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Interview mit Dr. Ralph Eric Kunz, DACH Tech Tour

"Ohne Krisen ist man weder guter Unternehmer noch guter Investor: man hat dann einfach Glück gehabt"

Nächste Woche beginnt in Berlin ein Investoren-Event der Superlative. Ein Trek von Kapitalgebern und Vertretern der Tech-Branche zieht von dort ins Schweizer Alpenland und weiter Zürich. Im Gepäck: 10 Milliarden Investitionsvolumen. Unterwegs werden vielversprechende Start-ups vorgestellt. Grund genug, uns mit Dr. Ralph Eric Kunz, Kopf der DACH Tech Tour, zu unterhalten und interessante Einblicke ins Innenleben eines Investors zu bekommen.

Dr. Ralph Eric Kunz Dr. Ralph Eric Kunz

Guten Tag Herr Dr. Kunz, Sie stehen einem der kapitalintensivsten Gründerscoutings in Europa vor. Schildern Sie uns doch bitte, was genau die Tech Tour ist, wie sie zustande kam und organisiert ist!

Dr. Ralph Eric Kunz: Die European Tech Tour Association wurde 1998 in Genf als unabhängige und gemeinnützige Plattform für Unternehmer, Investoren und Unternehmen gegründet. Die Tech Tour schafft die Voraussetzung, potentielle europäische Hightech-Unternehmen, die global expandieren möchten, bei ihrem Vorhaben zu unterstützen und zu finanzieren. In diesem Jahr repräsentieren wieder 250 Gäste das „Who is Who“ der Technologieszene in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Es kommen Führungskräfte erstrangiger Technologieunternehmen, internationale Risikokapitalgeber, Investmentbanker, Fachpresse, Serviceanbieter und Berater. Im Laufe der Tech Tour werden sich 25 Wachstumsfirmen aus der DACH-Region mit Weltklassepotential im Hochtechnologiesegment den 70 Vertretern globaler Investoren vorstellen. Diese vertreten ein Investitionsvolumen von über 10 Milliarden Euro.

Bei so hohen Erwartungen seitens der Investoren haben Sie gewiss auch gehobene Ansprüche an die Startups und Unternehmen, die sich präsentieren wollen. Wer sollte sich bewerben und wer sollte besser zu Hause bleiben und noch ein wenig weiter schrauben?

Dr. Kunz: In diesem Jahr hatten wir über 250 Bewerbungen von Startups aus der DACH-Region, wobei eine breite Spanne der Entwicklungsphasen von Seed bis Pre-IPO vertreten ist. Die Erwartungen an die Bewerber waren dabei die gleichen, wie die von Seed- und Venture Capital-Investoren. Wichtige Entscheidungskriterien des Auswahlkomitees waren insbesondere die Nachhaltigkeit der Geschäftsidee, die bisherige Erreichung der jeweiligen Zielsetzungen sowie die Erfahrung und Zusammensetzung des Teams. Die Jury selbst setzt sich aus 16 renommierten Investoren aus diesem Investorenbereich zusammen.

Die Tour selbst erinnert an die vergangenen Zeiten des Jetset - Erst in der Metropole Berlin - dann eine Reise in die Schweizer Alpen. Warum haben Sie den Event als eine Reise angedacht?

Dr. Kunz: Die Rundreise der Tech Tour durch die Länder der DACH-Region soll der engen internationalen Vernetzung der europäischen Gründer- und Investorenszene Rechnung tragen. Die deutschsprachigen Nachbarländer sind in dieser Beziehung in den vergangenen Jahren bereits stark zusammengewachsen. Ziel der Tech Tour ist es auch, diese Entwicklung weiter voranzutreiben. Zudem sorgt ein ständiger Wechsel der Orte für eine stärkere Vernetzung der Teilnehmer untereinander: man hat die Möglichkeit, sich mit immer wieder neuen Gesprächspartnern zu unterhalten, sei es beim Warten auf den Bus zum Flughafen, in der Lounge oder auf dem Transfer zwischen zwei Events. Diese Dynamik macht die Tech Tour für die Teilnehmer einzigartig.

Wie bekommt man überhaupt so viele kapitalkräftige Investoren zu einem kompakten Haufen versammelt. Das erfordert doch sicherlich eine lange Vorbereitungszeit und ein gutes Netzwerk? Sind Europas Investoren überhaupt gut miteinander vernetzt?

Dr. Kunz: In der Vorbereitung der Veranstaltung steckt in der Tat viel Zeit und Energie. Zu Gute kommen uns dabei die bereits erwähnte gute Vernetzung innerhalb der Investorencommunity – sowohl von Seiten der Tour-Organisatoren als auch von meiner Seite - sowie die Nachfrage zahlreicher Gründer, ihre Geschäftsideen vor erfahrenen Investoren zu präsentieren.

Xing-Gründer Lars Hinrichs sagte einmal: "Ich weiß nicht warum alle ins Silicon Valley wollen - Europa ist unser Silicon Valley!" Wie stehen Sie zu dem Thema und wie sind unsere Perspektiven hier in Old Europe?

Dr. Kunz: Europa ist zweifelsohne ein eigener Mikrokosmos für Gründer und Investoren geworden, der ebenfalls eine hohe Dynamik und Innovationskraft hat. Europa ist längst nicht mehr nur Standort qualitativer industrieller Produktion, sondern auch eine Keimzelle neuer Technologien. Ein besonderer Vorteil für Startups in Europa ist die häufig enge Zusammenarbeit zwischen Venture Capital Gesellschaften und ihren Portfolio-Unternehmen. Neben der Finanzierung von Ideen erhalten junge Gründer hier auch Coachings und Beratung zu unternehmerischen Fragen, die für die Verwirklichung und den Erfolg ihrer Visionen erforderlich sind.

Wo befinden sich Ihrer Meinung nach in Europa gerade die Hotspots - wo wird am intensivsten entwickelt, woher kommen die spannendsten Gründungen?

Dr. Kunz: Wir selbst haben uns bei der Standortwahl innerhalb Europas aktiv für Berlin entschieden. Berlin ist innovativ, jung und kreativ, was zur Entwicklung einer lebhaften Gründerszene geführt hat, die durchaus mit der im Silicon Valley vergleichbar ist. Neben Berlin sind aber auch andere Zentren besonders innerhalb der DACH-Region interessant, wie etwa München oder Zürich.

Sie haben auch selbst schon gegründet – also kennen Sie auch die andere Seite der Bühne. Wie sollte ein Gründer sein Netzwerk aufbauen, um schnellen und konsequenten Zugang zu den richtigen Multiplikatoren zu erlangen. Und welche Kontakte kann er getrost sausen lassen?

Dr. Kunz: Zunächst einmal gilt es, ein solides Business mit einem soliden Geschäftsmodell aufzubauen. Ein Gründer sollte nie vergessen, dass das Geschäft an erster Stelle stehen sollte. Dann erst kommt die Suche nach der Finanzierung. Deshalb ist die Vernetzung innerhalb der eigenen Industry der erste entscheidende Schritt. Auf der Finanzierungsseite kommt es dann darauf an, um was für ein Business es sich handelt, und wie schnell man wachsen möchte - oder muss, um wettbewerbsfähig zu sein: kann man schnell Cash Flows erwirtschaften, reicht eventuell schon eine Business Angel Finanzierung aus. Diese holt man sich am besten aus seinem Industrienetzwerk, denn dann bringt der Angel auch noch Industrieexpertise mit. Braucht man größere Summen, dann wendet man sich an die VC Community, die inzwischen ja sehr transparent ist. Hier sind die Voraussetzungen allerdings recht hoch, ohne Proof of Concept, d.h. ein Produkt und erste Kunden geht in der Regel nichts. In dem Bereich dazwischen gibt es heute eine Reihe von Early-Stage-Investoren, wenn man so will professionelle Business Angels, zu denen auch mein Fond Catagonia Capital gehört.

Für den Gründer gilt am Anfang eine Regel: Fokus, Fokus, Fokus. Nicht wahllos Networking betreiben, sondern gezielt überlegen, wer einem nützlich sein kann.

Ihre Vita liest sich wie ein Best Practice-Leitfaden zur Karriereplanung. Mussten Sie auch schon mit Niederlagen fertig werden?

Dr. Kunz: Aber mit Sicherheit. Sowohl als Unternehmer als auch als Investor hatte ich schon mit herben Niederlagen zu kämpfen, bei denen ich mir seinerzeit nicht sicher war, ob ich diese beruflich überleben werde. Inzwischen sage ich, entlehnt aus meinem Bergsteigerhobby: wenn man nicht weiß, wo sich das Tal befindet, dann wird man auch nicht erkennen, ob man auf dem Gipfel steht. Heute weiß ich, wie schmal der Grad zwischen Erfolg und Misserfolg ist, und das hilft mir sicherlich besser, Risiken einzuschätzen und diese bewusster einzugehen. Ohne Krisen ist man weder guter Unternehmer noch guter Investor: man hat dann einfach Glück gehabt.

Sie sind Partner in bei einem Investmentfonds. Wenn Sie ein Unternehmen sondieren - wonach schauen Sie als erstes?

Dr. Kunz: Bei der Sondierung neuer Geschäftsideen und Gründerteams prüfen wir mehrere Kriterien, je nach Entwicklungsstadium des Start-ups. Bei Start-ups in späteren Entwicklungsphasen sind vor allem das Erreichen der bisherigen Meilensteine des Projektes und die mittelfristige Marktperspektive von Bedeutung. Bei Frühphasen-Start-ups sind die Zusammensetzung und Erfahrung des Gründungsteams sowie die Vision für die Zukunft besonders wichtig. Darüber hinaus spielt in unserem Fall auch ein Branchenfokus auf die Bereiche Internet und Telekommunikation eine zentrale Rolle.

Und lagen Sie auch schon einmal daneben?

Dr. Kunz: Wie bereits erwähnt, schon einige Male. Das ist allerdings – toi toi toi – schon eine ganze Weile her. Heute sind wir mit unserer Expertise und unserem Netzwerk zu vielen Unternehmen in der Technologiebranche wie Google, Facebook, Microsoft, und Nokia (für die ich selbst schon in leitender Stellung tätig war) ganz gut aufgestellt, um Marktchancen im Vorfeld abzuklopfen. <//font>

Zum Abschluss: Wenn Sie ein Gesetz ändern könnten, von dem Sie der Meinung sind, das es Ihnen als Investor das Leben schwer macht - welches wäre das?

Dr. Kunz: Die Technologiebranche kennt keine nationalen Grenzen und ist in starkem Maße von gut ausgebildeten, talentierten jungen Leuten abhängig. Die derzeitige Zuwanderungspolitik in Deutschland mit ihren relativ hohen Hürden passt da nicht recht ins Bild. Ich würde mir hier eine Vereinfachung wünschen.

Vielen Dank für die Einblicke und viel Erfolg mit der Tour!

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