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Interview mit Enrico Mann

Mammutaufgabe: Beteiligung

Enrico Mann, Firmenkundenberater bei der Sparkasse Leipzig, erklärt in einem Gespräch mit 4iMEDIA den Balanceakt zwischen dem Sicherheitsdenken der Banken, den innovativen Gedanken im Beteiligungsgeschäft und den finanziellen Wünschen der Kunden.

4iMEDIA: Herr Mann, inwieweit ist der Begriff "Beteiligungsgeschäft" im Bewusstsein der Kunden und Kollegen präsent?

Enrico Mann: Die Kollegen, die Großunternehmen betreuen, welche im In- und Ausland tätig sind, haben das Bewusstsein, dass man dem Kunden auch im Wettbewerb mit anderen Banken und Sparkassen flexible Modelle anbieten muss. Wir wollen dem Kunden helfen, sein Eigenkapital auszubauen. Beteiligungskapital ist in der heutigen Zeit die Chance, das Eigenkapital deutlich zu steigern. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Großkunden mittlerweile schon von sich aus nachfragen. Anders die kleineren Unternehmen, die kennen diese Alternative größtenteils nicht. Der Weitblick über mehrere Jahre - die sinnvolle Bildung von Kapital - ist in deren Bewusstsein nicht so stark verankert. Diese Kunden sehen Beteiligungen eher als ein sehr teures Investment, denn als Möglichkeit Eigenkapital zu generieren. Der Kleinunternehmer fühlt sich hier nicht so sicher, weil ihm auch der gesamte Ablauf zur Beteiligung fremd ist. Er denkt eher nach dem Schema: Die Finanzierung macht die Bank, Beteiligungskapital ist nichts für mich.

Der Großkunde dagegen kennt die Chancen von Beteiligungskapital und nutzt sie bereits häufiger.

In den USA und in England sind Finanzierungen über Beteiligungskapital schon lange völlig normal, hier aber noch nicht.

4iMEDIA: Glauben Sie, dass das Bewusstsein über die Chancen einer Beteiligung auch bei den Kleinkunden wachsen wird?

Enrico Mann: Es wird anwachsen, weil der Bedarf vorhanden ist, Eigenkapital zu stärken - was mit Beteiligungskapital möglich ist. Gerade die Kapitalausstattung von kleinen und mittelständischen Unternehmen hat in den letzten Jahren erheblich abgenommen. Diese dünne Kapitaldecke verhindert, dass die Unternehmen entsprechend ihres Potenzials wachsen können. Hier wird mit Beteiligungskapital das Eigenkapital geschont beziehungsweise gestärkt und gleichzeitig die Liquidität der Unternehmen verbessert. Seit Mitte der 90er Jahre arbeiten Beteiligungsgesellschaften wie die S-Beteiligungen daran, ihr Netzwerk aufzubauen und den Nutzen von Beteiligungen zu erklären. Die Früchte können nun langsam geerntet werden.

4iMEDIA: Ist Beteiligungskapital nicht eher der letzte Strohhalm für Kleinkunden, wenn die Banken kein Darlehen gewähren?

Enrico Mann: Für viele mag das der letzte Anreiz sein, wird in diesem Zusammenhang jedoch nicht zum Ziel führen. Ein Unternehmer sollte die Beteiligungsgesellschaft nutzen, weil sein Produkt stimmt, der Markt vorhanden und die Idee gut ist. Es geht darum, gute Unternehmen zu unterstützen - Firmen mit den besten Produkten, dem besten Know-How und einem hohen Entwicklungspotenzial, denen jedoch der finanzielle Grundstock fehlt. Um diese Unternehmen zu finden, bedarf es einer Menge Fingerspitzengefühl.

4iMEDIA: Empfehlen Sie nur dem Unternehmen mit hohen Marktchancen eine Beteiligung?

Enrico Mann: Auf jeden Fall. Erstmal versuchen wir nur den Kunden Beteiligungen zu empfehlen, die ihr Geschäft kennen und die über innovative Produkte verfügen. Natürlich müssen dabei auch die erwarteten Marktchancen beachtet werden. Zusammen genommen heißt das: Wir empfehlen Beteiligungskapital den Kunden, bei denen die Möglichkeit besteht, über die zu verkaufenden Produkte beziehungsweise Dienstleistungen hohe Marktanteile zu generieren. Auch die kaufmännisch strukturierte Führung ist dabei wichtig.

4iMEDIA: Sind Sie diejenigen, die die Kunden überzeugen müssen? Sehen Sie es als eine Art Missionarsaufgabe, die Kunden über eine Beteiligung aufzuklären?

Enrico Mann: Grundsätzlich sind aus meiner Sicht nur etwa fünf Prozent der Kunden für eine Beteiligungsgesellschaft geeignet. Wenn bei einem Kunden die Voraussetzungen dafür vorliegen, dann zeige ich ihm diese Finanzierungsvariante detailliert auf und gebe ihm den Ratschlag, sich diese Möglichkeit einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Wenn der Kunde einverstanden ist, bekommen wir eine Vollmacht, dass wir alle Daten mit der Beteiligungsgesellschaft austauschen können. Ganz klar gibt es ein Bankgeheimnis und da muss der Kunde zustimmen, wenn Daten weitergegeben werden.

4iMEDIA: Wieso sind nur fünf Prozent geeignet?

Enrico Mann: Das liegt am Risiko, das die Beteiligungsgesellschaften eingehen, ohne Sicherheiten von den Unternehmen zu verlangen. Ein solches Engagement kann gut gehen, kann aber auch scheitern. Die Gesellschafter gehen eine Ehe von rund acht Jahren ein - das überlegen sie sich sorgfältig. Es muss Vertrauen aufgebaut werden, der Markt muss erobert werden. Das birgt Risiken, welche die Kreditinstitute so nicht tragen können und die Beteiligungsgesellschaften genau abwägen müssen. Banken bestehen außerdem auf Sicherheiten, die die Unternehmen häufig nicht bieten können. Die Vergabe von Risikokapital verlangt eine genaue Prüfung, der eben viele Unternehmen nicht standhalten.

4iMEDIA: Angesichts dieser Notwendigkeit zur Prüfung: Müsste ein Beteiligungsgeber das Unternehmen nicht besser kennen als ein Finanzberater?

Enrico Mann: Ein Beteiligungsgeber muss tieferes Wissen über das Produkt haben als ein Finanzberater. Er muss den Markt einschätzen, in dem der Kunde sich bewegt und sollte zudem die Marktpartner kennen. Er muss das Unternehmen anders bewerten als ein Finanzberater. Ich werde mir zum Beispiel nie die Buchhaltungstiefe des Kunden anschauen. Ein Beteiligungsmanager geht viel tiefgründiger in die Analyse des Unternehmensmanagements und beobachtet die Konkurrenz. Davon hängen seine Chancen und Risiken ab. Der Beteiligungsmanager schaut im Grunde aus einem völlig anderen Blickwinkel: aus dem des teilhabenden Gesellschafters.

4iMEDIA: Gibt es Branchen, die für Beteiligungsgeschäfte sensibler sind als andere?

Enrico Mann: Nein, grundsätzlich eignet sich jede Branche. Überall können Nischen gefunden werden. Wenn ein Bäcker ein neues Brot entwickelt hat und damit auf den Markt geht, kann er damit richtig viel Geld verdienen. Deshalb ist aber nicht jeder Bäcker ein guter Beteiligungspartner. Typisch ist die Biotechnologie, weil hier sehr viele Potenziale vermutet werden. Letztlich geht es um Unternehmen, die neue Märkte schaffen wollen und dafür Kapital brauchen, um zu bestehen.

4iMEDIA: Wie ist es momentan? Überzeugen die Unternehmen die Beteiligungsgeber oder die Beteiligungsgeber die Unternehmen?

Enrico Mann: Hier gilt es nach Kunden zu unterscheiden. Bei den Großkunden kommt sofort die Frage: Haben Sie jemanden in Ihrem Portfolio, der als Beteiligungsgeber dienen kann? Bei mittelständischen Unternehmern kommt der Input vom Kundenbetreuer - da sie das neue Instrument nicht oder noch nicht so gut kennen. Die Entwicklung wird noch einige Jahre dauern, bis mittelständische Unternehmen Beteiligungen als gleichwertige Finanzierungsmöglichkeit zu den herkömmlichen Varianten der Kapitalbeschaffung in Erwägung ziehen.


Das Interview wurde geführt von 4iMEDIA. Der Komplettanbieter für journalistische Produkte unterstützt Unternehmen und Institutionen in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit, Medien-, Kunden-, Partner- und Mitarbeiter-Kommunikation.

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