber genau unter die Lupe nehmen.

Redaktionsbüro Schneider

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