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JAKO und der Streisand-Effekt

Fußball flog ins Tor. Fußball biegt das Netz, vor dem Hintergrund von Lichtblitzen. Fußball im Tornetz auf blauem Hintergrund. iStock / Getty Images Plus: Rost-9D

Der Sportkleidungshersteller JAKO geht mit voller Härte gegen einen unbekannten Blogger vor und schiesst damit ein klassisches PR-Eigentor

2003 wollte Barbara Streisand verhindern, dass ihr Strandhaus in einem Buch eines Fotografen neben anderen Strandhäusern abgebildet wird. Ihr Rechtsstreit mit dem Verfasser des Buches führte zu mehr Aufmerksamkeit im Internet als es das Buch selbst je erregt hätte. Streisand hat das Gegenteil von dem erreicht, was sie wollte: Ihr Strandhaus möglichst aus der Öffentlichkeit heraushalten.

Der Blogger Mike Masnick nannte das den Streisand-Effekt : Wenn man unliebsame Informationen mit Hilfe rechtlicher Mittel entfernen lassen will und damit eine weitaus größere Öffentlichkeit im Netz erzeugt. Das tatsächliche Ergebnis ist also das genaue Gegenteil zum eigentlich erwünschten.

Genau das ist mit JAKO heute passiert

Kai Pahl berichtet im Blog Allesaussersport über das Vorgehen von JAKO gegen einen Blogger , der sich wohl abschätzig über das neue JAKO-Logo geäußert hat.

Da Frank Baade, der betroffene Blogger, kooperativ war und den entsprechenden Artikel entfernt hat, lässt sich nicht nachvollziehen, was über JAKO geschrieben wurde.

Aber folgendes kann man schlussfolgern:

1. Wie Pahl ausführt, haben den ursprünglichen Text vielleicht 400 Leser gesehen. Für ein Unternehmen von der Größe von JAKO kann der vermeintliche Imageschaden nicht sonderlich hoch gewesen sein.

2. Der Blogger war kooperativ und hätte den Artikel wohl auch entfernt, ohne dass JAKO gleich die Anwaltskeule herausholt. Es bleibt bemerkenswert wie wenige Unternehmen in Deutschland noch an friedliche Lösungen ohne Säbelrasseln zu glauben scheinen.

3. Egal wie groß das ursprüngliche Publikum und der damit verbundene Schaden war, das was heute passiert ist, war schlimmer für JAKO. Pahls Artikel allein hat bis jetzt 16 darauf verlinkende Blogartikel Tweets nach sich gezogen . Aktuell ist der Artikel bei einer Google-Suche nach Jako auf Platz Fünf, hinter diesem Artikel von netzpolitik.org zum gleichen Thema .

Ein klassischer Streisand-Effekt.

Ausgelöst wird dieser auch durch eine vorsichtig ausgedrückt eigenwillige Ansicht der in diesem Sachverhalt JAKO vertretenden Anwaltskanzlei Horn & Kollegen: Der Blogger Frank Baade soll nun auch mit für ihn erheblichen Geldstrafen für einen automatischen Textauszug auf einem Newsaggregator geradestehen. Pahl :

JAKO und die Rechtsanwältin Sanguinette bewerten das Auffinden der Formulierung als eigene Veröffentlichung – anders lässt sich der Satz aus dem Schreiben nicht interpretieren (erst gegen Ende einer ellenlangen Argumentation lassen sie die Möglichkeit zu, dass Trainer Baade den Artikel nicht selber eingestellt hat, werfen ihm aber dann vor, es unterlassen zu haben “das Internet” (sic!) sorgfältig genug zu prüfen). Das ist eine Rechtsauffassung die diametral der Lebenswirklichkeit von Millionen von Bloggern entgegensteht.

JAKO hat sich ein klassisches PR-Eigentor geschossen.

Das hilft dem Blogger Frank Baade aber nicht, wenn Jako und die Anwaltskanzlei Horn & Partner die Angelegenheit weiter stur durchziehen.

Vor dem Hintergrund solcher und ähnlicher Geschichten, die wahrlich nicht selten sind, bleibt es weiterhin äußerst verwunderlich, wie deutsche Politiker vom Internet als rechtsfreien Raum schwadronieren können. Und von Journalisten dafür nicht ins Kreuzfeuer genommen werden.

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